Von außen wird sich das Wilhelmspalais ... Illustration: Büro Lederer, Ragnarsdóttir, Oei

Millionenschwerer Risikotopf für Museumsumbau - Ausstellungsbetrieb wird zum Zuschussbetrieb.

Stuttgart - Nicht nur bei Bahnhofsneubauten wie Stuttgart 21, auch bei Kultureinrichtungen explodieren die Kosten. Am Dienstag segnete der Gemeinderat eine neue Kalkulation für das künftige Stadtmuseum im Wilhelmspalais ab: Die Kosten steigen demnach um 1,7 Millionen Euro auf 31,7 Millionen Euro.

Sobald die Stadtbibliothek im kommenden Herbst ihr neues Domizil im Europaviertel hinter dem Hauptbahnhof bezieht, sollen Nägel mit Köpfen in Sachen Stadtgeschichte gemacht werden. Das historische Wilhelmspalais am Charlottenplatz soll vom Büchertempel zum Museum umgebaut werden, in dem Stuttgarts Entwicklung vom Stutengarten zur Großstadtmetropole dokumentiert ist.

Baupreissteigerungen sprengen den Kostenrahmen

Doch das Vorhaben wird immer teurer, wie am Dienstag im Technikausschuss des Gemeinderats zu erfahren war. Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) teilte dem Gremium per Vorlage mit, dass Baupreissteigerungen den bisherigen Kostenrahmen von 30 Millionen Euro sprengen. Bis zur geplanten Museumseröffnung im Jahr 2016 werden sich Umbau, Ausstellung und Mobiliar um 1,7 Millionen Euro verteuern. Zudem empfahlen die Projektsteuerer, einen Risikotopf mit 3,2 Millionen Euro zu füllen. Der Finanzierungsbedarf steigt damit auf 34,9 Millionen Euro. Fördermittel von Bund und Land, die in das Projekt fließen sollen, verharren dagegen bei 10,9 Millionen Euro. Bei der Ausschreibung zum Architektenwettbewerb waren die Kosten noch auf 30 Millionen Euro gedeckelt worden. "Die Risikopauschale brauchen wir, falls etwas Unerwartetes in den Wänden auftaucht", sagte Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD), durch mehrere Umbauten sei mit Statikproblemen oder Schadstoffbelastungen zu rechnen.

Das Palais war zwischen 1834 und 1840 als Prinzessinnenpalais für die Töchter von König Wilhelm I. erbaut worden. Im Zweiten Weltkrieg wurde es bis auf die Umfassungsmauern zerstört und in den sechziger Jahren von Wilhelm Tidje im Innern modern wiederaufgebaut.

Bei der Klimatechnik wird gespart

Um den neuen Kostenrahmen zu halten, muss zudem bei Haustechnik und Ausbaustandards gespart werden. "Die Klimatechnik wird teilweise reduziert", sagt Hochbauamtsleiter Ulrich Klenk. Im Innern sollen statt hochwertiger Holzbaustoffe Standardausführungen montiert werden, so eine weitere Kostenbremse. Für den geplanten Museumsgarten hinter der südlichen Gebäudefront reicht der aufgestockte Bauetat dennoch nicht. Auch zwei Brunnen und Bäume, die seitlich der Freitreppe an der Konrad-Adenauer-Straße den Gesamteindruck ergänzen sollen, lassen sich daraus nicht stemmen. "Dafür finden wir bis endgültigen Projektbeschluss im Juni 2012 eine Lösung", gab sich Thürnau optimistisch.

Die schwäbische Sparsamkeit soll sich aber letztlich rechnen, wie ein Vergleich mit aktuellen Museumsprojekten in Deutschland darlegt. Demnach wird Stuttgarts Stadtmuseum pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche 3787 Euro kosten, während das Lehnbachhaus in München mit 4638 Euro pro Quadratmeter zu Buche schlägt. Noch aufwendiger wird das neue Hagener Stadtmuseum, das 4887 Euro pro Einheit kosten soll. Mit aus diesem Grund genehmigte das Stuttgarter Ratsgremium einstimmig den Vorprojektbeschluss.

Jahre vor Eröffnung deutet sich bereits an, dass das Stadtmuseum ein dauerhafter Zuschussbetrieb wird, selbst bei jährlich rund 130.000 erwarteten Besuchern. Nach einem Gutachten summiert sich das jährliche Betriebsdefizit auf rund 3,08 Millionen Euro. Unter Federführung der Stadtkämmerei wurde deshalb bereits nach Einsparpotenzialen gesucht. Als Streichoption gilt ein Lese- und Recherchebereich. Wenn zudem der Wasserverbrauch sinkt, Glasreinigung und Grünpflege zurückgefahren werden, dann könnte das Defizit um eine halbe Million Euro geringer ausfallen. Der Rotstift könnte auch eine vierwöchige Sommerschließung erzwingen.