Die Heizöl-Preise stiegen laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr um mehr als 50 Prozent – doch auch die Preise für Gas und Strom explodierten regelrecht. Das bekamen auch die regionale Wirtschaft zu spüren. Laut IHK Südlicher Oberrhein könnte es aufgrund des Ukraine-Kriegs sogar noch heftiger kommen. Foto: Lahrer Zeitung

Viele Ortenauer Unternehmen haben mit den im vergangenen Jahr drastisch gestiegenen Strom- und Gaspreisen zu kämpfen. Der Krieg in der Ukraine verschärft die Situation noch. Viele blicken nun mit großer Sorge auf den Energiemarkt.

Ortenau - Die Preise für Heizöl, Gas, Sprit und Strom sind in den vergangenen Monaten – bereits vor der jüngsten Eskalation in der Ukraine – drastisch gestiegen. Aus Zahlen des Statistischen Bundesamts geht hervor, dass Verbraucher im Januar 20,5 Prozent mehr für Energie bezahlen mussten als zu Beginn 2021. Heizöl (plus 51,9 Prozent) und Erdgas (32,2 Prozent) zogen demnach besonders an – das bekamen auch die Unternehmen in der Region zu spüren. Nun zeigt sich in Folge des Ukraine-Kriegs ein weiterer Anstieg vor allem beim Gaspreis.

"Es gibt Betriebe, die stark betroffen sind. Das führt sogar so weit, dass die Existenz bedroht ist", berichtete Jill Munga, Referentin Klimaschutz und Nachhaltigkeit bei der IHK Südlicher Oberrhein, unserer Zeitung. "Diese Unternehmen sprechen davon, dass sie bei gleichbleibenden Kosten den Standort zum Jahresende 2022 schließen müssten." Teilweise sind diese Betriebe schon von der EEG-Umlage befreit – die geplante Abschaffung 2023 würde hier also zu keiner wesentlichen Entlastung führen. "Und die aktuelle geopolitische Lage wird nochmals zur Verschärfung der Situation der Energiepreise beitragen", so Munga. "In Bezug auf die reinen Arbeitspreise sind Preissteigerungen von bis zu 100 Prozent zu erwarten", wenn sich nichts ändere.

Dass es aufgrund des Kriegs in der Ukraine noch heftiger kommen könnte, unterstreicht auch IHK-Geschäftsführer Dieter Salomon: Der Angriff Russlands auf die Ukraine werde schlimme, noch nicht absehbare Folgen haben. "So ist aktuell noch nicht vorherzusehen, ob Putin beispielsweise die Gaslieferungen an Deutschland einschränkt oder gar einstellt. Das würde die Energiekosten in enorme Höhen treiben, mehr als sich jetzt schon abzeichnet", mahnt Salomon. Die bereits erfolgten und noch kommenden Sanktionen halte er trotzdem für richtig und notwendig.

Von den noch nicht genau abzusehenden Konsequenzen sind vor allem energieintensive Unternehmen betroffen. So etwa die Grundstoffindustrie, also die Metall-, Stahl- und Kunststoffindustrie. "Die sehr großen Verbraucher dieser Branchen haben jedoch aktuell noch langfristige Verträge, über die sie sich weiterhin einen konstanten Strompreis gesichert haben", berichtet die IHK-Energieexpertin Munga. Kleinere Betriebe seien jedoch teilweise schon sehr stark betroffen.

Auch Johannes Ullrich, Präsident der Handwerkskammer Freiburg, betrachtet die Situation mit Sorge: "Insgesamt stellen wir im Handwerk eine enorme Preissteigerung bei den Einkaufspreisen fest. Dies betrifft Material- und Rohstoffpreise, aber natürlich auch Energiepreise", erklärt er gegenüber unserer Zeitung. "Ungeachtet der vielen Faktoren, die für diese Preissteigerung verantwortlich sind, sind die Folgen der aktuellen politischen Entwicklung in und um die Ukraine völlig unberechenbar."

Und wie geht’s konkret den Unternehmen in der Ortenau? Unsere Redaktion hatte sich bereits einige Tage vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine versucht, mittels gezielter Anfragen ein Stimmungsbild einzuholen. Womöglich aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Eskalation äußerten sich jedoch nur wenige. Keine Reaktion auf die Anfrage kam von den Badischen Stahlwerken, Schaeffler oder dem Europa-Park. Papierproduzent Koehler ließ unsere Zeitung immerhin wissen, dass man sich "unter anderem auf Grund der politischen Komponente" in der Presse nicht äußern wolle.

Der Schwanauer Maschinenbauer Herrenknecht teilte mit, dass er aufgrund langjähriger Partnerschaften in der Lage sei, relativ gut auf Lieferengpässe zu reagieren. Man habe Strategien entwickelt, um langfristig die Wettbewerbsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Mit welchen Mehrkosten das Schwanauer Unternehmen sich konfrontiert sieht, blieb unbeantwortet.

Deutlich konkreter wurde der Ortenauer Klinikverbund: "Das Ortenau-Klinikum rechnet für 2022 mit zusätzlichen Kosten im Energiebereich von rund drei bis vier Millionen Euro, sofern sich die Lage am Energiemarkt nicht verbessert", erklärte Pressesprecher Christian Eggersglüß bereits am Dienstag. Das Problem: Krankenhäuser könnten stark steigende Energiekosten nicht durch höhere Preise ausgleichen.

Mit einer Entspannung der Lage rechnet Energieexpertin Jill Munga derweil nicht: "Es ist davon auszugehen, dass sich die Preise dauerhaft einem gestiegenen Niveau anpassen werden und das Niveau von 2020 nicht wieder erreicht wird." Spätestens Ende 2022 würden sogar noch weitaus mehr Unternehmen von den hohen Energiepreisen betroffen sein.