Interview: Der Schauspieler spricht darüber, wie ihn manche seiner Filme geprägt haben und was er noch vor hat

Wald achtal-Tumlingen. Nach seiner Vorstellung in der "Schenke&Mehr" in Tumlingen nahm sich Martin Semmelrogge Zeit, uns einige Fragen zu beantworten.

Warum kommt ein bekannter Schauspieler, der in der ganzen Welt herumkam und auf den großen Bühnen zu Hause war, ins Waldachtal?

Na, ich war ja gestern mit "Othello" hier. Das war der Grund. Ich war ja schon öfter im Kurhaus Theater in Freudenstadt. 2008 war ich schon hier mit "Das Geld anderer Leute", "Der Rosenkrieg" und noch Edgar Wallace mit "Die toten Augen von London".

Dann ist Ihnen die ländliche Gegend hier gar nicht so unbekannt?

Nee, ist mir nicht ganz so unbekannt. Ich fahr immer gerne mit dem Mountain-Bike hier in der Gegend, wenn ich noch ein bisschen Zeit hab.

Gestern standen Sie noch auf der Theaterbühne im Kurhaus in Freudenstadt in der Rolle Jago, einer Figur aus dem Shakespeare Stück "Othello". Heute präsentierten Sie ihr eigenes Programm. Zwei vollkommen unterschiedliche Auftritte.

Ja, das kann man sagen. Der Gegensatz könnte nicht krasser sein.

Ist das nicht eine große Herausforderung, wenn man da so einfach den Schalter umlegen muss?

Es ist gut, wenn ich heute mal so ein bisschen "Rock", ein bisschen lockerer machen kann, weil das war schon "heavy stuff", "Othello".

Warum war es "heavy stuff"?

Naja, es ist Shakespeare und Shakespeare den Leuten nahe zu bringen ist ja auch Kulturgut – es ist unsere Geschichte, unsere Politik, die Korruption sowie Wahrscheinlichkeiten und Fake-News in die Welt zu setzen: Also aus Verdacht Wahrnehmungen streuen, Neigungen anderer Menschen auszunutzen.

Also, ist die ganze Handlung für Sie "heavy stuff"?

Ja, der Jago ist ein ganz hinterfotziger, perfider Mensch, der auch sein eigenes Leben und seine Familie zerstört. Ist ihm auch egal, der geht über Leichen.

Hape Kerkeling behauptet stets, er sei heute noch so nervös vor Beginn der Show, wie zu Beginn seiner Karriere. Geht es Ihnen genauso?

Na, was heißt nervös? Mein Gott, das ist wie bei einem Sportler. Man muss sich vorbereiten wie im Training, in dem man den Text und die Rolle drauf hat und dann muss man das sportlich sehen. Ist natürlich klar: Aber wenn ein Fußballer die Chance hat zu spielen, dann darf der auch nicht nervös sein. Da muss man dann Profi genug sein. Mentale Stärke, aber natürlich ist da eine Aufregung. Nervosität wäre falsch, aber klar ist auch eine Spannung da. Das ist ja auch das Schöne. Das nennt man Lampenfieber, aber das ist ja eigentlich die Spannung die man da hat, der Kick auch...aber es ist natürlich auch Kraft, klar.

Mit Ihrem Vater standen Sie 1977, fünf Jahre nachdem ihre Karriere im Fernsehen begann, für die "Vorstadtkrokodile" vor der Kamera. Auch Ihre Kinder, Dustin und Joanna, haben ihr Leben der Schauspielerei verschrieben. Steckt dieser Familie das Schauspielern im Blut und wie stolz macht es Sie, die Karriere Ihrer Kinder zu verfolgen?

Ja, natürlich. Wir sind ein Schauspieler-Clan. Mein Vater war ja schon Schauspieler wie meine Mutter – das liegt schon im Blut. Man muss aber auch das Handwerk erlernen, das habe ich meinen Kindern auch immer gesagt. Man ist dann ja nicht mehr mit seinen Kindern auf der Bühne oder im Fernsehen, sondern man ist mit Kollegen zusammen, die ihren Job von der Pike auf richtig gelernt haben und die natürlich auch den Anspruch haben, den Namen ehrenvoll zu vertreten. Ja, das ist schon schön, wenn man mit seinen Kindern das Leben auch weiter miteinander teilt, auch beruflich. Das ist natürlich was anderes, wie wenn das Kind mal aus dem Haus ist und man telefoniert oder besucht es hin und wieder oder man trifft sich mal irgendwie im Urlaub oder so, aber der Zusammenhalt ist natürlich ein anderer, wenn man sich zusammen etwas erarbeitet und ein Stück spielt und dann auch seinen Erfolg damit hat."

