Nicht alle Leiharbeiter werden als Arbeitnehmer zweiter Klasse gehandelt. Foto: Bergmann

Helfer auf Zeit zu Dumpingpreisen - so sehen auch die Ansprüche mancher Unternehmen in der Region aus.

Villingen-Schwenningen - "Haben Sie kurzfristig jemand für die Produktion? Und am besten schön günstig?" So sehen die Ansprüche mancher Unternehmen auch in der Region aus. Doch nicht allen Betrieben geht es nur um austauschbare Leiharbeiter zu Dumpingpreisen.

Anja Trenkle, Chefin der Aspo Personalmanagement GmbH, weiß nur zu genau, was sich in der Zeitarbeits-Branche teilweise abspielt. Ihre Firma hat unter den gut 50 Kunden, die in der Kundenkartei stehen, nur Unternehmen, die nicht nur die tariflich vorgeschriebenen Mindestlöhne akzeptieren, sondern auch branchenübliche Zuschüsse, die stufenweise angehoben werden.

Auf die Generalkritik an Zeitarbeitsfirmen entgegnet sie: "Wenn sich Unternehmen dafür interessieren würden, ob die Zeitarbeiter ihr Auskommen haben oder nicht, wäre alles ganz anders." Und in der Tat hat auch sie schon den einen oder anderen Kunden in spe dadurch vergrault, "dass wir zu teuer sind und ein ordentliches Salär für unsere Leute fordern".

Wenn es nach Reiner Neumeister ginge, erster Bevollmächtigter der IG Metall in VS und Freudenstadt, gäbe es überhaupt keine Leiharbeit "nach jetzigen Zuschnitt" mehr. Einig ist er jedoch mit Trenkle, dass mehr Interesse der Unternehmer und überhaupt mehr Transparenz bezüglich der Löhne sicherlich nicht schaden könne. "Das würde mehr Licht in dieses Grau bringen", zumal seinen Schätzungen nach in der Region der Anteil der Zeitarbeiter in einem Unternehmen durchaus bei 30 Prozent liegen könne.

Ja, wenn sich die Unternehmen nur interessierten, "tun sie aber häufig nicht", kommentiert ein Betriebsratsvorsitzender aus der Region solche Vorstellungen. "Den Firmen ist es wichtig, möglichst billig an flexible Arbeitskräfte zu kommen, die Zeitarbeitfirmen möchten Geld verdienen und auf der Strecke bleibt der Leiharbeiter." Wer bei einer Zeitarbeitsfirma anheuert, kann deshalb auch mitunter sein blaues Wunder erleben und muss oft mit 900 Euro netto im Monat kalkulieren.

Andere Unternehmen, in der Hauptsache Inhaber geführte Betriebe, zahlen dem Vernehmen nach Leiharbeitern höhere Stundenlöhne, und von Anfang an nicht nur die festgesetzten 8,20 Euro. Neumeister bestätigt diese Beobachtung. "Je näher der Bezug zu den Mitarbeitern ist, desto besser ist zum Teil die Bezahlung." Wenn alles glatt und nach dem zumindest in der Metallbranche verhandelte Tarif läuft, kommen "anständig bezahlte" Zeitarbeiter auf mehr als 80 Prozent des Lohnes, der dem Stammpersonal ausbezahlt wird.

Andererseits beklagen sich auch Zeitarbeitsfirmen über ihre eigene Branche. Über so manche "Machenschaften" hatte der Schwarzwälder Bote berichtet: Einer Produktionshelferin aus VS war nach fast zwei Jahren bei einer Firma fristlos gekündigt worden, weil sie eine neue, ihr angebotene Arbeitsstelle im Stuttgarter Raum abgelehnt hatte. Die Frau sollte um 6 Uhr morgens anfangen. Illusorisch, denn eine Zugverbindung gibt es erst nach 5 Uhr. Branchenkenner sind sich einig: "Solche Schikanen sind gang und gäbe bei einigen Zeitarbeitsfirmen, um sich bequem eines Mitarbeiters zu entledigen." Vorgänge, die auch in der Branche selbst umstritten sind, wie nicht nur Anja Trenkle bemerkt. Auch der Leiter der Villinger Orizon-Niederlassung kann solche Angebote nicht nachvollziehen: "Wir versuchen, unsere Leute wohnortnah einzusetzen und nicht weiter als in einem Umkreis von 30 Kilometern".

Der Hintergrund für manche Schikane: Nach 24 Monaten hat jeder Leiharbeiter das Recht, eine feste Arbeitsstelle angeboten zu bekommen. "Deshalb heißt es für viele nach spätestens 24 Monaten wieder zurück auf Los", bemerken nicht nur Betriebsräte voller Sarkasmus.