Martin Wurster (links), Ralf Albrecht und Anja Holland legten nicht nur ihre eigenen Positionen dar. Foto: Roller Foto: Schwarzwälder-Bote

Informationsabend: Synodale des Wahlkreises 20 berichten in Sulz am Eck von Tagung in Reutlingen

Nach der Tagung der Landessynode der baden-württembergischen Landeskirche in Reutlingen hatten die Synodalen der Kirchenbezirke Calw, Nagold und Neuenbürg zu einem Berichtsabend nach Sulz am Eck eingeladen.

Wildberg-Sulz. Der Wahlkreis 20 – bestehend aus den Kirchenbezirken Calw, Nagold und Neuenbürg – stellt vier von insgesamt 98 Synodalen, nur zwei der insgesamt vier Gesprächskreise sind durch Abgeordnete im Wahlkreis vertreten. Da Götz Kanzleiter von der "Kirche für morgen" sich aus terminlichen Gründen entschuldigen ließ, waren mit Ralf Albrecht, Anja Holland und Martin Wurster ausschließlich Mitglieder der "Lebendigen Gemeinde" vertreten, um von der Tagung zu berichten und weitere Fragen zu beantworten.

Trotz dieser Einseitigkeit vermochte es Ralf Albrecht, Dekan in Nagold, auch Gegenpositionen darzulegen – vor allem in der wichtigsten Frage, die die etwa 25 Anwesenden und auch das württembergische Kirchenvolk zur Zeit beschäftigen: die "Ehe für alle" und die Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Die Befürworter der "Ehe für alle" würden bei theologischen Diskussionen den "Jesuskern" des Evangeliums betonen, so Albrecht. Christus habe die Liebe über das Gesetz gestellt. Auch würde man bevorzugen "lieber mehr Segen zu vergeben", als bestimmten Lebensweisen den Segen vorzuenthalten.

Die Synodalen der "Lebendigen Gemeinde" stellten allerdings klar, dass sie aus biblischer Perspektive zu einem anderen Urteil kommen und darin wohl auch mit dem Großteil der etwa 25 Besucher im pietistisch geprägten Sulz übereinstimmten: Nach Gottes Schöpfungsordnung sei allein die Verbindung von Mann und Frau als Ehe zu verstehen und mit dem Segen der Kirche zu betrauen. Gerade das Fehlen von Götz Kanzleiter wurde von einem Zuhörer ausdrücklich als "sehr schade" empfunden, da er gehofft hatte, dessen Ansicht zu hören.

Obwohl die württembergische zusammen mit der bayerischen Landeskirche noch die einzige evangelische Kirche in Deutschland ist, die sich bisher weigert, gleichgeschlechtliche Paare öffentlich zu segnen, äußerte sich Ralf Albrecht zuversichtlich, dass dies auch vorerst so bleibe. Für grundsätzliche Änderungen z.B. des kirchlichen Trau-Rechts sei eine Zweidrittelmehrheit notwendig, die er derzeit für unwahrscheinlich halte. Er warnte zugleich vor Rechthaberei und forderte einen sanftmütigen und verständnisvollen Umgang mit anderen Ansichten.

Eigentlich war die "Ehe für alle" in der Synode nur ein Randthema, erst im Herbst wird es wieder intensiver um gleichgeschlechtliche Partnerschaften gehen. Doch neben der Bundestagsabstimmung hätten Äußerungen der Stuttgarter Prälatin Gabriele Arnold, die die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare forderte und die Schirmherrschaft des "Christopher Street Days" in Stuttgart übernehmen wird, das Kirchenvolk in Aufregung versetzt.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann verwies während der Tagung in Reutlingen darauf, "dass die Entscheidung des Bundestags zur Ehe keinerlei Folgen für die kirchlichen Rechtsordnungen haben müsse". Die Kirchen seien selbstverständlich ihren eigenen Normen verpflichtet. Dies garantiere das Grundgesetz.

Aus den über 20 Tagesordnungspunkten vom Wochenende wurden folgende Themen angesprochen: Trotz guter Finanzlage müsse die Landeskirche mit Blick auf die Zukunft die Mitgliederentwicklung im Auge haben, so Anja Holland aus Altensteig-Spielberg. Man dürfe nicht nur über den Mitgliederschwund klagen, sondern müsse einen Aktionsplan zur Bindung und Gewinnung von Mitgliedern entwickeln. "Wie wirken wir der Bedeutungslosigkeit entgegen? Hier sind Ideen gesucht!"

Auch die Digitalisierung hatten die Synodalen im Blick. Eine Gesangbuch-App und die Entwicklung von E-Learning-Plattformen, seien zwar noch keine "Kirche 4.0", aber man müsse sich dringend den Lebenswirklichkeiten der jüngeren Generationen öffnen, so Ralf Albrecht, der der "Digitalisierungskommission" der Landeskirche angehört.

Martin Wurster informierte über die Ausweitung eines Notlagefonds, der zur unbürokratischen Unterstützung von Menschen dient, die Hilfe brauchen und durch staatliche Mittel nicht oder nicht ausreichend schnell unterstützt werden können.

Die Synodalen bedankten sich beim Publikum für ihr Interesse und machten Mut, der Kirche verbunden zu bleiben – und sich schon die nächste Kirchenwahl im Herbst 2019 vorzumerken.