Kämpfen weiter um eine Rücknahme der Bebauungs- und Rodungspläne nördlich der Sulzer Straße auf dem Wildberger Wächtersberg: Thomas Kratzer (von links), Andreas Humboldt, Heike Beck und Kai Dierolf. Foto: Kunert

Bürgerinitiative Sulzer Straße wirft Wildberger Rathaus Lügen und Trickserei vor. Ortstermin soll Risiken klären.

Wildberg - Auf dem Wildberger Wächtersberg, vor allem entlang der Sulzer Straße, brodelt es mächtig. Mittlerweile liegt der Bebauungsplan der Stadt für das Wald-Areal nördlich der Sulzer Straße öffentlich aus, das die Anwohner so erzürnt. Acht Einfamilienhäuser sollen dort entstehen.

"Eine echte Frechheit des Rathauses", sagt Kai Dierolf. Ihm gehört das Haus, das östlich genau an das strittige Gelände angrenzt. "Als wir das Grundstück 2013 gekauft haben, hieß es von der Stadt, die Freifläche nebenan würde niemals bebaut werden. Aus Naturschutzgründen." Davon wolle die Stadt Wildberg nun aber nichts mehr wissen.

Thomas Kratzer: "Es gibt da eine echte Angstkultur"

Noch schlimmer für Dierolf: "Wir mussten damals eine Strafe an die Stadt zahlen, weil wir die alten Bäume auf unseren Grundstück auf keinen Fall fällen durften." Weshalb das Baufenster gegenüber dem Bebauungsplan etwas zur Straße hin verlegt werden musste. Auch der Wunsch Dierolfs, einen angrenzenden Feldweg als Zufahrt zur künftigen Garage nutzen zu dürfen, wurde damals vom Rathaus mit dem Hinweis abgeschmettert, "dass das auf keinen Fall ginge." Jetzt reibt sich Dierolf die Augen, weil genau dieser Feldweg zu einer Erschließungsstraße der neuen Baugrundstücke ausgebaut werden soll. "Das ist doch Verarschung."

Knapp ein Dutzend Mitglieder hat die Bürgerinitiative der Anwohner an der Sulzer Straße mittlerweile, mehr als 300 Unterschriften von Unterstützern haben sie schon gesammelt, die demnächst an die Stadt Wildberg übergeben werden sollen. Erst einmal nur formlos, um ein Stimmungsbild wiederzugeben. Nächste Stufe könnte sein, einen Bürgerentscheid zum geplanten Baugebiet auf den Weg zu bringen, wofür man aber Unterstützer auch abseits der Sulzer Straße mobilisieren müsste. Ob das gelingt? Da ist auch die Bürgerinitiative Sulzer Straße noch etwas skeptisch.

"Jeder, den wir hier in Wildberg ansprechen, sagt: ›Der Bürgermeister macht doch eh, was er will‹ ". Auch Thomas Kratzer ist Anwohner der Sulzer Straße, engagiert sich in der BI, die das Abholzen des Waldes nördlich ihrer Straße für das neue, 1,13 Hektar große Baugebiet verhindern will. "Es gibt da eine echte Angstkultur bei den Wildbergern", so seine Beobachtung. Wer noch "etwas Eigenes" mit dem Rathaus am Laufen hat – einen eigenen Bauantrag, ein Förderprojekt – wolle es sich nicht mit dem Schultes verscherzen: "Aus Sorge wohl vor Repressalien." Weshalb Kratzer und seine Mitstreiter Wildbergs Bürgermeister Ulrich Bünger "Regieren nach Gutsherrenart" vorwerfen. "Offene, transparente Bürgerbeteiligung sieht anders aus."

Die Mitglieder der BI gehen noch einen Schritt weiter: "Hier auf dem Wächtersberg ist es ein Thema, dass das mit Abstand schönste Baugrundstück im Viertel ausgerechnet an den Bürgermeister selbst ging." Zumal es direkt vor dem privaten Grundstück des Bürgermeisters (an der Wächtersberger Straße) auch Freiflächen gebe, die für eine Bebauung in ähnlicher Größenordnung wie nördlich der Sulzer Straße geeignet wären. "Und das dort wäre eine Sackgasse und keine Durchgangsstraße wie hier bei uns." Viel familienfreundlicher, zumal es an der Wächtersberger Straße (beziehungsweise der angrenzenden Hohenbergstraße) auch bereits einen Spielplatz für Kinder gibt.

Andreas Humboldt, so etwas wie der offizielle Sprecher der BI Sulzer Straße, hat derweil damit begonnen, den nun ausgelegten, geänderten Bebauungsplan akribisch durchzuarbeiten. Dreieinhalb Seiten mit Einsprüchen hat er bereits zusammengetragen. Darunter auch "Knaller", wie etwa der Versuch der Bauverwaltung, ein Baugrundgutachten des angrenzenden, bereits weitgehend bebauten Baugebiets "Lindenhalde II" einfach auf das nun neu überplante Gelände zu übertragen – obwohl in dem Gutachten ausdrücklich steht, dass es nicht auf andere Flächen und Standorte übertragen werden dürfe. Wieder: "Die verarschen uns doch – denken, sie können alles mit uns machen."

"Das ist doch glatt gelogen – wider besseres Wissen"

Und zwei, drei Absätze weiter heißt es im Bebauungsplan: "Das Landschaftsbild wird nicht beeinträchtigt" durch das neue, geplante Baugebiet. "Das ist doch glatt gelogen – wider besseres Wissens." Wenn der gesamte Hang vom Scheitelpunkt abwärts, wie geplant, mit seinem alten Baumbestand gerodet würde, "sieht man das vom Tal aus natürlich. Wir hier oben selbstverständlich auch." Das Landschaftsbild würde damit sogar mehr als nachhaltig verändert.

Der Verdacht der BI: "Irgendwie kann man den Eindruck gewinnen, von denen, die über diesen Bebauungsplan entschieden haben, war noch nie jemand selber hier und hat sich das Gelände wirklich angesehen."

Weshalb die BI jetzt plant, Gemeinderäte (und Bürgermeister mitsamt Verwaltung) demnächst zu einem Ortstermin einzuladen, um ihre Argumente vor Ort zu verdeutlichen. Zum Beispiel, dass es ebenfalls "vorprogrammiert ist, wenn man den gesamten Hang wie geplant hier oben abholzt", dass es zu massiver Bodenerosion und Hang-Rutschungen kommen wird – "bei dem krassen, vorliegenden Gefälle" von mehr als 45 Grad.