VHS und Sozialarbeit des Bildungszentrums initiieren Dialogforum über Integration

Von Uwe Priestersbach Wildberg. "Man muss einen Fremden kennenlernen, um ihn zu verstehen – aber man muss das auch wollen", erklärte die Islamwissenschaftlerin Kirsten Timme im Wildberger Bildungszentrum. Gleichzeitig skizzierte sie Beispiele für Gemeinsamkeiten und Trennendes zwischen Islam und Christentum.

Unter der Überschrift "Abgrenzung – Ausgrenzung – Annäherung" hatten die Wildberger Volkshochschule und der Bereich der Schulsozialarbeit des Bildungszentrums zu einem Dialogforum eingeladen – wobei sich auch etliche türkischstämmige Eltern an der teilweise lebhaften Diskussion beteiligten. Und so erinnerte Ulrike Schmelzle als Schulsozialarbeiterin einleitend daran, dass sich gerade in der Schule immer wieder die Frage ergebe, wie das Zusammenleben der Schüler aus unterschiedlichen Kulturen gestaltet werden kann. "Wir sind nicht nur ein Bildungszentrum, sondern auch ein Begegnungszentrum – und wir wollen Ausgrenzung abbauen", unterstrich Ulrike Schmelzle.

Wie Kirsten Timme in ihrem Vortrag anmerkte, seien sich die beiden monotheistischen Religionen in vielen ethischen Werten ähnlich. "Es gibt Gemeinsamkeiten", betonte die Nahost-Historikerin, doch müsse man in der Diskussion unterscheiden, was an der Religion liege und was mit Kultur und Traditionen zu tun habe. Gleichzeitig machte sie deutlich, dass eine wirkliche Integration nur gelingen könne, "wenn Migranten ihre eigene Kultur wertschätzen, aber ebenso die Aufnahmekultur".

Wie Integration aussehen kann, machte Cafer Sönmez in der anschließenden Podiumsdiskussion deutlich. Denn der Dozent, der auch türkischstämmige Familien betreut, war vor 33 Jahren nach Deutschland gekommen und wollte sich "nicht abgrenzen oder ausgrenzen, sondern annähern". In Sachen Integration ist er überzeugt, dass "die Migranten auch selbst Verantwortung übernehmen müssen". Gleichzeitig äußerte er das Gefühl, "dass Religion spaltet – und das ist gefährlich".

"Wir brauchen Annäherung, weil wir in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft leben", meinte Franz Röber. Der Landesjugendreferent der Evan- gelischen Kirche fügte aber auch hinzu: "Annäherung ist nichts für Feiglinge", denn es brauche Mut, um Wege des Friedens und Verstehens zu finden. Als Schlüssel zur Integration bezeichnete er die Bildung.

Lisbeth Sinner, evangelische Pfarrerin in Effringen und Schönbronn, hat bei ihren Kontakten mit Muslimen viele Menschen gefunden, "die ihren Glauben bewusst leben, was bei Christen oft nicht mehr der Fall ist – und das hat mich sehr wach gemacht". Sorgen machen ihr vor allem Kinder, die religiös nicht gebildet sind und sich nicht einordnen können. Denn der Weg der Annäherung müsse früh gegangen werden.

"Das sind auch Erziehungsgeschichten, wie man auf die Welt schaut", meinte Abdülselam Dal, der als Diplomvolkswirt unter anderem Einwanderer bei Bewerbungen und Existenzgründungen unterstützt. Und deshalb müssten Elternhaus und Umfeld die Identitätssuche der Jugendlichen zulassen, so Dal.

In der Diskussion wurde auch deutlich, dass die Ansichten unter den türkischen Eltern auseinander gehen. Während eine Mutter sich wünschte, dass die türkischen Schüler ihren Lehrern und Mitschülern mit Respekt begegnen, meinte eine andere Mutter, dass Muslime mit der Forderung nach Anpassung oft überfordert seien.

Ein ehemaliger türkischer Schüler des Bildungszentrums machte darauf aufmerksam, dass Integration keine Einbahnstraße sein dürfe. "Integration heißt, dass beide Seiten die Hände ausstrecken müssen", meinte er.