Das Landgericht hat eine Spendenbetrügerin zu einer Gefängnisstrafe verurteilt Foto: dpa

Das Landgericht Stuttgart hat eine 64-jährige Frau aus Winnenden wegen Betrugs verurteilt. Die Angeklagte hatte Spenden für kranke Kinder gesammelt und das Geld zum Teil für private Zwecke verwendet. Selbst die Bundeskanzlerin hatte gespendet.

Stuttgart/Winnenden - „Das ist sowas von falsch. Mehr geht schon gar nicht mehr.“ Am Ende der Urteilsbegründung platzt es dann doch noch aus Antoinette P. heraus. Gerade hat das Landgericht die 64-jährige Geschäftsfrau wegen Spendenbetrugs, Untreue und Insolvenzverschleppung zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Vorsitzender Richter Roderich Martis, Chef der 11. Strafkammer, liest der Frau, die sich jahrelang im Glanz von Prominenten sonnte, gehörig die Leviten. „Sie sind als Wohltäterin aufgetreten. Letztlich war es aber die reine Hochstapelei“, so Martis.

Antoinette P. ist eine solche Ansprache nicht gewöhnt. Ausgerechnet sie, die mit prominenten Leuten aus Kunst, Sport, Wirtschaft und Politik auf Du und Du war. Ausgerechnet Antoinette P., die angeblich getrieben von ihrem guten Herzen 2006 die Stiftung Internationales Kindercamp Sans Souci gegründet hatte, um Spendengelder einzuwerben. Und zwar für ein Erholungsheim, in dem kranke Kinder genesen sollten. Und da spricht der Richter von „kriminellen Aktivitäten“. Das passt nicht ins Selbstverständnis der Antoinette P. , die zu Beginn des Prozesses allerdings von ihrem Verteidiger hatte ausrichten lassen, sie räume alle Vorwürfe ein.

Über die Jahre hatten 212 Menschen für das Kindercamp rund 76 000 Euro gespendet – darunter unter der laufenden Spendernummer 183: Dr. Angela Merkel. Um Spenden zu bekommen, hatte die Angeklagte in Broschüren und Anzeigen mit Prominenz nur so um sich geworfen: Rennfahrer Sebastian Vettel unterstütze die gute Sache ebenso wie Horst Seehofer, TV-Moderatorin Nina Ruge, und etliche klingende Namen mehr. Tatsächlich erreichte das Kindercamp-Projekt nie die Planungsphase.

Zu allem Übel hat sich die 64-Jährige, die gegen eine Kaution von 180 000 Euro auf freiem Fuß ist, auch noch privat am Spendengeld bedient. „So ein Spendenbetrug gefährdet auch seriöse Projekte, die viel Gutes tun“, sagt Richter Martis. Schon deswegen habe man eine Freiheitsstrafe verhängen müssen. „Sie waren schon hartnäckig, wenn es darum ging, Spender hinters Licht zu führen“, sagt der Richter.

Der Spendenbetrug mag das Vertrauen potenzieller Geldgeber erschüttert haben, ist aber bei weitem nicht der größte Brocken der Anklage. So hatte die Frau, die insgesamt fünf Firmen gegründet hat, von denen mindestens drei kurz nach Gründung bereits pleite waren, ab 2007 bei der Agentur für Arbeit Kurzarbeit angemeldet – zu Unrecht. Als dieser Betrug aufzufliegen drohte, fälschte sie Unterlagen. Schaden: 78 550 Euro. Das ist nicht alles: Die Insolvenzen ihrer Firmen hat sie über neun Jahre hinweg verschleppt.

Strafrechtlich relevante Geschäftspraktiken legte die gelernte Grafik-Designerin aus Winnenden im Rems-Murr-Kreis auch beim Anzeigenverkauf für ihr „Business-Hochglanzmagazin“ an den Tag. So verkaufte sie unter anderem der Firma Porsche acht große Werbeanzeigen für 212 000 Euro mit der Lüge, ihr Magazin habe eine Auflage von 50 000 Stück. Tatsächlich waren es kaum mehr als 10 000.

Aus der Traum von den Schönen, Reichen, Einflussreichen. Wie Hohn liest sich heute das Motto einer Spendengala, die Antoinette P. einst für betuchte Menschen in Bayreuth ausgerichtet hat: „Alles wird gut.“