Demo gegen Rechts: Am Sonntag gingen die Winterbacher auf die Straße Foto: Beytekin

Bürgermeister möchte Grundstück kaufen, von dem der Angriff auf fünf junge Migranten ausging.

Winterbach - Das mittlere Remstal macht mobil gegen Skinheads und Neonazis. Nach Demonstrationen am Freitag und Sonntag nahmen nun am Montagabend 500 Bürger an einer Mahnwache auf dem Winterbacher Marktplatz teil. Motto der Aktion: "Kerzen gegen Brandstifter."

Auslöser der zahlreichen Initiativen der vergangenen Tage war der Brandanschlag von rechtsextremen Partygästen einer Geburtstagsfeier in Winterbach. Türkisch- und italienischstämmige Jugendliche auf dem Nachbargrundstück verbarrikadierten sich in der dortigen Gartenhütte. Diese wurde kurz danach von den Angreifern angezündet. In letzter Sekunde gelang den jungen Migranten die Flucht.

Geschockt haben viele Remstäler auf diese "feige Tat" und "diesen abscheulichen Übergriff" reagiert, wie es Winterbachs Bürgermeister Albrecht Ulrich nennt. Das Schorndorfer Bündnis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus etwa ist "entsetzt und bestürzt" über die Attacke im Nachbarort. "Wir wollen unmissverständlich unsere Solidarität mit Bürgerinnen und Bürgern mit ausländischen Wurzeln zum Ausdruck bringen", sagt Hans-Martin Kramer von der Offenen Kirche in Schorndorf und Sprecher des Bündnisses. Angesichts dieser "bedrohlichen rechten Gewalt einer kleinen Gruppe von Neonazis" sei die Mahnwache am Montag "ein kraftvolles Zeichen" gegen die Brandstifter. Weitere Organisatoren des Protests, an dem neben Ulrich auch der Schorndorfer OB Matthias Klopfer teilnahm, waren die islamische Gemeinde Schorndorf, der türkische Arbeitnehmerverein und die Winterbacher Agenda-21-Gruppe Kultur und Gesellschaft.

Der Kreisjugendring Rems-Murr hat am Montag eine mit "Wir sind geschockt!" überschriebene Erklärung veröffentlicht. "Die verbrecherische Tat ist auch ein Angriff auf unsere Wertvorstellungen, unser Engagement für ein friedliches Miteinander und unser Ziel einer toleranten, von Vielfalt geprägten Zukunft." Den Menschen mit ausländischen Wurzeln wolle man durch die Teilnahme an Mahnwachen und Demonstrationen Mut machen und Angst nehmen.

Zwei Polizisten bei Demo verletzt

Bürgermeister Ulrich bestätigte am Rande der gestrigen Mahnwache, dass die Gemeinde derzeit versuche, das Grundstück der Geburtstagsfeier am Engelberg zu kaufen. Das Areal gehört dem im Ruhrgebiet lebenden Bruder des 35-jährigen ehemaligen Winterbachers, der die Party ausrichtete. Der Mann war bereits vor elf Jahren an einem Überfall auf einen Griechen in Schorndorf beteiligt. Sein Vater wolle nun beim Grundstücksverkauf vermitteln.

Die Gemeinde hat dem Sohn aus dem Ruhrgebiet ein schriftliches Angebot gemacht. Sollte der Kauf klappen, würde das Grundstück laut Ulrich "aus der Nutzung genommen" und stünde für Partys von Rechtsradikalen nicht mehr zur Verfügung.

Beim von verschiedenen linken Gruppierungen organisierten Demonstrationszug vom Sonntag wurden durch Böller zwei Polizisten und ein Demonstrant verletzt. Alle drei wurden ambulant behandelt, ein Beamter erhielt noch am Abend Infusionen. "Zum Glück werden sie keine bleibenden Hörschäden davontragen", sagt Polizeisprecher Klaus Hinderer. Da die Böller aus der Gruppe heraus geworfen wurden und die Polizei wegen ihrer Deeskalationsstrategie bewusst nicht fotografiert hat, sind die Aussichten gering, den Täter zu erwischen. Die Polizei wertet ansonsten weiter die bei 33 Wohnungsdurchsuchungen konfiszierten Gegenstände, insbesondere Computer, aus, um den Überfall den einzelnen Verdächtigen nachweisen zu können.

In Korb haben sich mittlerweile etliche Gemeinderäte darüber beschwert, dass Bürgermeister, Landrat und Polizeichef ihre Erkenntnisse über die dort in einer Kneipe regelmäßig stattfindenden NPD-Treffen verschwiegen hatten. "Mit Entsetzen haben wir viel zu spät erfahren, dass solche Veranstaltungen seit zwei Jahren in Korb stattfinden", heißt es. Dadurch sei ihnen wie der Bevölkerung das demokratische Recht genommen worden, Position zu beziehen. "Wir distanzieren uns in aller Deutlichkeit von jeder Form des braunen Gedankenguts; wir stehen für Zivilcourage statt Zivilblamage."