Wenn man mit der Familie zusammenarbeitet, führt das nicht auch ab und an zu ein paar Streitigkeiten oder läuft alles harmonisch ab hinter den Kulissen?

Na, ich meine, man ist ja Profi und jeder macht seinen Job richtig. Klar, man kann sich mal einen Ratschlag geben oder man macht auch mal den Text zusammen, was sehr hilfreich ist. Das ist natürlich besser, als wenn man mit fremden Leuten übt, weil man hat den Respekt und es ist ja auch schön mit jungen Leuten zu arbeiten. Ich mach jetzt gerade die "Rocky-Horror-Show", wo ich auch mit vielen jungen Leuten arbeite und es hält einen ja auch selber jung. Man hat die Erfahrung, die man weitergeben kann und man gewinnt aber auch die Sichtweise der Jugend.

Sie spielten in der Vergangenheit oft die fiesen oder rüpelhaften Rollen. Selbst in der Serie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" hatten Sie die Rolle des Bösewichts inne. Können Sie das am Besten oder nervt Sie das manchmal, dass Sie häufig für solche Rollen angefragt werden?

Naja, nerven tut es mich nicht mehr. Es ist leider so in Deutschland, dass die Menschen die Schauspieler oft in Schubladen stecken. Das ist halt so, ist auch typisch deutsch so ein bisschen, was in Amerika nicht so der Fall ist. Da kriegst du auch mal andere Rollen. Ich hab jetzt auch schon andere Rollen gespielt. Der "Schlucke" (Bang, Boom, Bang) war ja jetzt überhaupt kein Bösewicht. Das war ja ein ganz harmloser Mensch. Man spielt auch andere Rollen, deswegen macht man ja auch Theater. Mein Gott, die Deutschen lieben halt Krimis und das ist halt immer ein Klischee und da muss man auch schauen, dass es gute Drehbücher sind und das heißt wiederum Geld. Und daran mangelt es ja auch immer. Als Schauspieler versucht man natürlich, sich Herausforderungen zu suchen wie ein Sportler. Ein Bergsteiger will ja auch nicht immer über den gleichen Hügel.

Suchen Sie weiterhin nach Herausforderungen oder anderen Rollen?

Ja, mein Gott, ich bin jetzt 62 Jahre alt. Ich hab eine große Karriere gemacht und was ich jetzt mache ist eine Zugabe. Ich muss das nicht machen. Ich mache das, weil ich es will und weil man noch am Ball bleibt. Ich lebe in Mallorca und habe da ein schönes Leben und ich freue mich, jetzt auch mal wieder andere Sachen zu machen und nicht nur vor der Kamera oder auf der Bühne zu stehen."

Hatten manche Rollen einen bestimmten Einfluss auf Ihr Leben?

Man lernt natürlich an jeder Rolle. Es ist ein Spiegeltyp, ein Prototyp, den man herstellt und natürlich nimmst du auch Erfahrungen aus deinem Leben und projizierst die auf deinen Gegenspieler. "Method-Acting" nennt sich das. Klar, du lernst natürlich immer dabei. Du hältst ja auch dein Gehirn jung. Wenn du nichts machst, dann verdummst du ja auch."

Wie sehen Ihre Pläne aus?

Na, ich mach jetzt noch mal Shakespeare, "Shakespeare in Love", mach die "Rocky-Horror-Show" gerade, dann mache ich noch ein Stück: Da spiele ich einen Rattenkönig. Ja, das sind erst mal die nächsten Aufgaben. Es gibt noch einen "Wacken"-Film, der wird dieses Jahr noch gedreht. Da werde ich auch dabei sein. Ich mache auch viel für "Wacken" und "Full Metal Cruise", wo ich ja auch mein "Rock & Read" mache zusammen mit dem genialen "Mutz" als Partner. Dann gibt es noch das zweite "Werner-Rennen", wo ich auch dabei bin. Was ich da mache, weiß ich noch nicht. Hat der Holger Hübner mir noch nicht verraten.

 Die Fragen stellte Andreas Wagner.