Klink nahm sich auch die Zeit für Autogramme. Foto: Kunert

Spitzenkoch gibt sich ungewohnt streitbar und politisch. Auch Leichtfüßiges im Gepäck.

Wildberg - Die Bezeichnung "Sternekoch" mag er gar nicht – weil er nicht fürs Auge und die Fotografen kocht, sondern "für’n dicken Ranzen". Schmecken muss es. Aber bei seinem Auftritt in Wildberg, in der "Beletage" von Küchen-Rempp, drehte er dem Musterküchen-Herd diesmal ganz den Rücken zu.

Vincent Klink: Patron der Stuttgarter "Wielandshöhe". Ein Multitalent, Kochkünstler und Literat, Gastronom und Gastrosoph, Jazzmusiker und Komponist, Zeichner und Kalligraph, Verleger – und "ein intensiver Bibliophiler". Vor allem aber auch ein Genuss-Mensch. Und – wie dieser geistreiche Streifzug durchs Klink’sche Leben zeigen sollte – auch ein ziemlich streitbarer Zeitgenosse – nicht nur, wenn es um wahrlich "nachhaltige" Lebensmittel geht.

Doch eigentlich wollte er hier in Wildberg aus seinem Buch "Meine Rezepte gegen Liebeskummer" lesen. So 170 Neugierige nahmen dafür auf Einladung von Stadt und der VHS Oberes Nagoldtal auf den gesammelten Sitzgelegenheiten der Firma Rempp Platz – die Mehrzahl so eher in Richtung Klinks Generation. Weshalb sich der 70-jährige Spitzenkoch wohl (zu recht) fragte, wer hier wohl wirklich noch an Liebeskummer zu knabbern haben könnte. Klink selber hat das Thema, wie er launig erzählt, lange hinter sich gelassen, genießt nach über 40-jähriger Ehe die Ruhe und den Frieden in seiner Beziehung. Die super funktioniere – seitdem er kapituliert habe und artig seiner Frau "hinterher dackele". Zumal die "sowieso immer Recht habe." Wie er neidlos eingestehe.

Warum die Österreicher das mit dem Gulasch besser können als die Deutschen

Der leichtfüßige, heitere Ton des Küchen-Literaten Klink – der seine Texte in einem "Kabuff" seiner Küche in der "Wielandshöhe" schreibe, während er seinem Küchenteam das Tagesgeschäft überlasse – wird später ins Herbe und Bissige driften, wenn er sich beispielsweise über die "Machenschaften" eines schweizerischen Nahrungsmittel-Multi echauffiert, dessen bekanntes (italienisches) Marken-Mineralwasser auch Klink einst auf den Karte hatte. Bis seine Frau und er im Kino die Doku "We feed the World" sahen: Noch beim Verlassen des Kinos wiesen die Klinks die Mitarbeiter per Handy an, alle Vorräte dieses Wassers an den Lieferanten zurückzuschicken. "Der Schwarzwald hat soviele bessere Wässer!" Finale – bittere – Pointe dieser Anekdote: Die Redakteurin einer (bekannten) Feinschmecker-Zeitschrift, die Klinks Wasser-Revoluzzertum in der Branche mit einem großen Artikel feierte, wurde anschließend fristlos gekündigt – weil der Verlag auf der "Payroll" des Nahrungsmittel-Multis stand.

Vincent Klink sammelt solche Geschichten in seinem Küchen-Tagebuch – aus dem er von Zeit zu Zeit Auszüge als ebenfalls Bücher veröffentlicht. Zum Diesel-Skandal und dem aktuellen Verkehrsminister hat er eine (drastische, deshalb nicht zitierfähige) Meinung. Auch die Massenselbstmorde von Landwirten in Indien, die der Saatgut-Riese Monsanto in den Ruin getrieben hatte, gehen dem leidenschaftlichen Lebensmittel-Profi unendlich nah. Dass ausgerechnet die deutsche BASF "diese Gangster-Firma" gekauft hat, treibt Klink auch in Wildberg die Zornesröte ins Gesicht.

Aber da merkt Klink auch selbst, dass es gerade etwas "zu schwer" wird mit seinen Texten. Was Heiteres muss her – und auch davon hat der TV-gestählte Erzähler genug im literarischen Gepäck. Am besten kennt sich Klink natürlich mit Essen aus. Weshalb er jetzt von seiner Mission erzählt, die vermeintlich einfache Küche, wie wir sie noch von Oma kennen, zu ungeahnten Spitzen zu führen. Warum es ein rustikaler Gulasch nicht in die (erwähnten) Gourmet-Zeitschriften schafft? Weil er "wie ein Scheißhaufen" aussieht. Das irritierte bis herzhafte Lachen im Saal gibt ihm recht. Aber wenn der Gulasch genial gemacht ist – eine Geschmacksexplosion. Aber dafür braucht’s Zeit – weshalb die Österreicher das mit dem Gulasch besser können als wir Deutschen, denn "die sind ja immer langsamer als wir." Auch das sorgt für die erhofften Lacher.

Klink vertieft das Thema noch – mit dem Beispiel "Kartoffelsalat". Der hat wie "Matsche" auszusehen, sonst schmeckt er nicht. Jahre habe er gebraucht, es seinen Spitzenköchen austreiben, den Kartoffelsalat in Reih und Glied auszurichten. Oder gar festkochende Kartoffeln zu verwenden, "die im Maul beim Kauen quietschen". Einfache Regel zum Merken: "Ein Kartoffelsalat, der gut aussieht, schmeckt nicht!" Basta.

Tipp für Ehemänner: "Schnauze halten, runter schlucken, nicht maulen!"

Womit man noch mal zurückkommen muss zu den Rezepten gegen Liebeskummer – denn Kling selbst beendete seine Lesung mit einem zwar amüsanten, aber auch gewagten Kolloquium über "Flatulenzen". Das lassen wir hier mal – auch wenn bezüglich der Liebe ja ebenfalls gilt: die gehe durch den Magen – und was dann später dabei rauskommt... Muss man nicht weiter ausführen. Aber wenn wir uns dann wegen einer unglücklichen Liebe trösten müssen – "was uns ja immer einen Schlag in die Magengrube versetzt" – hilft nunmal "nichts Knuspriges". Was zum "Einsaugen" muss es sein – Reisbrei zum Beispiel. Aber nicht so einen, den man durch die Gegend pfeffern kann. Mit Sahne und Ei ganz locker aufgeschlagen und mit echter Vanille gewürzt. Das erinnere uns natürlich an die tröstende Mutterbrust, da braucht’s keine falsche Scham. Und das sei auch das eigentliche Erfolgsgeheimnis der Nudel – weil auch die "eingeschlotzt" werde, ohne "dass man das Maul weit aufreißen muss".

Noch ein Tipp von Klink für alle Ehemänner – deren Frauen wie seine nicht kochen könnten: "Schnauze halten, runter schlucken, nicht maulen!" Denn welch größeren Liebesbeweis gebe es, als wenn man für den Liebsten koche – auch wenn man’s oder Frau gar nicht kann?