Alles Messen half nichts bei der Windkraftanlage zwischen Oberiflingen und Dürrenmettstetten. Ohne Wind kein Lärm, wie Dieter Mezger schulterzuckend feststellte. Foto: Wagner

Salzstetter Bürger informieren sich zwischen Oberiflingen und Dürrenmettstetten. Geringe Arbeitsleistung der WKA.

Waldachtal-Salzstetten - "Eigentlich" erhofften sich die rund 20 Bürger aus Salzstetten von dem "Vor-Ort-Termin" an der Windkraftanlage (WKA) zwischen Oberiflingen und Dürrenmettstetten am Wochenende eine realistische Einschätzung hinsichtlich des Betriebslärms einer solch gewaltigen Anlage. Doch was vor Ort fehlte, war der Wind.

Die Rotorblätter der Anlage liefen fast im Leerlauf und schienen die Besucher damit verhöhnen zu wollen. Gerade einmal lächerliche 28 Kilowatt und in der Spitze um die 400 Kilowatt-Stunden produzierte die Anlage an diesem Tag, wie das digitale Tableau vor der WKA verriet. Von Volllast keine Spur – die WKA "dümpelte" bei rund zehn Prozent ihrer Nennleistung vor sich her. In der Ferne waren die drei anderen WKA deutlich in der Landschaft zu sehen: Zwei von ihnen ruhten sich an diesem Tag gänzlich aus.

Jawohl, die Windkraft wird benötigt, will Deutschland den Ausstieg aus der Atomenergie schaffen. Aber müssen WKA auch dort errichtet werden, wo die Windhöffigkeit gerade einmal so hoch ist wie die Minimalanforderung? Diese Frage stellen sich viele Bürger.

Rotmilan verspeist seelenruhig eine Maus in unmittelbarer Nähe

Da half es am Samstag auch wenig, dass Dieter Mezger sein Schallpegelmessgerät auspackte: Viel zu gering war die Arbeitsleistung der WKA, um wirklich ein aussagekräftiges Ergebnis erhalten zu können.

Und weil alles so schön "ruhig" war, ließ sich auch noch ein Raubvogel in unmittelbarer Nähe neben der WKA nieder. Und siehe da: Der Rotmilan, größter Feind aller WKA-Baugenehmigungen, verspeiste seelenruhig in rund 40 Meter Entfernung auf einem Ansitz seine eben gefangene Maus. Ein Bild der Idylle – der Vogel störte sich weder an den anwesenden Menschen noch an den leicht drehenden Rotorblättern.

Vor Ort waren die EnBW-Mitarbeiter Karl Kocheise und Michael Volz. Letzterer erklärte den überraschten Besuchern, dass diese Anlage in der Nacht sogar automatisch abgeschaltet werde. Immerhin, so Volz weiter, müsse dann ein maximaler Geräuschpegel von 40 Dezibel auf die Wohnumgebung eingehalten werden.

Weitere Fragen der Bürger bezogen sich auf den "Schalldruck" der Rotoren und den sogenannten "Infra-Schall". Betreiber halten letzteren natürlich für "harmlos", schließlich erzeuge jedes elektrisch betriebene Gerät einen Infraschall.

Das beruhigte die Bürger jedoch keineswegs, zumal Volz noch eine Änderung an den kommenden WKA verriet: Die Rotorblätter künftiger WKA, die jetzt schon rund 84 Meter Radius beschreiben, werden bei ähnlichen Anlagen um satte 40 Meter vergrößert. Das heißt natürlich auch, dass sich der Lärm, Schall- und Infraschalldruck erhöhen werden.

Der Infraschall, dessen Frequenz unterhalb von etwa 16 bis 20 Hertz liegt und vom Menschen nicht hörbar wahrgenommen wird, wird vor allem beim Betreiben von WKA thematisiert. Tatsächlich geben jedoch aktuelle, wissenschaftliche und veröffentlichte Messungen den Betreibern Recht: Demnach liege der Infraschall auch im Nahbereich der Anlagen bei Abständen von 150 bis 300 Metern deutlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen.

Das von den Salzstettern diskutierte Gebiet (Spitalwald, Altheimer Heiligenwald) liegt eben direkt vor deren Haustüre und die Landschaft weist eine völlig andere Topografie auf. Rund um den Oberiflinger Standort ist alles eben, wenden die Bürger daher ein: Dort könne sich der Schall auch ganz anders verteilen wie in der Salzstetter Gemarkung. Hier werde sich der Schall an Hängen, Bergkuppen und der nahen Bebauung brechen, befürchten die Anwohner.

Abschließend trafen sich die Bürger noch einmal in Dieter Mezgers "Bürgle-Park". Nirgends sonst ist die Aussicht auf das im Teilflächennutzenplan ausgewiesene Gebiet für WKA so unbehindert wie dort. Noch einmal wurde ein Fazit gezogen: "Windkraft muss sein, das wissen wir", sagte Eugen Schmid. "Doch sie darf nur dort errichtet werden, wo Mensch und Tier keine Auswirkungen erleiden." Gerade die Sicht vom paradiesischen Bürgle-Park aus ließ die Bürger auch erkennen, wieso viele der WKA-Gegner von der "Verschandelung" der Landschaft sprechen.

Doch noch ist es nicht soweit. Mit einem Bauantrag eines Betreibers muss auch das notwendige Gutachten eingereicht werden. Momentan gibt es weder in Waldachtal noch in der Gemeinde Haiterbach einen rechtsgültigen Teilflächennutzungsplan (TFNP). Theoretisch dürften Investoren derzeit überall dort einen Bauantrag für eine WKA stellen, wo es ihnen sinnvoll erscheint und die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt werden können.

Deshalb ist es der Gemeinde um Bürgermeisterin Annick Grassi auch wichtig, dass der TFNP für Waldachtal in Kraft treten kann. Dieser kann jedoch erst dann in die nächste Runde gehen, wenn ein entsprechendes Gutachten in Auftrag gegeben wird. Der GVV Dornstetten scheut diese Kosten und überlässt dies weiterhin den Investoren. Und hier wittern die Salzstetter das nächste Ungemach: "Wir bestehen auf einen wirklich unabhängigen Gutachter", argumentieren sie. Keinesfalls wollen sie, dass der beauftragte Gutachter eines Investors nach dem Motto handeln könnte: "Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing."