Gnadenhochzeit: Vor 70 Jahren gaben Herta und Ewald Maier aus Winterlingen einander das Jawort

Winterlingen (gau). Kennen gelernt haben sie sich beim Tanz in der Straßberger "Sonne" – sie müssen so recht in ihrem Element gewesen sein, denn auch nach der Hochzeit blieb das Tanzen die große Leidenschaft von Herta und Ewald Maier: Bei jedem Jahrgängerausflug, erinnert sich die 93-jährige Herta Maier und lacht, hätten sie den Reigen eröffnet, weil sich sonst niemand getraut habe. Die erste Begegnung in der "Sonne" liegt mittlerweile über sieben Jahrzehnte zurück – am Mittwoch feiern die Maiers ihre Gnadenhochzeit.

Herta Maier ist eine geborene Schulz und stammt aus Ostpreußen. Sie wuchs in Groß-Klitten auf, einem Dorf in der Nähe von Königsberg, und war 17, als sie im Januar 1945 mit ihren Eltern, den sieben Geschwistern und dem Großvater Hals über Kopf die Heimat verlassen musste. Auf einem Pferdewagen gelangte die Familie zur Küste und über die Ostsee nach Dänemark, wo sie interniert wurde. Nach mehreren Aufenthalten in dänischen und deutschen Lagern fanden die Schulzens schließlich eine dauerhafte Bleibe in Winterlingen, wo sie am 20. April 1947 eintrafen. Zwei Jahre später lernte Herta Schulz unter den bereits erwähnten Umständen den ein Jahr jüngeren Ewald Maier kennen; die Verlobung folgte umgehend, und im folgenden Jahr, am 19. August 1950, gaben sich die beiden in der evangelischen Pfarrkirche in Winterlingen das Jawort.

Auch mit über 90 Jahren ist der Jubelbräutigam noch technisch geschickt

Fortan wohnten sie in Ewald Maiers Elternhaus in der Sofienstraße – er ist ein echtes Winterlinger Urgestein. Herta Maier arbeitete als Näherin in der florierenden Winterlinger Textilindustrie; er erlernte bei August Beck den Beruf des Mechanikers und verbrachte anschließend den weitaus längsten Teil seines Berufslebens in der Firma. Das liegt zwar mittlerweile Jahrzehnte zurück; seine technischen Fertigkeiten und sein Geschick kommen ihm aber auch mit über 90 Jahren noch zugute – viele Dinge in und um das Haus erledigt er nach wie vor selbst. Überhaupt haben sich die Maiers bis heute ihre Eigenständigkeit bewahrt und führen ihren Haushalt fast ganz ohne fremde Hilfe. Wobei Sohn Günther oft vorbeischaut und auch die beiden Enkel und die zwei Urenkel regelmäßig zu Besuch kommen.

Herta und Ewald Maier sind lebhafte Gesprächspartner und Frohnaturen – der Humor, versichern sie übereinstimmend, sei eine entscheidende Zutat des Rezepts für eine lange, glückliche Beziehung. Mit unverminderter Begeisterung erzählen sie von den Busausfahrten in die Berge, an denen sie in jüngeren Jahren mehrmals teilnahmen – ihre besondere Liebe gehört dem Zillertal, wo sie Anno 2000 nach der Goldenen Hochzeit die Hochzeitsreise nachgeholt hatten, die ihnen 1950 verwehrt geblieben war.

Und wie feiern sie nun ihre Gnadenhochzeit? Angesichts der Coronapandemie wollen sie kein Risiko eingehen und verzichten auf ein Fest – indes sind sie zuversichtlich, dass die geplante Familienfeier im bescheidenen Rahmen bald nachgeholt werden kann.