»Ich bin quasi ein lebendes Navi«, sagt Anke Gläser über sich selbst. Foto: privat

Im Porträt: Die 32-jährige Rallyefahrerin Anke Gläser aus Witterhausen. Nebenher Dessous-Model.

Vöhringen-Wittershausen - Anke Gläser ist ein echter Hingucker. Egal, ob sie im derben Rennoverall im pinkfarbenen Rallyewagen sitzt oder sich in zarten Dessous über den Laufsteg bewegt.

Sie liefert den Beweis, dass man auch mit Benzin im Blut durch und durch eine Lady sein kann. "Ich hatte es schon immer mit Autos", erzählt die 32-Jährige, die seit 2009 in Wittershausen lebt. Quatschten ihre Schulkameradinnen früher über die neuesten Klamotten oder die angesagteste Disko, stand Anke Gläser bei den Jungs und schwärmte von Sechs-Punkt-Gurten und modifizierten Fahrwerken.

"Mein Vater fuhr schon Rallyes, er hat mich mit seiner Leidenschaft angesteckt." Es geht ihr nicht ums schnelle Fahren oder gar ums Rasen. Nein, ihr gefällt das präzise Lenken, das saubere Hineinfahren in eine Kurve, das Austüfteln von Fahrten in Kehren, das extreme Fahren auf abwechslungsreichen Strecken. "Einfach nur Runden auf der Rennstrecke zu drehen, wäre mir zu langweilig."

So war es nur konsequent, als sie Ende 2009 ihre Karriere als Co-Pilotin begann. "Ich bin quasi ein lebendes Navi", erläutert sie. Anke Gläser erteilt ihrer Team-Partnerin die Fahr-Befehle. "50 R4 sof L4" steht da beispielsweise in ihrem "Gebetbuch" – das schon mal 80 oder 90 Seiten stark sein kann. Soll heißen: In 50 Metern kommt eine Rechts-Kurve, anschließend sofort eine Linkskurve, die Zahl beschreibt die Biegung der Kurve, wie stark das Gaspedal gedrückt werden darf.

Anke Gläser verständigt sich unter den Jet-Helmen mit ihrer Pilotin Melanie Schulz über Funk. "Wir haben uns über ein Rallye-Forum im Internet kennengelernt." Die Chemie bei den beiden stimmte sofort, und nun sind sie das starke Frauen-Team im Suzuki Swift, 128 PS, knapp 1600 Kubik.

"Ich vertraue ihr blind"

Für die laufende Saison sind zwölf Rennen geplant. Anke Gläser: "Ich vertraue ihr blind." Die beiden fahren für den Motorsport-Verein von Melanie Schulz (AC Helfenstein, www.melanieschulz.de), die aus Drackenstein stammt, und gelten mittlerweile bei der Konkurrenz als ernstzunehmende Gegner. "Beim letzten Rennen Ende April in der Nähe von Erfurt belegten wir den dritten Platz."

Die Rennserie, die sich Anke Gläser und Melanie Schulz ausgesucht haben, findet größtenteils auf öffentlichen Straßen statt. "Nur auf den Verbindungsetappen muss man sich nicht an die Straßenverkehrsordnung halten. Auf den Wertungsprüfungen darf Gas gegeben werden." Es geht um die exakte Zeit – kommt man zu früh oder zu spät an den Messstellen an, gibt’s Strafpunkte.

Das erklärte Ziel: "Heil durch die Saison kommen." Wie es sich anfühlt, das Ziel nicht zu erreichen, weiß Anke Gläser nur zu gut. Gleich bei ihrem ersten Rennen, damals in einem Golf zwei und mit einem anderen Piloten, kam es zu einem Unfall, und sie wachte im Bundeswehrkrankenhaus in Ulm auf. Gott sei Dank ohne größere Verletzungen. Anke Gläser: "Ich dachte mir: Jetzt erst recht."

Die rennfreien Wochenenden sind für ihren siebenjährigen Sohn und ihren Partner reserviert – und für den Laufsteg. Anke Gläser, die aus Illertissen stammt und in einem Verlag arbeitet, nimmt regelmäßig an Dessous-Modeschauen teil. "Eine Freundin von mir hat einen Dessous-Laden, und so kam ich zu dazu." Übrigens: Auf den Fahrten dahin sitzt sie prinzipiell vorne – "hinten im Auto wird’s mir regelmäßig schlecht."

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Was wären Sie außer dem, was Sie heute sind, gerne geworden? Eigentlich bin ich mit meinem Leben so ganz zufrieden. Sicherlich gibt es immer Dinge, die man besser hätte machen können. Aber ich denke, solange man gesund ist und jeden Tag aufstehen kann und einen Job hat, sollte man mit dem zufrieden sein, was man hat. Was halten Sie für Ihren größten Vorzug? Ich denke, dass mein Humor zu einer meiner größten Eigenschaften zählt, ich lache sehr gerne. Wovor haben Sie Angst? Vor dem alt werden. Ich habe Angst, dass ich im Alter auf fremde Hilfe angewiesen bin und gesundheitliche Schwächen beziehungsweise Wehwehchen habe. Ihr Lieblings-Ort in der Region? Das Fitness-Studio InJoy in Sulz, hier verbringe ich viel Zeit, um mich fit zu halten. Welche Charaktereigenschaften setzen Sie ganz oben an? Für mich ist Toleranz sehr wichtig. Da ich vom Äußeren nicht dem Durchschnitt entspreche (Tattoos und Piercings), ist es mir wichtig, so toleriert und akzeptiert zu werden, wie ich bin. Welche Weisheit würden Sie Ihren Mitmenschen gerne ans Herz legen? Man sollte das Leben nicht so verbissen sehen. Schließlich hat man im Alltag Stress genug, da sollte man in seiner oft knapp begrenzten Freizeit Dinge tun, die einem Spaß machen, und man sollte sein Leben so gut es geht genießen.