Sie beantworten beim Energiewendetag im Umweltzentrum Fragen (von links): Dimitri Vedel (Bodenseestiftung), Petra Neubauer (Klimaschutzmanagerin), Bernd Deutschbein (Stadtwerke SVS), Simon Scholl (IHK), Henning Ausmann (Professor für Betriebswirtschaftslehre und Initiator der Ideenwerkstatt Dorfzukunft), per Skype zugeschaltet. Foto: Schimkat Foto: Schwarzwälder Bote

Ausstellung: Im Umweltzentrum werden den Besuchern eindrucksvoll nachhaltige Wege aufgezeigt

"Effizient. Einfach. Besser. Leben – Anpacken für eine lebenswerte Zukunft" – der Energiewendetag 2019 fand am Wochenende in 250 Orten in Baden-Württemberg statt und legte den Finger auf den Irrglauben der Industriestaaten, dass die Ressourcen, die wir tagtäglich verbrauchen, uns für immer zur Verfügung stehen werden.

VS-Schwenningen. Die Ausstellung im Umweltzentrum will den Besuchern aufzeigen, dass jeder etwas für eine lebenswerte Zukunft tun kann. Das Referat von Professor Henning Austmann, der der Ausstellungseröffnung per Skype zugeschaltet war, zeigte Wege auf, wie man zu einem echt nachhaltigen Lebensstil finden kann, denn: "Unsere Lebensstile in westlichen Industrienationen sind total unnormal, wir steuern auf einen Kollaps mit dem menschengemachten Wachstum zu", lautet die Warnung von Austmann.

Die Ausstellung, moderiert von Simon Scholl von der IHK, wurde von Karl Greißing, Ministerialdirigent vom Umweltministerium des Landes, eröffnet. Sie geht auf den Wettbewerb "Effizienzpreis Bauen und Modernisieren" ein, wonach genau das nicht immer eine Sache des Geldbeutels ist. "Bewerben Sie sich, bei diesem Wettbewerb, kann man nur gewinnen", richtete er sich an die Besucher der Ausstellung.

Henning Austmann, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Initiator der Ideenwerkstatt Dorfzukunft, konnte nicht persönlich zum Umweltzentrum kommen, daher sprach er per Skype zu den Besuchern. Er hatte für den ersten Teil des Referats Mareike Weiner gewinnen können, die aus Basel kam und den "schmerzhaften" Teil des Vortrags übernehmen durfte. Sieben Jahre habe sie studiert, Bankkauffrau, dann BWL in englisch, wonach sie gemerkt habe, dass ihr Studium nicht zukunftsfähig sei, berichtete sie. Ihr Weg wurde der von Henning Austmann.

"Wenn wir sagen, dass es den Klimawandel schon immer gab, ist das nur zum Teil richtig, denn so rasant, wie ihn die Industrienationen von 1950 bis heute schafften, das ist katastrophal", erklärte sie und zeigte ein Beispiel am VW Käfer aus dem Jahr 1955, der 7,5 Liter Benzin auf 100 Kilometer verbrauchte. Nach 50 Jahren technischer Innovation habe man erreicht, dass der VW Beetle aus dem Jahr 2005 7,1 Liter Benzin auf 100 Kilometer benötige, was für eine Sensation. "Wir als Menschen sind schlecht darin, langfristig zu denken, unser aktueller Lebensstil ist weder ökologisch noch ökonomisch, unser Lebensstil hat keine Zukunft, auch ist die Klimakatastrophe nicht unser einziges existenzbedrohendes System", zeigte sie mehrere Beispielen auf. "Der Wandel kommt by design oder desaster" schloss sie.

Das sei grandios, was Mareike Weiner gerade gemacht habe, lobte Austmann, der jetzt zugeschaltet war. Er wolle aufzeigen, wie wir den Wandel gestalten können und zwar nicht durch Verzicht, sondern mit mehr Lebensqualität, erklärte er.

Als Beispiele nannte er regionale Ernährung, ökologisches, flächenschonendes Bauen, gemeinschaftliches Wohnen von mehreren Generationen. Er nannte acht einfache Schritte, darunter weniger Fleisch verzehren, wenn dann Bio-Fleisch, Bahn fahren statt fliegen, Fahrrad/ÖPNV statt Auto, Dinge so lange wie möglich nutzen, Dinge gemeinsam nutzen, lokale Engagement-Gruppen bilden und gemeinsam das Lebensumfeld wandeln.

"Diesen Wandel unseres Lebensstils müssen wir ›von unten‹ initiieren und nicht auf die Politik warten", so Austmann. Die Lohnarbeitszeit müsse gesenkt werden, ein menschliches Maß in der Wirtschaft sei wichtiger als sich immer mehr Stress auszusetzen, nannte er weitere Beispiele. Zum Glück würden Gemeinschafts-Wohnprojekte entstehen, es gebe Repair-Cafés, Gemeinschafts-Büro-Flächen, Car-Sharing. Aus seiner Ideenwerkstatt Dorfzukunft nannte er zum Beispiel das Kino in der Kirche, die Gründung einer Dorf-Zeitung, den Aufbau eines Regio Bio-Ladens oder Neues Leben in alten Mauern.

"Wenn man vor dem Abgrund steht, ist der Rückschritt ein Fortschritt", betonte Austin. "Es geht um uns, der Planet schüttelt sich und wir sind weg." Die größte Gefahr sei der Glaube, jemand anderes rette den Planeten.

Im Anschluss standen Petra Neubauer, Anita Sperle Fleig, Geschäftsführerin des BUND, Dimitri Vedel, Tobias Bacher, Energie Agentur Schwarzwald-Baar-Kreis und Bernd Deutschbein, Stadtwerke, für Fragen der Besucher zur Verfügung.