Zwei bekannte Hersteller homöopathischer Arzneimittel sind Wala aus Bad Boll und Weleda aus Schwäbisch Gmünd. Foto: imago//Jonas Walzberg

Die schwäbischen Hersteller homöopathischer Heilmittel Weleda und Wala üben Kritik an Lauterbachs Plänen, Homöopathie als Kassenleistung zu streichen. Weleda hat bereits negative Erfahrung mit einem ähnlichen Gesetz aus Frankreich gemacht.

In Bad Boll im Landkreis Göppingen stellt die Firma Wala die unscheinbaren Zuckerkügelchen namens Globuli noch in eigener Produktion her. Nach dem jüngsten Vorstoß von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der homöopathische Behandlungen als mögliche Leistung der gesetzlichen Krankenkassen streichen lassen will, stellt sich auch das fast 90 Jahre Unternehmen wieder der Frage nach der Bedeutung ihrer Produkte für die Gesellschaft.

 

Produkte wie das Mittel „Wala Aurum/Apis“, das stimmungsaufhellend wirken und die Nerven stärken soll. „Agropyron Globuli velati“ wirkt angeblich bei Schnupfen. In dem einen sollen Wirksubstanzen von Johanniskraut enthalten sein, in dem anderen Löwenzahn. Beide Mittel kann man schon für etwa zehn Euro erhalten. Von einem Inhaltsstoff kann man im fertigen Produkt jedoch nicht wirklich sprechen, denn es wurde nach Homöopathischem Arzneibuch hergestellt. Das bedeutet, dass von den erlesen Zutaten, die verwendet werden, nach vielen Verdünnungen praktisch nichts mehr nachweisbar ist. Dennoch werden zahlreiche ähnliche Produkte seit Jahrzehnten von Wala in Bad Boll hergestellt und aktuell auf ihrer Homepage beworben.

Laut Sprecherin Corinna Maliske lasse sich noch nicht seriös sagen, welche Auswirkungen Lauterbachs Vorstoß auf die Firma mit ihren 1000 Mitarbeitern haben werde. Auch wenn sie keine Aussage über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens treffen will, betont sie, dass Homöopathika in Deutschland noch immer sehr gefragt seien. Das geht auch beispielsweise aus einer aktuellen Allensbach-Studie hervor. „Mit seinem Vorstoß steht der Gesundheitsminister im Widerspruch zu dem, was das Gros der Bevölkerung einfordert“, sagt Maliske. Sie wehrt sich zudem gegen die Kritik, die ihre Produkte hervorrufen. Schon der Begriff „alternative Heilmethode“ sei irreführend. „Wir verstehen unseren Auftrag als Arzneimittelhersteller darin, einen Therapiepluralismus zu gewährleisten“, sagt sie. Außerdem seien die Arzneimittel von Wala beim Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte registriert oder zugelassen. Experten betonen hingegen, dass es keine wirklich guten Untersuchungen gebe, die nachweisen könnten, dass Globuli mehr Wirkung haben als Zuckertabletten. Eine Gruppe aus Wissenschaftler von der Donau-Universität Krems ist etwa im Jahr 2022 zusammen mit weiteren Experten zu dem Ergebnis gekommen, dass die Wirkung von homöopathischen Mitteln „erheblich überbewertet“ würden.

Ähnliches Gesetz in Frankreich seit 2019

Auch das Unternehmen Weleda in Schwäbisch Gmünd ist mit einem ähnlichen Gesetz aus Frankreich schon vertraut. Einige Produkte des anthroposophischen Unternehmens werden nach homöopathischen Verfahren hergestellt. In dem Nachbarland werden seit 2019 homöopathische Mittel nicht mehr von der Krankenkasse erstattet. Dies hatte letztendlich drastische Auswirkungen auf das Weleda-Werk in Huningue und zu einem Umsatzrückgang von 70 Prozent bei Arzneimitteln von Weleda in dem Land geführt. Neben eines Stellenabbaus auch in Schwäbisch Gmünd im vergangenen Jahr musste die Herstellung von anthroposophischen Arzneimitteln in Frankreich komplett eingestellt werden.

Laut Unternehmenssprecher Tobias Jakob wären die Konsequenzen aus einem ähnlichen Gesetz in Deutschland jedoch weniger drastisch. „Der Anteil der erstattungsfähigen Arzneimittel der Integrativen Medizin macht nur einen verhältnismäßig kleinen Teil am Umsatz aus“, sagt der Sprecher. Es bestünde daher kein Grund, die Produktion auch an den Standorten der Firma in Deutschland und der Schweiz einzustellen, sollte Lauterbachs Vorstoß umgesetzt werden. Einige Krankenkassen hätten in ihren Satzungen aufgenommen, beispielsweise die anthroposophischen Arzneimittel von Weleda auf freiwilliger Basis als Zusatzleistung anzubieten. Lauterbachs Vorstoß, den Krankenkassen zu verbieten, diese freiwillige Leistung anzubieten, sei laut Jakob eine erhebliche Einschränkung für den Wettbewerb der Krankenkassen und in die Therapievielfalt im Land.

Weleda: Ablenkung von eigentlichen Problemen

Auch für Weleda gelte, dass die Nachfrage sich weiterhin positiv entwickle. „Wir haben das Geschäftsjahr 2023 mit einem positiven Wachstum bei Umsatz und Ergebnis abgeschlossen“, sagt der Unternehmenssprecher. Viele Menschen würden gute Erfahrungen mit anthroposophischer Therapie machen. „Daher ist uns der Vorstoß von Herrn Lauterbach unverständlich“, sagt Jakob. Vielmehr würden die Aussagen des Gesundheitsministers den Blick von den drängenden Problemen im Gesundheitssystem ablenken und die Pluralität der Angebote in der Medizin einschränken. „Eine Streichung von Satzungsleistungen richtet sich vor allem gegen die Patienten mit niedrigen Einkommen, ohne nennenswerten Einspareffekt für die gesetzlichen Krankenkassen“, sagt Jakob.