Mit insgesamt 14 Medaillen war das Deutsche Para-Skiteam alpin mit Andrea Rothfuss (ganz rechts) das erfolgreichste Team. Foto: Kuckuck/DBS

Behindertensport: Andrea Rothfuss zieht Fazit der erfolgreichen Weltmeisterschaft in Tarvisio: Von der Abfahrt bis zum Slalom

Endlich auch den ganz großen internationalen Titel in ihrer absoluten Lieblingsdisziplin Riesenslalom gewonnen hat bei den alpinen Para-Skiweltmeisterschaften die Loßburgerin Andrea Rothfuss. Dabei waren die Vorzeichen alles andere als gut gewesen.

Fünf Starts - fünf Medaillen, davon je zwei in Gold und Silber und eine in Bronze. Das ist die bisher beste WM-Ausbeute der 27-Jährigen nach anstrengenden Tagen in Tarvisio, die zugleich neue Motivation für die in einem Jahr folgenden Winter-Paralympics in Pyeongchang bedeuten. In einem Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten lässt sie die WM und deren Vorgeschichte noch einmal Revue passieren.

Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum überaus erfolgreichen Abschneiden bei der WM in Italien. Das war im Vorfeld aber so nicht zu erwarten gewesen?

Andrea Rothfuss: Überhaupt nicht, wenn man bedenkt, dass ich mir vor rund einem Jahr einen Bruch des Sprunggelenks zugezogen habe. Noch vor einem halben Jahr konnte ich nur unter großen Schmerzen für eine oder zwei Stunden Skifahren; das tat danach teilweise höllisch weh.

Ist die Verletzung vollständig ausgeheilt und sind die Schmerzen jetzt ganz weg?

Nein. Vor allem nach der doch sehr intensiven WM-Woche spüre ich schon noch, dass der Fuß etwas steif ist. Vor und während der Rennen bin ich aber intensiv von unserem Physiotherapeuten behandelt worden und ich muste mich auch immer gut Aufwärmen. Zur Schonung habe ich auch auf einen Start bei den letzten Weltcuprennen in Krajnska Gora vor der Weltmeisterschaft verzichtet und mich am Olympiastützpunkt Stuttgart vorbereitet.

Aber auch die größte Rivalin Marie Bochet hatte Verletzungsprobleme im Vorfeld der WM?

Sie hat sich im Oktober eine Knieverletzung zugezogen und in Tarvisio ihre ersten internationalen Rennen bestritten. Sie hat dann bei den ersten Wettbewerben aber gleich wieder zugeschlagen, hat danach aber gegen Ende hin wohl etwas Kraft gelassen.

Gehen wir die einzelnen Rennen doch einmal durch. Wie lief es im Abfahrtslauf?

Am Anfang bin ich mit der Strecke nicht ganz klar gekommen, vor allem die vielen Übergänge waren wieder einmal problematisch für mich. ich konnte aber von Trainingslauf zu Trainingslauf und schließlich auch im Rennen den Abstand nach vorn e verkürzen und letztlich doch Zweite werden.

Im Super-G am Tag darauf folgte Bronze. Ein schlechterer Lauf oder stärkere Konkurrenz?

Vielleicht beides. Ich habe in den Kurven nicht richtig Gas gegeben und mich über meine Fahrt selbst etwas geärgert. In der Super-Kombination ist es dann in dieser Disziplin deutlich besser gelaufen und im Kombinations-Slalom habe ich einfach die Flucht nach vorne angetreten.

Die letztlich auch mit Silber belohnt wurde. Hat das Motivation für die anstehenden technischen Wettbewerbe gegeben?

Klar, ich habe nach den Laufzeiten gemerkt, dass es in den beiden restlichen Rennen eine ganz enge Kiste werden kann. Das hat nochmals Kraftreserven freigesetzt.

Was beim Sieg im Riesenslalom umgesetzt wurde. Wie war das Gefühl danach?

Alle Trainer waren von meinem zweiten Lauf ganz begeistert, mit dem ich den Rückstand auf Marie noch deutlich zu meinen Gunsten drehen konnte. Ich selbst hatte auch schon im Ziel das Gefühl, dass es ein Toplauf war, nachdem ich in der Vergangenheit gelegentlich in zweiten Durchgängen nicht schnell genug und daher vor dem Start auch nervös gewesen war. Vor allem auch mit Blick auf den großen Vorsprung war das mein bisher größter sportlicher Erfolg, den ich in meiner Lieblingsdisziplin und auch durch die Vorgeschichte mit der Verletzung über den Slalomsieg bei den Paralympics stelle.

Und auch im Slalom hat es dann noch hauchdünn zur Goldmedaille gereicht. Wie liefen die beiden Fahrten?

Nach dem ersten Durchgang war ich ja nur knapp zwei Zehntelsekunden zurück und ich habe mit den Trainern schon darauf spekuliert, dass im Zweikampf mit Marie Bochet noch etwas geht. Zumal sie im zweiten Streckenabschnitt schon beim Riesenslalom und im ersten Lauf an Zeit verloren hat. Und so ist es dann ja auch gekommen.

Wie ist die Leistung von Anna-Maria Rieder zu bewerten, die als WM-Neuling mit 16 Jahren gleich Bronze holte?

Ich finde es stark, dass bei in der stehenden Frauenklassejetzt noch eine zweite deutsche Starterin sogar vorne mit dabei ist. Sie hat noch als 15-Jährige im Vorjahr bei Punkterennen und im Europacup eine gute Figur gemacht und die Trainer haben ihr jetzt eine Chance im Weltcup und bei der WM gegeben. Dass sie die dann gleich so genutzt hat und im zweiten Durchgang mit der Bestzeit voll aufdreht, finde ich ganz toll, zumal war sie nach ihrem Ausscheiden im Riesenslalom noch gemeinsam aufbauen mussten. Da wächst im eigenen Lager große Konkurrenz heran und wir schon arrivierteren Fahrerinnen müssen uns wohl in der Zukunft vor allem im Slalom warm anziehen.

Die Weltmeisterschaft ist vorbei. Wie geht es jetzt weiter?

Ich fahre zunächst einmal heim nach kernen und bin am Donnerstag schon wieder an meiner Arbeitsstelle beim Württembergischen Schützenverband, bei dem ich eine Ausbildung als Sport- und Fitness-Kauffrau absolviere. Und am Freitag habe ich in meiner Schule KF1 in Stuttgart schon eine Klassenarbeit zu schreiben.

Und die nächsten sportlichen Pläne?

Im Februar werde ich wohl noch an Punkterennen in Abtenau teilnehmen, da wir dort auch Super-G trainieren können. Ende Februar ist ein Trainingslager geplant und Anfang März geht es zunächst zu Weltcuprennen nach Japan und anschließend dem Weltcupfinale in Pyeongchang. Dort werden wir die Strecken der kommenden Paralympics 2018 testen. Auf das Europacupfinale werde ich wohl verzichten.