Marcus Wöhrl Foto: Eich

Hotel-Fanatiker Marcus Wöhrl im Interview. "Verbrüderung findet beim Frühstück statt."

Villingen-Schwenningen - Er sucht noch ein Haustier für den neuen Standort in Villingen, die Konkurrenz in der Doppelstadt macht ihm keine Sorgen und das Restaurant soll einen eher ungewöhnlichen Namen erhalten. Dormero-Geschäftsführer Marcus Maximilian Wöhrl will das Hotel am Franziskaner kräftig umkrempeln.

Für das Exklusivinterview mit dem Schwarzwälder Boten erscheint er am Sonntag im weißen Kapuzenpulli, lässiger schwarzer Jacke, khakifarbener Hose und – natürlich roten – Chucks. Marcus Maximilian Wöhrl (31) ist derjenige, der den Begriff des "Hoteliers" zu eingestaubt findet, sich lieber als "Hotel-Fanatiker" sieht und in bester Innenstadtlage ein Hotel betreiben wird, das den kosmopolitischen Lebensstil ins Zähringerstädtle bringen soll.

Herr Wöhrl, Hand auf’s Herz: Haben Sie bis vor vier Wochen von Villingen-Schwenningen überhaupt schon mal etwas gehört?

Dadurch dass ich aus Nürnberg komme und Eishockeyfan bin, habe ich von den Schwenninger Wild Wings natürlich schon was gehört. Unsere Prokuristin, die mit ihren Eltern öfter mal nach VS gefahren ist, hat dann gemeint, dass ich mir das mal anschauen soll, es sei ein süßes Städtchen. Vor vier Wochen bin ich dann das erste Mal hierhergefahren. Ich fand es extrem schön, vor allem die Innenstadt mit der Fußgängerzone finde ich toll.

Wie kam es dann, dass Sie das Hotel übernehmen werden?

Das wichtigste war die Basis zwischen Vermieter und Mieter. Das ist wie wenn man eine Frau heiraten möchte: Wenn die Eltern nicht passen, dann ist das nichts (lacht). Dadurch, dass ich um die Hand von diesem Haus angehalten habe, musste ich natürlich die Eltern kennenlernen. Und es hat wirklich viel Spaß gemacht mit den Verantwortlichen, wir waren auf einer Wellenlänge.

….dabei passt neben Stuttgart und Berlin Villingen-Schwenningen im ländlichen Raum eigentlich gar nicht so in die Reihe, oder?

Wir haben letztes Jahr ein Hotel in Kelheim eröffnet, das ist vom Stadtbild ähnlich wie Villingen. Damals haben alle gesagt: »Marcus, hast Du noch alle Latten am Zaun, hat es für Regensburg nicht mehr gereicht?« Ich bin mir aber sicher, dass der Tourismustrend in die schmucken Kleinstädte geht – die Leute fangen an, endlich ihr eigenes Land kennenzulernen. Solche Städte wie VS haben einen Boom für die Zukunft. Ich will auch nicht das 40. Hotel an einer Bahnhofsstraße in einer X-beliebigen Großstadt sein, ich kann den Leuten hier vor Ort etwas Besonderes geben und das reizt mich.

Beim Holiday Inn will man einen »herausragenden Platz in der Hotelszene der Region einnehmen«. Warum soll das Dormero am Franziskaner trotzdem zur Erfolgsgeschichte werden?

Holiday Inn ist für mich keine Konkurrenz, das ist für mich eine klassische Schlafbude, aber wahrlich kein Erlebnis – Einchecken, schlafen, auschecken – erfüllt seinen Zweck und fertig! Wir sind kein Stangenprodukt, wir verkörpern Lifestyle und wollen das Hotel in der Gesellschaft integrieren. Auch die Leute aus Villingen-Schwenningen sollen in das Hotel gehen. Wir wollen sehr stark auf den modernen Charakter gehen. Es heißt ja eigentlich immer, in den ländlichen Regionen müssen es immer so kleinbürgerliche Hotels sein – wir sagen nein! Wir haben das Gefühl, dass VS bereit ist für ein kosmopolitisches Hotel. Die Leute hier sind nicht weniger kosmopolitisch als in Frankfurt oder Berlin – VS will diesen Lifestyle genau so leben. Das muss einfach mal einer wagen und das wollen wir wagen.

Und was ist Ihre Zielgruppe?

Unsere Zielgruppe sind Charaktere. Bei uns soll sich jeder wohlfühlen – von der Jogginghose am Frühstück bis zum Bruno-Banani-Anzug. Wir grenzen niemanden aus, jeder soll hier so sein wie er möchte. Ich sag immer: Vom Monarchisten bis zum Marxisten ist alles willkommen, die Verbrüderung findet beim Frühstück statt. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich aufgrund meines legeren Kleidungsstils früher nie in einen Club gekommen bin, deshalb sind wir gegen Ausgrenzung (lacht).

