Völlig überfordert! Foto: Melanie Geitlinger

Recherchieren, nachhaken, manchmal festbeißen und am Ende Klartext schreiben. So lautet in Kurzform das Kerngeschäft des Redakteurs. Nicht immer gefällt den Protagonisten das Ergebnis unserer Arbeit, weil die Artikel nicht selten Fehler und Verfehlungen aufdecken. Heute ist es Zeit, auf die andere Seite zu treten – zu zeigen, dass Journalisten nicht nur draufhauen können, sondern durchaus fähig sind zur Selbstreflexion.

Als E-Autofahrer ist es für mich zweiwöchentliche Routine, den Wagen morgens mit leerem Akku an einer städtischen Ladesäule anzuschließen, um ihn mittags vollgeladen in die Tiefgarage zu fahren. Bisher lief das völlig unproblematisch, im Nachhinein zu unproblematisch.

Denn diese Woche erwartete mich auf dem Rathausplatz nicht nur ein wohl genährtes Gefährt, sondern auch ein Knöllchen. Der erste Gedanke war: „Meinen die das ernst? Haben die das leuchtend-gelbe Kabel nicht gesehen, das da hinten aus dem Heck ragt?“ Der zweite Gedanke war eine Überschrift: „Trotz laufendem Ladevorgang – Stadt verteilt Strafzettel an E-Autofahrer“. Der dritte Gedanke ließ etwas auf sich warten, kam dafür aber mit Wucht: „Mist!“

Ich hatte das Schild über dem Stellplatz übersehen, das auf eine Parkscheiben-Pflicht hinweist. Die gibt’s, um ausschweifendes Parken und damit ein Blockieren der Ladesäulen zu verhindern. Hatte ich zwar nicht getan. Aber Regeln sind Regeln, weshalb der nächste Griff ans Handy ging, um flugs das Bußgeld zu überweisen. Im glücklichen Wissen, bislang unterm Radar des Ordnungsdiensts geblieben zu sein.

Doch genug der Mea-culpa-Attitüde: Nächste Woche werde ich mal im Rathaus nachfragen, ob man mir für die 20 Euro eine Spendenbescheinigung ausstellt. So leer wie die Stadtkasse derzeit ist, ist die Zahlung doch sicherlich bereits als Unterstützung eines wohltätigen Zwecks zu verbuchen...