Beim Kirchenläuten machen die katholische und evangelische Kirche künftig gemeinsame Sache (von links): Der protestantische Pfarrer Ernst Nestele, der katholische Pfarrgemeinderatsvorsitzende Harald Fischer und der katholische Pfarrer Hubert Freier. Foto: Göttling Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Vor Sonn- und Feiertagen läuten die Glocken der evangelischen und der katholischen Kirchen

Im Advent gehen die evangelische und katholische Kirchengemeinde in Winterlingen in der Ökumene einen Schritt weiter: Die Glocken der evangelischen Kirche und der katholischen Kirche St. Gertrud läuten künftig gemeinsam Sonn- und Feiertage ein.

Winterlingen. Zur Weihnachtszeit wird in den Kirchen gesungen: "Süßer die Glocken nie klingen als zu der Weihnachtszeit": In Winterlingen nimmt zur Adventszeit eine gemeinsame Läuteordnung der beiden Kirchengemeinden ihren Anfang.

Ab dem ersten Adventswochenende sollen die Kirchenglocken der evangelischen Kirche und der katholischen Kirche St. Gertrud gemeinsam erklingen, um Sonn- und Feiertage einzuläuten.

Die Idee dazu keimte bereits im Sommer, als der evangelische Pfarrer Ernst Nestelebei seinem Besuch der feierlichen Glockenweihe für die katholische Kirche St. Gertrud vorschlug, künftig an den Hochfesten des Kirchenjahres gemeinsam zu läuten.

Prompt kam das Thema bei einer gemeinsamen Sitzung der Kirchengemeinderäte im Herbst auf den Tisch. Diese befürworteten allerdings einen Vorschlag, der sogar noch über den Nesteles hinausging: Die Kirchengemeinderäte stimmten zu, künftig nicht nur mit allen Glocken beider Kirchtürme das neue Kirchenjahr am ersten Advent sowie Weihnachten, Dreikönigstag, Karfreitag, Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten, den Dreifaltigkeitssonntag, Erntedank und Allerheiligen zusammen einzuläuten, sondern mit einem kleineren Geläut auch jeden Sonntag.

Die Sonntage werden jeweils am Vorabend um 18 Uhr zur Zeit des abendlichen Tagzeitengebets, der Vesper, eingeläutet. Nur eine Ausnahme gibt es: Zum Höhepunkt des Kirchenjahres – an Ostern – wird schon um sechs Uhr in der Früh mit allen sechs Glocken geläutet.

Mit dem Geläut zu dem in Deutschland meist katholisch geprägten Feiertag Allerheiligen – der Vorabend ist zugleich Reformationstag – geht Nestele für seine eigene Kirche ungewohnt weit. Er betrachtet das Fest als "Erinnerung an die Gemeinschaft der Heiligen nach den Bekenntnissen der Kirche" für alle Christen als wichtig.

"Zahlreiche Begegnungen und Gespräche beider Gemeinden haben eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens zwischen den Angehörigen der beiden Kirchen geschaffen", erklärt Ernst Nestele. Was Christen gemeinsam feiern, wird nach der Auffassung des protestantischen Pfarrers künftig auch durch das gemeinsame Geläut betont und verstärkt in Erinnerung gerufen.

Der Leiter der katholischen Seelsorgeeinheit Straßberg-Veringen, Pfarrer Hubert Freier, ist der Meinung, dass es naheliegend ist, nach Erhalt zweier neuer Glocken auch das Ökumenische sichtbar machen: "Es gibt viele Möglichkeiten, wo wir ökumenisch zusammenarbeiten können und das gerne tun: etwa in der Jugendarbeit oder bei Altennachmittagen in Winterlingen." Beide Pfarrer sehen das Glockengeläut als eine gute Basis an, um eine ökumenische Annäherung weiterzuführen und das Gemeinsame der Gläubigen zu betonen.

Vom evangelischen Kirchturm erklingt das Geläut in der Tonfolge d’ – fis’ – a’ – h’: "Salve Regina" hört das römisch-katholisch geschulte Ohr, während evangelische Christen mit der Abfolge der Töne den Anfang des Chorals: "Wachet auf! ruft uns die Stimme" verbinden.

Die beiden Glocken der katholischen Gemeinde, an deren Klang noch das Sägewerk Hagg aus Benzingen arbeitete, sind auf e’’ – a’’ gestimmt. "Darüber noch ein cis’’ Glöckchen würde das Geläut hervorragend abrunden", gibt Pfarrer Nestele die Empfehlung des Oberkirchenrats weiter.

Die Glockensachverständigen der Erzdiözese Freiburg, Johannes Wittekind, und der evangelischen Landeskirche in Württemberg, Claus Huber und Matthias Hanke, hatten das Vorhaben unterstützt sowie beratend begleitet. Die "Glockeninspekteure" haben "die richtige Tonart gefunden, die nach Winterlingen passt", meinte der katholische Pfarrgemeinderatsvorsitzende Harald Fischer. Ist dies getan, steht einem gemeinsamen Glockengeläut nichts mehr im Wege.