Astrid Sterzel (rechts) und Brigitte Güntter danken den Spendern von Herzen. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Zahlreiche Bürger helfen Refugio

Villingen-Schwenningen. Noch im Dezember war die finanzielle Lage von Refugio, dem Psychosozialen Zentrums für traumatisierte Flüchtlinge, prekär. Jetzt, drei Wochen später, sagen die Vorsitzende Brigitte Güntter und die Geschäftsführerin Astrid Sterzel vielen Spendern "danke".

Der Hilferuf im Schwarzwälder Boten vom 4. Dezember wurde gehört. Zum Jahresende fehlten noch rund 30 000 Euro, um 2018 mit einer schwarzen Null beenden zu können. Ursache des Problems waren in Aussicht gestellte Finanzierungsmittel, die doch nicht flossen oder kurzfristig gekürzt wurden.

In die Bresche gesprungen ist – mal wieder – der Bürger, obwohl die staatliche Unterstützung von Flüchtlingen im von EU-Recht abgeleiteten Flüchtlingsaufnahmegesetz von Baden-Württemberg steht. Dafür ist man bei Refugio unendlich dankbar. Einige große und ganz viele kleine, auch neue Spender sorgten dafür, dass das Spendenaufkommen 2018 in Höhe von sagenhaften 50 000 Euro auf das Niveau von 2015 hinaufschnellte, dem Jahr mit dem bislang größten Flüchtlingsaufkommen.

Brigitte Güntter ist Pfarrerin in der Schwenninger Pauluskirche, die gerade wieder zur Vesperkirche geworden ist. "Uns geht es gut", sagt sie über die Hilfsorganisation, "deshalb haben wir unsere treuen Spender gebeten, diesmal Refugio zu bedenken", sagt sie und freut sich, dass sie damit gehört wurde.

Dass man jetzt sogar mit einem 20 000-Euro-Plus für die Rücklagen in das Jahr 2019 starten kann, ist für Astrid Sterzel zwar eine Erleichterung, Entwarnung kann sie aber trotzdem nicht geben. Denn sie sei bereits wieder dabei, Projektanträgen hinterherzutelefonieren. Oder sie stellt neue, manchmal seitenlange – das ist Arbeitsbeschaffung durch Projektfinanzierung. Und sie wisse erst im Herbst, ob beispielsweise die 90 000 bei der Europäischen Union für 2019 beantragten Euro – immerhin 20 Prozent des nötigen Jahresbudgets von rund 400 000 Euro – auch wirklich kommen. Schließlich sind im Mai Europawahlen.

Auch die Zusage des Landes, sich mit 140 000 Euro pro Jahr an der Finanzierung der Behandlungen traumatisierter Flüchtlinge zu beteiligen, steht laut Sterzel auf ewig tönernen Füßen. Manchmal hilft da nur Galgenhumor: "Es wird nicht leichter – aber wir hatten’s ja noch nie leicht".

200 Migranten in Therapie

Rund 200 Migranten mit Traumata, davon jeder Fünfte jünger als 18 Jahre, befindet sich bei Refugio derzeit in einer Therapie, die ihnen eine Integration ermöglichen soll. Immer häufiger werden die darin kompetenten Refugio-Spezialisten, darunter Psychologen, Psychotherapeuten und Sozialpädagogen, zudem für Schulungen angefragt. Im "Rottenmünster" in Rottweil war man bereits, demnächst werde man Mitarbeiter der Luisenklinik in Bad Dürrheim und des Job-Centers über von Flucht gezeichnete Traumata informieren. Auch die Ausbildung spezieller Dolmetscher übernimmt Refugio. "Als Behandler sind wir längst anerkannt, das ist nur finanziell noch nicht überall angekommen".

Drohbrief geht ein

Nicht jedem gefällt, was Refugio macht. Gerade ist wieder ein Drohbrief eingetroffen. Er steckt in Folie, denn das Papier muss von der Polizei noch auf Fingerabdrücke untersucht werden. Für die Mitarbeiter von Refugio gehören Schreiben, in denen gedroht werde, das Gebäude "abzufackeln", bereits zum Alltag. Sie habe bereits einen direkten Draht zum Staatsschutz, erzählt die Geschäftsführerin, die jedes Mal Anzeige erstattet. Im vergangenen Jahr sei es relativ ruhig geblieben, davor war man selbst vor Sachbeschädigung an den im Hof abgestellten Fahrzeugen nicht sicher. Daraufhin wurden die Sicherheitsvorkehrungen am Villinger Schwedendamm erhöht. Und auch das ist schon passiert: im Namen von Refugio sammelten Unbekannte Spenden.