Gemeinde: Nur noch Restsumme von 45 000 Euro offen / Baumaßnahme abgeschlossen / Pfarrer: Kirche bleibt im Dorf

Mehr als 86 300 Euro Spenden und Opfer hat die evangelische Kirchengemeinde für die Renovierung der Marienkirche Cresbach seit 2016 bekommen. "Das ist eine fantastische Zahl!", bilanziert Kirchenpflegerin Regina Martini.

Waldachtal-Cresbach. Das Gotteshaus bietet jetzt Wohlfühlatmosphäre in einem modernen Ambiente. "Gott die Ehre" soll im Mittelpunkt stehen. Das Schmuckstück hat in den Herzen der Cresbacher und Waldachtaler Kirchenbesucher einen festen Platz gefunden.

Die Renovierung der 1868/69 erbauten Kirche erfolgte in den Jahren 2017/18. Angebaut wurde ein neuer Gemeindesaal. Die Piazza mit ihrem südländischen Flair eröffnet auf dem Kirchplatz ungeahnte Möglichkeiten zu Begegnungen und Festen. In Cresbach ist ein neugestalteter Ortsmittelpunkt entstanden. Die Einweihung feierten die 425 evangelischen Gemeindemitglieder am 15. Juli 2018. Seit Januar 2020 ist die Abschlussrechnung fertig. "Die Renovierung und der neue Gemeindesaal haben 691 900 Euro gekostet", bestätigt Kirchenpflegerin Regina Martini. 60 Prozent der Gesamtkosten selber zu stemmen, war eine große Herausforderung. Und das ist jetzt fast geschafft. Den größten Anteil hat die Kirchengemeinde über Rücklagen, Anteilsbeiträge aus dem Haushalt, Spenden, Opfern, Erlöse aus Gemeindefesten und mehr als 800 Stunden Eigenleistungen unter Regie des ehrenamtlichen Bauleiters Hans Ziefle selbst aufgebracht. Kuchenbäckerinnen haben zahllose Kuchen gebacken. Selbstverständlich hat Cresbach auch Unterstützung vom Kirchenbezirk und von der Landeskirche bekommen.

"Mit der Schlussrechnung sind noch 45 000 Euro offen", teilt Martini mit. "Der Kirchengemeinderat wird beraten, wie dieser Restbetrag finanziert werden soll." Martini macht ein Rechenbeispiel, was für ein Betrag rechnerisch auf alle evangelischen Gemeindemitglieder in Waldachtal ab 25 Jahren fallen würde, um diesen Restbetrag von 45 000 Euro stemmen zu können. Die evangelische Gesamtkirchengemeinde Waldachtal hat aktuell 1846 Mitglieder. Davon sind 1409 älter als 25 Jahre. Das ergibt dann pro Gemeindemitglied einen Betrag von 31,94 Euro. Kirchenpflegerin Martini meint: "Wenn sie 31,94 Euro spenden wollen, freuen wir uns sehr." Und schlussendlich wäre dann die große Baumaßnahme der Cresbacher Kirche vollends abgeschlossen. Jetzt gilt es, lebendige Gemeinde zu leben.

Genutzt wird der neue Gemeindesaal in Cresbach seither insbesondere vom evangelischen Frauenkreis, von der Jungschar und von der Kinderkirche.

Die schmucke Marienkirche ist offen für alle Besucher der Gottesdienste und Veranstaltungen. Martini: "Und sie sind es, die mit ihrer Anwesenheit unserer Marienkirche einen Sinn und eine Bestimmung geben." Dazu passen die Jesus-Worte: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen (Matthäus 18,20)." Bis auf Weiteres können in der Marienkirche in Cresbach wie in alle anderen kirchlichen Einrichtungen wegen der Corona-Pandemie keine Gottesdienste und Veranstaltungen stattfinden. Jeden Abend um 19.30 Uhr rufen die Glocken zum Gebet.

Schon in der Planungsphase ab 2014/2015 standen immer wieder Fragen im Raum: Können wir so eine Renovierung und einen Neubau finanzieren? Ist es sinnvoll in der heutigen Zeit so viel Geld in ein Kirchengebäude zu investieren? Pfarrer z.A. Johannes Wegner, der seit September 2019 in Waldachtal im Dienst ist, nimmt heute dazu Stellung: "In Ost- und Norddeutschland ist es keine Seltenheit, dass Kirchen einem anderen Zweck zugeführt werden. Die neuen Hausherren haben das nötige Geld, den Bau zu erhalten, das Dach neu zu decken, die Fassade zu erneuern. So stehen diese Kirchen wieder gut da. Sie sehen ganz wie Gotteshäuser aus – doch es wird darin nicht mehr gebetet, nicht mehr das Abendmahl gefeiert, nicht mehr das Evangelium gepredigt, keine Taufe oder Hochzeit gefeiert. Diese Entwicklung zu beobachten ist  schmerzlich, bleibt es doch komisch, wenn eine Bank oder ein Casino in jene Räumlichkeiten einziehen, wo einst Menschen das Lob Gottes anstimmten, Segen Gottes empfingen, Trost und Hoffnung fanden. Leider wird dies in Zeiten, in denen man mehr auf das Geld achten muss, wohl kein Einzelfall bleiben."

Froh ist der neue Gemeindepfarrer über die Realisierung durch motivierte evangelischen Gemeindemitglieder in Waldachtal: "Genau in diesen Zeiten haben sich die Waldachtaler nach reichlichen Überlegungen entschieden, die Marienkirche in Cresbach zukunftsfähig zu machen. Warum? Weil sie wollen, dass die Kirche im Dorf bleibt!" Wegner unterstreicht: "Als Pfarrer bin ich natürlich darüber sehr dankbar, denn ich glaube, dass wir damit einen Ort haben, wo Himmel und Erde sich berühren und Menschen Frieden mit Gott bekommen. Was gibt meinen Leben Würde und Wert? Was öffnet den Himmel? Wer kann mir in Schuld und Selbstanklage Frieden schenken? Diese Themen beherbergt die Marienkirche seit über Generationen hinweg."

Und zur aktuellen Pandemie-Lage meint der Geistliche: "So wichtig und richtig es ist, dass die Marienkirche gerade geschlossen ist, ist dies sehr schmerzlich. Wir haben uns daher entschieden, Online-Gottesdienste zu produzieren. Zwei Jugendliche aus Salzstetten loben dieses Online-Angebot. Lasse und Finn Propupek schrieben ins Gästebuch: ›Hallo Herr Pfarrer Wegner, vielen Dank, dass wir auf diese Weise die Möglichkeit haben, trotzdem am Gottesdienst teilzunehmen. Liebe Grüße und bleiben Sie gesund!‹ Am kommenden Sonntag laden wir ein, virtuell in der Marienkirche Platz zu nehmen und dabei zu sein."

Abrufbar ist der Online-Gottesdienst unter: www.gmeinde. waldachtal.elk-wue.de