Das gilt auch für Tiere?

Genau. Ich bin immer mit Tieren aufgewachsen, meine Familie hat sich immer für den Tierschutz engagiert. Mittlerweile bin ich aber ständig unterwegs, brauche diesen Bezug zu Tieren aber trotzdem. Deshalb hab‘ ich mir gesagt: Ich hol mir für jedes Hotel ein Tier. Momentan versuchen wir, ein Hausschwein für das Hotel in Passau zu besorgen. Das hat übrigens den Namen Spätzle. Für das Hotel hier wissen wir noch nichts, vielleicht gibt’s ja Vorschläge aus der Bevölkerung?

Würden Sie hier denn auch Urlaub machen wollen?

Ich bin ja die ersten zwei Monate nach der Eröffnung hier vor Ort. Meine Finanzchefin findet das übrigens nicht so gut – weil ich mich sehr schnell in das Objekt verliebe und viel zu viel Geld für die Ausstattung ausgeben möchte, da gleicht dann eine Lobby schon mal einem Dschungel, so viele Pflanzen kaufe ich dann (grinst). In der Zeit werde ich Villingen intensiv kennenlernen und alles testen. Dann kann ich Ihnen die Frage besser beantworten…

Das Restaurant soll auch komplett umgekrempelt werden. Was haben Sie sich vorgestellt?

Wir werden ein gemütliches, bayerisches Restaurant etablieren: »Zum roten Eichhörnchen.«

So soll das echt heißen?

(lacht) Ja! Wir haben uns das damals überlegt, weil wir diese anderen Namen lächerlich fanden sowas wie »Zur goldenen Glocke«. Wir wollten mal etwas Anderes machen. Aber ein Eichhörnchen als Haustier können wir uns nicht vorstellen. Das hat man uns bereits vorgeschlagen. Das wirkt nicht so gut, wenn das im Käfig leben und womöglich noch illegale Eichhörnchenkämpfe austragen muss... (grinst)

Man hört, dass das Hotel in keinem guten Zustand sein soll. Stimmt das?

Das Haus hat einen eigenen Charme, es ist halt ein typisches Mercure. Ich brauch’ ein Bett, das ist ok – am nächsten Tag verlasse ich das Mercure aber und es bleibt mir nicht im Gedächtnis. Bei Dormero soll es ein Erlebnis sein.

Und wie erreichen Sie das?

Man kann die Lichtsysteme verändern, die neusten Kinofilme kann man kostenfrei anschauen, Wellness und Fitness ist immer umsonst, sie können bei uns auf dem Zimmer eine Party feiern, weil der Zimmerservice kostenfrei ist und das Schlaferlebnis soll richtig erlebt werden – auch wenn sie alleine sind…

Zu einem erschwinglichen Preis, wie sie immer betonen.

Genau, wir sagen: Fünf Sterne zum Preis von drei. Wir wollen die Gäste nicht abzocken und haben auch Höchstpreisgrenzen – beispielsweise während Messen. Dafür werden wir in der Branche ziemlich gehasst.

Zuerst müssen Sie im Haus aber noch was machen, oder?

Ja, wir wollen die Zimmer, die Gänge, die Lobby und die Tagungsräume komplett neugestalten. Übernachten kann man aber trotzdem schon ab dem 1. März. Allerdings halt noch mit dem alten Mobiliar. Die offizielle Eröffnung soll – übrigens mit DJ Tommek – dann Ende April stattfinden. Bis dahin soll der komplette Umbau abgeschlossen sein.

Mit den bisherigen Mitarbeitern?

Ich brauche zunächst die Mitarbeiterlisten vom jetzigen Eigentümer die sollen mir in den kommenden Wochen zugehen. Dann werde ich die Gespräche führen. Da ist natürlich auch die Frage, wie viele ins Holiday Inn wechseln werden. Ich hoffe aber, dass einige Mitarbeiter bleiben und die neue Philosophie annehmen. Wir suchen übrigens auch noch einen Hotelmanager, der verrückt, dynamisch und im Kopf junggeblieben ist. Quereinsteiger sind auch herzlich willkommen.

…allerdings müssen Sie sich dann vom Dresscode her umorientieren, oder?
Natürlich. Es ist lockerer. Aber die roten Schuhe – egal ob High Heels oder Turnschuhe, die roten Hosenträger und schwarze Kleidung ist allerdings natürlich Pflicht.