Der Anbau von Cannabis ist in Deutschland verboten. (Symbolbild) Foto: dpa

Angeklagter aus Waldachtal sieht seinen Fehler vor dem Amtsgericht Horb ein. "Ich wollte saubere Qualität".

Waldachtal/Horb - Nachdem ein Angeklagter sich gegenüber dem Amtsgericht als reumütig gezeigt hatte, gab es für den jungen Mann, der Cannabis angebaut hatte, eine milde Strafe.

So viel Einmütigke it von Staatsanwalt, Verteidiger und Richter gibt es eher selten vor Gericht. Es sei ein "besonderer Fall", der an diesem Nachmittag verhandelt wird, meinen alle Beteiligten vor dem Amtsgericht Horb. Ein "atypischer Angeklagter", wie ein Kriminalbeamter meint, der als Zeuge aussagt.

Weißes Hemd und weiße Weste

Der junge Mann, der in Horb auf der Anklagebank sitzt, trägt ein weißes Hemd und einen Vollbart, der Mann ist gelernter Industriemechaniker, hat seit vielen Jahren einen festen Job, verdient gut und ist nicht vorbestraft. Mit anderen Worten: Der Angeklagt an diesem Nachmittag ist alles andere als ein typische Vertreter, der mit dem Strafgesetz in Konflikt gerät.

Doch vor ein paar Monaten haben Polizei und Staatsanwaltschaft in seiner Wohnung in einem Ortsteil in Waldachtal eine "Indoor-Anlage" entdeckt, in der Marihuana angebaut wurde. 47,5 Gramm hochwertigstes, feinstes Marihuana konnten sichergestellt werden, zudem mehrere Tüten mit Cannabissamen, wie der Staatsanwalt ausführt. "Herstellung von Betäubungsmittel in nicht geringer Menge" – streng und schwerwiegend klingt dann die Anklage.

Angeklagter wollte die Qualität sichern

Die entscheidende Frage, die Richter Albrecht Trick und die übrigen Beteiligten umtreibt, ist natürlich nicht, ob es sich bei Marihuana nun tatsächlich um eine gefährliche Droge handelt oder nicht. Die seit Jahrzehnten anhaltende Debatte, ob man solcherart "weicher Drogen" nicht besser legalisieren sollte, darf das Gericht an diesem Nachmittag nicht interessieren. Es geht um das Gesetz und nur um das Gesetz.

Zügig und problemlos geht die Verhandlung voran. Ob die Vorwürfe denn zutreffen, will Richter Trick wissen? "Ja, sie treffen zu", meint der Angeklagte. Warum er das denn getan habe? "Ich wollte das Zeug nicht kaufen", so der Mann auf der Anklagebank – das klingt wie der sparsame Schwabe, die Kosten minimieren will. "Und ich wollte saubere Qualität", fügt er hinzu. Das Zeug, das man auf dem Markt bekomme, sei häufig "vom Geschmack und von der Qualität her schlecht".

Die Kernfrage, die das Gericht interessiert, ist allerdings eine andere. Richter Trick hakt nach: Ob der Angeklagte nicht doch vielleicht einen Teil seiner Ernte teuer verkaufen wollen? "Definitiv net", lautet die prompte Antwort auf schwäbisch. Im übrigen sei es die erste Ernte gewesen, die aufgeflogen sei, den Cannabissamen habe er sich per Bestellung aus dem Niederlanden besorgt, "Kosten etwa 300 Euro".

Anbau für den Eigenbedarf - Drogentest negativ

Handel oder Eigenbedarf? – das ist die Kreuzfrage, deren Antwort entscheidend ist für das Strafmaß. Ein Kriminalbeamter sagt aus, dass der Angeklagte nicht ins Raster der Drogenfahnder geraten sei, dass es keine Hinweise gebe, dass er Drogen verkauft hätte oder verkaufen wollte. Und als Beweis, dass der Angeklagte kein Rauschgift mehr konsumiert, habe er sich im Juni einem freiwilligen Drogentest unterzogen: Ob Marihuana, Haschisch, Opiate, Kokain oder andere Drogen: "Komplet negativ", so das Ergebnis. Gleich nach der Durchsuchung seiner Wohnung im Januar habe er das Marihuana aufgegeben, sagt der Angeklagte. "Mir hat’s gereicht!"

Dennoch, Herstellung von Drogen, "in nicht geringer Menge", gelte nun mal als Straftat, führt die Staatsanwaltschaft aus. Ins Gewicht falle dabei, dass es sich um qualitativ hochwertiges Gras handelte. "Wäre es schlechtere Qualität gewesen, wäre es günstiger ausgefallen." Doch schließlich habe man es hier mit einem "besonderen Fall" zu tun: Der Angeklagte habe einen Beruf, führe ein "geordnetes Leben", sei nicht vorbestraft und zudem geständig und kooperativ gewesen. Der Staatsanwalt plädiert für Milde, fordert statt Haft eine Geldstrafe: 120 Tagessätze zu je 70 Euro. Nach kurzer Beratung lässt auch Richter Trick Milde walten: 90 Tagessätze zu je 70 Euro, lautet sein Urteil. "Ich habe einen Fehler gemacht, es tut mir leid", sagte der Verurteilte.