Manfred Theisen stand auch nach seinen Lesungen noch im Mittelpunkt des Interesses. Foto: Bildungszentrum Wildberg Foto: Schwarzwälder-Bote

Autorenbegegnung: Theisen zieht Jugendliche in Wildberg und Nagold in den Bann seiner Geschichten

Bei je zwei Lesungen am Wildberger Bildungszentrum und am Nagolder Otto-Hahn-Gymnasium fesselte der Kölner Autor Manfred Theisen seine Zuhörer und weckte Begeisterung fürs Lesen.

Wildberg/Nagold. Was für ein Einstieg: Ein Kurzvideo zeigt eine arabische Familie im Auto, zu den markigen Klängen von Queens "We will rock you" E- Gitarre zupfend – da waren die Jugendlichen sofort dabei. Wieder einmal hatten die Fördervereine des Nagolder Otto-Hahn-Gymnasiums und der Zellerschule in bewährter Kooperation zu einer Autorenbegegnung geladen. Zu Gast diesmal: Manfred Theisen aus Köln, der unter anderem sein jüngst erschienenes Jugendbuch "Checkpoint Europa" vorstellte. Es schildert die Geschichte des 17-jährigen Syrers Basil aus Homs, der nach einem zweijährigen Fluchtweg in Deutschland Fuß zu fassen versucht.

Mit dieser Figur hat der Politologe und Autor – er war viele Jahre auch als politischer Journalist in Krisengebieten unterwegs und kennt eine Reihe von Flüchtlingen persönlich – ein Abbild vieler junger Ankommender geschaffen, für die die Flucht selbst einen großen Teil ihrer Erinnerungen ausmacht. Wie sehr Kriegszeiten die Entwertung aller Werte bedeuten, den "Wegfall der Kulturkruste", wie sehr sich dabei die Menschen verändern, vermittelte Manfred Theisen den jugendlichen Zuhörern eindrücklich in weiteren Foto- und Filmsequenzen und im Gespräch.

Dabei gelang ihm wirklich fesselnd der Spagat zwischen lockerem Plaudern mit rheinischem Humor und ernsten Tönen, indem er den Bogen vom zerbombten Deutschland und den Trümmerfrauen des Zweiten Weltkrieges bis hin zu aktuellen Ereignissen im Vorderen Orient spannte.

Theisen ist kein bequemer Autor, nimmt engagiert und auch kritisch Stellung, um wach zu rütteln, doch mit großer Einfühlung für sein jugendliches Publikum und ohne es – im Wortsinn – aus den Augen zu verlieren.

Die Schüler der Klassen 9a und 9b der Zellerschule und in einer zweiten Einheit rund 50 Neuntklässler des OHG (9a, 9b, 9f, zum Teil aus den Ethik-Gruppen), zusammen mit den begleitenden Lehrern, waren besonders durch eine Sequenz des ehemaligen Nationaltorhüters der syrischen Fußballmannschaft beeindruckt, der mit "Homs is calling" seine Popularität zum Aufruf für die demokratische Bewegung nutzt. Betroffenheit blieb zurück, aber auch Begeisterung für diese Begegnung mit einem hautnah erlebten Autor.

Schriftsteller bereitet eher schwere Themen humorvoll auf

So auch beim kooperierenden Bildungszentrum Wildberg, wo Manfred Theisen einen weiteren Begegnungstag gestaltete – große Motivation, die Themen in Nacharbeit weiter zu vertiefen.

In Wildberg kam Manfred Theisen bei den älteren Schülern – Acht- und Zehntklässlern – mit seinem spürbaren "Draht" zum jungen Publikum genauso gut an, weil er die eher "schweren" Themen rund um "Checkpoint Europa" humorvoll aufzubereiten und mit hoher Authentizität zu vermitteln wusste.

Ganz anders erlebten im Bildungszentrum die Fünftklässler den Autor der drei "Nerd-forever"-Bände, denen er aus "Im Würgegriff der Schule" vorlas. Die "Flohhüpfer" waren hoch konzentriert bei der Sache, und löcherten den vierfachen Vater Manfred Theisen mit Fragen. Denn der hochbegabte Nerd, Hauptperson des Buchs, ist ein Mobbing-Opfer, das selbst zum Täter wird – ehe er sich verliebt und schließlich zu reflektieren beginnt.

Natürlich hatte Manfred Theisen auch Autogrammkarten dabei – "Die sind noch aus der Zeit vor dem vierten Kind, da seht Ihr mal, wie gut ich früher ausgesehen habe!" –, die er gern für die Schüler signierte.

Auch diesmal ist wohl für alle Kooperationspartner des seit acht Jahren stattfindenden Projektes "Autorenbegegnung in der Schule" die sprichwörtliche Rechnung wieder aufgegangen: junge Leute fürs Lesen zu begeistern.