Jochen Gehring (links) und Lothar Bisinger zeigen Prototypen des neuartigen Torwarthandschuhs. Foto: Flad

Jochen Gehring ist Physiotherapeut, unter anderem der TSG Balingen. Mit seiner Idee eines neuartigen Torwarthandschuhs ist er für der Artur-Fischer-Erfinderpreis nominiert.

Balingen/Bisingen - Jochen Gehring ist mit dem Fußball eng verbunden. Er spielte einst selbst aktiv und ist heute bei den "Alten Herren". Und viele Sportler kommen in seine Physiopraxen "rehAktiv" in Bisingen und "Körperbau" in Balingen.

Vor allem aber hat Gehring als auf Orthopädie und Chirurgie spezialisierter Physiotherapeut einen besonderen Blick auf Sportverletzungen. Beispielsweise Kapselrisse, wie sie in den Händen von Torhütern auftreten können: Wird ein mit Wucht getretener Ball mit den ausgestreckten Fingern pariert, kann das leicht zu Überdehungen führen, erläutert der 47-jährige gebürtige Hechinger: "Die Hände ›klappen‹ dann einfach nach hinten."

Herkömmliche Handschuhe bieten dagegen keinen Schutz: Deren verstärkende Plastiksegmente sind auf der Oberseite der Finger angebracht.

Gehrings Erfindung verfügt hingegen an den Fingerinnenseiten über unelastische Bänder, so wie die menschlichen Sehnen, die zudem individuell eingestellt werden können. Der Handschuh bietet damit einen besseren Schutz vor Überdehnungen und Verletzungen, ist der Gesundheitsfachmann überzeugt.

Auf die Idee ist Gehring gekommen, als er 2018 Spieler der saudi-arabischen Fußball-Nationalmannschaft betreute. Dabei wurde er auf die besondere Verletzungsproblematik von Torhütern aufmerksam, als er deren Handschuhe begutachtete: "Der Schutz an der Außenseite macht keinen Sinn."

Erste Versuche positiv

Gehring kam ins Gespräch mit dem ebenfalls im Umfeld der Saudi-Kicker tätigen Heiligenzimmerner Lothar Bisinger, der damals für den Balinger Sportartikelhersteller Uhlsport arbeitete. Gemeinsam machten sich die Männer Gedanken, was ein besserer Torwarthandschuh können sollte. Schon im selben Jahr meldete Gehring seine Idee zum Patent an.

Die Prototypen sind inzwischen zu 90 Prozent produktionsreif, ihre Erprobung läuft. So trugen etwa die TSG-Torwarte Julian Hauser und Marcel Binanzer versuchsweise schon Gehrings Erfindung an den Händen: "Die Resonanz ist sehr gut", freut sich Gehring.

Jetzt sind die neuen Handschützer aus dem Zollernalbkreis für den Artur-Fischer-Preis der Baden-Württemberg-Stiftung nominiert. "Auf das erste Anschreiben habe ich gar nicht reagiert", sagt Gehring fast verlegen. Erst beim zweiten Aufruf füllte er das Anmeldeformular aus. Sein Torwarthandschuh wurde daraufhin unter 100 Bewerbungen für die Finalrunde der besten zehn Erfindungen nominiert (siehe Info).

Ob er eine Chance hat, zu gewinnen? "Das kann ich nicht einschätzen", sagt Jochen Gehring. Aber es sei "absolut toll", überhaupt für die Endrunde ausgewählt worden zu sein. "Damit haben wir nicht gerechnet." Er bedauert nur, dass er wegen Corona am Montag nicht persönlich in Waldachtal sein kann, um sich dort mit anderen Erfindern auszutauschen.

Was er mit dem Preisgeld machen würde, falls er unter die drei Besten gewählt wird? Darüber wollen er und sein Mitstreiter Bisinger sich Gedanken machen, wenn es soweit ist – "vielleicht spenden". Viel wichtiger ist dem Physiotherapeuten Gehring aber, "dass aus der Idee etwas Tolles wird".

Ergebnis wird am 28. Juni bekanntgegeben

Die Chancen dafür stehen gut: Bisinger arbeitet inzwischen für die Firma "T1tan", die auf die Herstellung von Torwarthandschuhen spezialisiert ist und derzeit die Nummer-Eins-Keeper von vier Bundesliga-Vereinen ausstattet. Dieses Unternehmen, an dem auch der ehemalige Nationaltorhüter René Adler beteiligt ist, will den von Gehring und Bisinger entwickelten Handschuh herstellen, teilweise aus Textilien aus recyceltem Kunststoff.

Weil "T1tan" nur direkt verkauft, soll das Produkt auch günstiger werden. Davon sollen nicht zuletzt Jugend-Fußballer profitieren. Denn gute Torwarthandschuhe kosten weit über 100 Euro, weshalb sie für den Jugendbereich kaum gekauft werden. Dabei, weiß der TSG-Physiotherapeut Gehring, "ist eine Ausstattung, die vor Kapselverletzungen schützt, besonders bei Torhütern wichtig, die noch im Wachstum sind".

Die Baden-Württemberg-Stiftung vergibt seit 2001 alle zwei Jahren den Artur-Fischer-Erfinderpreis. In diesem Jahr waren Bewerbungen dafür bis zum 28. Februar möglich. Jochen Gehring war einer von rund 100 Bewerbern in der Kategorie für private Erfinderinnen und Erfinder. Mit seinem neuartigen Torwarthandschuh wurde der gebürtige Hechinger als einer von zehn Teilnehmern für die Endrunde ausgewählt. Die eingesandten Erfindungen werden von einer Jury hinsichtlich ihres Innovationspotenzials, Nutzens für die Allgemeinheit sowie der Initiative bei der Umsetzung beurteilt.

Die drei Erstplatzierten werden am kommenden Montag, 28. Juni, in Waldachtal am Firmensitz der Fischerwerke GmbH & Co. KG bekanntgegeben. Der Artur-Fischer-Erfinderpreis ist in der Kategorie privater Erfinderinnen und Erfinder mit 10 000, 7500 und 5000 Euro für den ersten, zweiten und dritten Platz dotiert.