Die hohe Niederschlagsmenge der vergangenen Monate hat etwas Gute: Die Grundwasserspeicher in Deutschland sind wieder ausreichend aufgefüllt. Foto: dpa/Martin Schutt

Seit 2018 hatte die Natur in Deutschland mit Dürre zu kämpfen, vor allem im Norden und Osten des Landes. Diese Extremsituation ist jetzt Geschichte.

Nach den sehr nassen Herbst- und Wintermonaten ist die lange, extreme Dürre in Deutschland vorbei. „Die Dürre hat sich aufgelöst, das ist deutschlandweit eigentlich kein Problem mehr“, sagt der Leiter des Dürremonitors beim Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Andreas Marx, in Leipzig.

Seit 2018 hatten extrem trockene Böden bis in tiefere Schichten für gravierende Schäden vor allem im Wald und auch zunehmende Diskussionen über die Versorgungssicherheit beim Thema Wasser gesorgt.

Was versteht man unter Dürre?

„Eine Dürre ist ein Extremereignis. Jedes Extremereignis geht irgendwann vorbei“, erklärt Marx. Allerdings sei man in Deutschland eher Hochwasser oder Stürme gewöhnt, die wenige Stunden bis einige Tage anhielten.

„Eine Dürresituation über mehrere Jahre hat es in der Intensität seit 1867 nicht mehr gegeben“, so der Klimaforscher. „Wir waren darauf einfach schlecht vorbereitet.“

Skudden laufen über eine teilweise ausgetrocknete Wiese im Wildpark Schorfheide in Brandenburg (Archivbild) Foto: dpa/Fabian Sommer
Aufgerissen und ausgetrocknet ist eine Sandbank an der Niedrigwasser führenden Donau beim bayerischen Mariaposching (Archivbild). Foto: dpa/Armin Weigel
Zwei Frauen stehen auf einer durch den Wassermangel freigelegten Insel im Sylvensteinstausee beim bayerischen Lenggries (Archivbild). Foto: dpa/Peter Kneffel

Osten Deutschlands ist trockner als Westen

Aktuell gebe es lediglich im Osten Sachsens, Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns noch einzelne Regionen, in denen trockenere Böden registriert werden, sagt Marx. Das habe mehrere Gründe: Zum einen habe die Niederschlagsmenge 2023 rund 40 Prozent über dem langjährigen Mittel gelegen. „Je weiter man nach Osten kommt, desto niedriger ist allerdings der Überschuss.“

Zum anderen dringe das Wasser in Regionen mit einem hohen Ton- oder Lehmanteil im Boden langsamer nach unten.

Überarbeitung des Dürremonitors

Die Klimaforscher nehmen die aktuelle Situation auch zum Anlass, den Dürremonitor zu überprüfen. Er ist ein Berechnungsmodell für die Bodenfeuchte. Nach Auflösung der Dürre seien einzelne Fehlerquellen offenbar geworden, erläutert Marx.

Zum Beispiel habe eine Station in Hannover-Langenhagen die Niederschlagsmenge systematisch als zu niedrig erfasst. Die Folge war, dass dort fälschlich weiterhin eine Dürresituation angezeigt wurde.

Die vergangenen zehn Jahre waren trockener als im langjährigen Mittel. Doch sei abzuwarten, ob es sich dabei um eine längerfristige Entwicklung oder eine Schwankung von ein paar Jahren handle, betont der Meteorologe Andreas Brömser vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach.

Dem Dürremonitor des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung zufolge gab es auch im Deutschland der 1970er Jahre Zeiten, in denen die Böden bis in zwei Meter Tiefe sehr trocken waren – etwa 1976 im Norden und Westen Deutschlands. Doch in den vergangenen Jahren haben sich die betroffene Fläche und die Intensität vergrößert.

Und in Zukunft? Schwer zu sagen. „Temperaturen sind einfacher vorherzusagen als Niederschlagsmengen“, sagt Brömser.

Gute Nachricht für Wald- und Wasserwirtschaft

Die flächendeckende Auflösung der Dürre ist dem Experten zufolge für die Wald-, Forst und Wasserwirtschaft eine gute Nachricht. 2024 dürfte für diese Bereiche relativ entspannt werden. Aktuell sei so viel Wasser im Boden, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass sich dieses Jahr eine kritische Situation entwickeln werde.

Für die Landwirtschaft lasse sich eine solche Aussage nicht treffen. Marx: „Das Problem ist, dass man selbst im April nicht sagen kann, wie der Sommer wird.“ Die Landwirtschaft lebe bei ihren Sommerkulturen vom Niederschlag, der von April bis Oktober fällt. Es sei daher „absurd“ und falle eher unter Lobbyismus, wenn Verbände im Frühjahr vor einem erneuten Dürresommer warnen.

Info: Menschheit überfordert die Erde

Wie belastend ist die menschliche Zivilisation für die Erde?
Nicht nur die Klimawandel bedroht das Leben auf der Erde, sondern auch andere vom Menschen beeinflusste Entwicklungen. Dazu gehören etwa die knapper werdenden Süßwasserreserven, die Umweltverschmutzung und die Verringerung der Artenvielfalt (Biodiversität). Die Earth Commission, ein internationaler Zusammenschluss von Wissenschaftlern, hat nun sichere und gerechte Grenzen des Erdsystems benannt und in Zahlen gefasst. In ihrer Studie in der Fachzeitschrift „Nature“ schreibt die Gruppe um Johan Rockström vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), dass sieben von acht sicheren und gerechten Grenzen bereits überschritten seien. Aus Sicht der mehr als 40 Wissenschaftler gefährdet der Mensch mit seiner heutigen Lebensweise die Stabilität und Belastbarkeit des gesamten Planeten.

Biodiversität
Bei der Biodiversität zum Beispiel sehen die Studienautoren bereits zwei sichere und gerechte Grenzen überschritten: 50 bis 60 Prozent der Landfläche müssten naturbelassen sein oder nachhaltig bewirtschaftet werden, damit die natürlichen Leistungen der Ökosysteme wie Bestäubung, frisches Wasser und frische Luft erhalten bleiben. Derzeit treffe dies aber nur auf 45 bis 50 Prozent der Landfläche zu.

Klimawandel
Zum Tragen kommt das Gerechtigkeitskonzept auch beim Klimawandel: Während eine Erwärmung um 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter von den Wissenschaftlern noch als „sicher“ eingestuft wird, sehen sie die Erwärmung um maximal ein Grad als „gerecht“ an. Denn schon beim heutigen Stand seien mehrere zehn Millionen Menschen massiv vom Klimawandel betroffen, schreiben die Studienautoren. Diese Zahl werde sich mit jedem Zehntelgrad größerer Erwärmung drastisch erhöhen.

Menschheit benötigt zwei Planeten
Lebt die Menschheit unverändert weiter wie bisher, benötigt sie bis 2030 zwei Planeten, um den Bedarf an Nahrung und nachwachsenden Rohstoffen zu decken. Bis 2050 wären es knapp drei, prognostiziert der WWF in seinem jährlichen Umweltbericht. Zum Vergleich: 1961 benötigte die Menschheit nur zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Wie lange wird das noch gut gehen?
Dass angesichts der begrenzten Ressourcen ein globales Umdenken und Umsteuern stattfinden muss, ist unbestritten. Die Frage ist, wo der Hebel zu einem ökologisch nachhaltigen Weltwirtschaftssystem ansetzen soll. Acht Milliarden Menschen – bis 2050 werden es vermutlich mehr als zehn Milliarden sein – mit den elementaren Dingen des Lebens zu versorgen.