So oft es geht schaut Genovefa Holzmann nach ihrem Garten: Diese rote und noch spät blühende Rose hat sie sich gerade von dort geholt.Foto: Gauggel Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: Genovefa Holzmann aus Harthausen ist 100 Jahre alt

Winterlingen-Harthausen. Sie war die erste Person, die viele Harthauser in ihrem Leben zu Gesicht bekamen. Genovefa Holzmann, im Ort nur als "d’ Hebamm" bekannt, hat über die Jahrzehnte gut und gern 1500 Babys ans Licht der Welt geholfen; die meisten ihrer Wöchnerinnen waren in Harthausen und den Nachbarorten Veringenstadt, Neufra und Straßberg zu Hause. Bei der letzten dieser Geburten war sie bereits 70. Drei Jahrzehnte ist das her – am Montag hat Genovefa Holzmann ihren 100. Geburtstag gefeiert.

Vor genau einem Jahrhundert kam sie am 30. November 1920 selber zur Welt – in Harthausen; ihr Mädchenname lautete Gauggel. Ihre Eltern betrieben eine kleine Landwirtschaft; sie hatte einen Bruder und eine Schwester. Nach der Schulzeit fand Genovefa Gauggel zunächst Arbeit als Näherin in der Tailfinger Trikotwarenfabrik Martin Amann. Unter der Woche, erinnert sie sich, wohnte sie im Talgang; am Samstag fuhr sie dann mit dem Fahrrad nach Hause und blieb dort übers Wochenende.

Auf den Beruf der Hebamme brachte sie ein Hinweis im Aushang des Harthauser Rathauses. 1946 begann sie die Ausbildung in der Tübinger Frauenklinik; nach ihrem erfolgreichen Abschluss arbeitete sie zunächst im Universitätsklinikum Tübingen und danach in der Geburtsabteilung des Kreiskrankenhauses Sigmaringen. 1949 wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit; danach übte sie ihren verantwortungsvollen Beruf mit viel Liebe und Sorgfalt bis weit in die 1980er-Jahre hinein aus. Zu vielen ihrer ehemaligen Wöchnerinnen hat sie bis heute ein freundschaftliches Verhältnis; viele Geburten, darunter auch besonders schwere Hausgeburten, sind unvergessen.

Mit dem Hebammenberuf hatte es nicht sein Bewenden – Genovefa Holzmann hatte auch selbst eine Familie; aus der Ehe mit Josef Holzmann gingen die drei Kinder Friedrich, Emmi und Annemarie hervor. Noch heute wohnt sie im Haus in der Neufraer Straße, das sie zusammen mit ihrem Mann baute. Freizeit gab es so gut wie keine; mit der Nebenerwerbslandwirtschaft war gewährleistet, dass die Arbeit nie ausging. Ein Zubrot verdiente sich die Hebamme als Eierleserin auf der Fürstlichen Domäne Birkhof, und in späteren Jahren widmete sie sich der Betreuung ihrer sechs Enkel. "Langeweile kannte ich nie – und das war auch gut so."

An Urlaub oder Reisen war daher lange Zeit kaum zu denken – entsprechend intensiv ist ihr die eine große Reise nach Amerika in Erinnerung geblieben, auf der sie mit ihrem Mann dessen Schwester besuchte. Nach seinem Tod im Jahr 1996 reiste sie mit ihren Kindern einige Male nach Südtirol – zuletzt im vergangenen Jahr mit ihrem Sohn Friedrich.

Genovefa Holzmann ist von Schicksalsschlägen nicht verschont geblieben. Vor vier Jahren starb ihre Tochter Emmi, im vorigen Jahr nach schwerer Krankheit ihr Schwiegersohn Karl-Otto. Vor zehn Jahren erlitt sie selbst eine Herzattacke, von der sie sich aber wieder erholte – Zuversicht und Gottvertrauen hätten ihr immer wieder Kraft gegeben, sagt sie. Mit 100 verbringt sie viel Zeit in ihrem Garten, liest täglich mit wachem Verstand die Tageszeitung und löst immer noch leidenschaftlich gern knifflige Sudoku-Aufgaben und Kreuzworträtsel.

Und ihre Antwort auf die Frage nach dem Rezept für ein hundertjähriges Leben? "Jeden Tag einen Salat essen!" Tatsächlich stehen in ihrem eigenen Garten in den Beeten auch im Spätherbst noch verschiedene Salatgewächse. Unterstützung erhält sie von ihrer Enkeltochter Michaela Reiß und deren Familie, die mit ihr im selben Haus wohnt. Eine große Familienfeier mit den Kindern, den sechs Enkeln und den neun Urenkelkindern wird es coronabedingt nicht geben – aber sie wird bei Gelegenheit nachgeholt.