Ines Hädrich (links) und Andrea Klumpe-Burghardt können als Ansprechpartner bei Tandem kontaktiert werden. Foto: Käfer Foto: Schwarzwälder Bote

Prävention: Kinder suchtkranker oder psychisch kranker Eltern werden oft übersehen

Villingen-Schwenningen. "Auch suchtkranke Eltern wollen gute Eltern sein", meint Sozialpädagogin Andrea Klumpe-Burghardt. Nachts durch die Schreie der Mutter geweckt werden, weil diese halluziniert, abends noch mit der Mutter zum Getränkemarkt fahren, Schnaps kaufen, um diesen dann im Kleiderschrank zu verstecken – so titeln es die Medien zur "Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien". Nicht alle Fälle wiegen gleich schwer. Stimmt der Stereotyp vom alkoholkranken Vater der seine Kinder schlägt?

Wie sieht eigentlich das Leben dieser Kinder aus? Wenn eine tablettenabhängige und depressive Mutter im Bett liegen bleibt, wartet nach der Schule zu Hause kein Mittagessen. Das Kind muss für sich selbst sorgen. Manchmal auch noch für die jüngeren Geschwister, denn die Mutter ist kein Ansprechpartner. Den einen Tag so, den anderen so: Suchtkranke Eltern können unberechenbar sein. Wofür die Tochter an dem einen Tag noch Lob erhält, gibt es am nächsten Tag eine Bestrafung. Was kann ich sagen, was besser nicht? So sensibel man in jungen Jahren schon auf die Gefühle der Eltern eingehen muss, so wenig Zeit bleibt für die eigene Gefühlswelt. Zu früh schon selbst erwachsen.

Wer schon so früh mit einer anderen, nicht kindgerechten Welt konfrontiert ist, dem droht die Gefahr, selbst suchtkrank zu werden. Ein sechs-fach erhöhtes Risiko besteht für Kinder suchtkranker Eltern, selbst alkoholkrank zu werden. Töchter alkoholabhängiger Mütter seien 16 Mal mehr gefährdet, selbst alkoholkrank zu werden, informiert die Stelle "Tandem" mit ihren Gruppenangeboten für Kinder und Jugendliche psychisch kranker und suchtkranker Eltern.

Die Gruppe Tandem trifft sich jeden Dienstag zwischen 17 und 19 Uhr. Auf dem Programm steht alles, was junge Menschen gerne tun und was gut tut. Gemeinsam Kochen, Backen, Essen, kreativ tätig sein und etwas aus Ton herstellen, einfach rausgehen und unbeschwert toben, zuletzt war die Gruppe kegeln. Es mag paradox klingen, aber selbst die Essenwünsche der Kinder sind bei den Treffen für die Kinder ein Highlight. Ein Wunsch, der auch ankommt und nicht einfach so verpufft.

Die Kinder werden abgeholt und wieder gebracht. Die Eltern sind immer in das Betreuungsangebot mit einbezogen. Die meisten Eltern sind um das Angebot froh, es geht um Entlastung und auch sie wollen oft nur das Beste für ihre Kinder und leiden oft selbst, berichten die beiden.

Während des Töpferns fragt ein Kind: "Du Andrea, was ist eigentlich Borderline?" In der Gruppe öffnen sich die Kinder den Themen. Nach wie vor werden Sucht und Krankheit in der Gesellschaft stigmatisiert. Mit dem Thema alleine gelassen, suchen sich die Kinder selbst Erklärungen für das was schief läuft. "Ich bin schuld" lautet das Ergebnis, auf das die Kinder oft kommen.

In der Gruppe lernen die Kinder und Jugendlichen sich zu schützen, Resilienz aufzubauen. Durch den Austausch mit anderen Betroffenen, sprechen die Kinder offen über das Thema. Der Kreis soll durchbrochen werden.

Weitere Informationen: Am Dienstag, 18. Februar, bietet Tandem eine Telefonsprechstunde von 8.30 Uhr bis 10 Uhr an. Telefon: 07721/87 86 46 13. Für Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis zwölf Jahren gibt es die Gruppe Tandem. Ältere Kinder können an der Gruppe Tandem+ teilnehmen.