Eine eindrucksvolle Interpretation erfuhr das erste Klavierkonzert von F. Chopin durch die Stuttgarter Philharmoniker. Unser Foto zeigt den Solisten Ivo Pogorelich, flankiert durch Konzertmeister Aureli Blaszczok und Dirigent Gabriel Feltz (rechts). Foto: Kouba Foto: Schwarzwälder-Bote

Stuttgarter Philharmoniker eröffnen Meisterkonzert-Zyklus / Höchste Konzentration gezeigt

Von Siegfried Kouba VS-Villingen. Mit einem Kontrastprogramm warteten die Stuttgarter Philharmoniker zur Eröffnung des Meisterkonzert-Zyklus’ 2011/12 auf. Der Auftakt veranlasste OB Rupert Kubon, auf die Besonderheit der Spielzeiteröffnung und das neue Kulturprogramm mit rund 90 Einzelveranstaltungen hinzuweisen.

Kubon dankte Kulturamtsleiter Andreas Dobmeier, dem es trotz angespannter Finanzlage gelungen sei, "wertvolle Darbietungen" aufzunehmen. Der OB animierte die Verantwortlichen, mit Kindern in Konzerte und Theater zu gehen, um Kultur zu erleben. Dass dies verwirklicht werden könne, dazu trage der "Freundeskreis für Kultur" bei.

Dann war die Bühne frei für das "Genie" (Martha Agerich) Ivo Pogorelich. Der Pianist hatte das 1. Klavierkonzert in e-moll von Frédéric Chopin ausgewählt, ein bekanntes Werk, das wegen seines Schwungs der Ecksätze und des romanzenhaften Mittelteils geschätzt wird. Mit der langen Einleitung des Kopfsatzes bewies die Stuttgarter Philharmonie geschlossenen Orchesterklang bei deutlicher Herausstellung der beiden Hauptthemen und straffem Tempo. Mit seinem Einsatz riss der Virtuose das Geschehen an sich, veränderte das Tempo, stieg mit markanten Akkorden ein, konzentrierte sich auf eine detaillierte Wiedergabe und glänzte mit sensitiver Gestaltung der lieblichen Thematik. Alles verlangte Dirigent und Orchester höchste Konzentration ab.

Genussvoll durfte man das Larghetto mit feenhaftem Streicherklang erleben. Bezaubernd war der Wohlklang des Klaviers. Das Vivace hätte man sich mit einem schnelleren Tempo vorstellen können, auch wenn accellerierende Strecken und eine Stretta für Aktion sorgten.

Der tänzerische Drang wurde mit synkopisierten Krakowiak-rhythmen, virtuosen Passagen und Läufen verdeutlicht. Insgesamt prägte der Pianist das Werk mit kraftvollem Anschlag. Das Publikum war begeistert und spendete lebhaften Applaus. War Gabriel Feltz beim Klavierkonzert die "Nahtstelle" zwischen Solist und Orchester, so wurde sein agiles, elegantes Engagement zur durchdachten "Choreografie".

Mit großer Bewegung führte er die kantablen Streichereinsätze, setzte zielgenau den Taktstock ein, zeigte Details an und führte sogar der Flöte die Tonfolge vor. "Kontrast pur" wurde mit Mendelssohns "Sommernachtstraum" und Bartóks "Der wunderbare Mandarin" geliefert. Das erstere war mit zauberhafter Romantik belegt, führte in eine traumhafte Nacht mit vielen neckischen Gestalten, die das Orchester charakteristisch in Szene setzte.

Das zweite wurde zur Apotheose von Tanz und Ekstase. Gleichzeitig wurde ein Ballettbild entworfen, das aktueller nicht sein konnte. Die Figuren von geknechteter Prostituierter, Gangstern und einem verlorenen Liebhaber wurden plastisch geformt.

Großartig die dramatische und empfindsame Ausdrucksskala. Enorm war der angewachsene Bläserumfang mit Bestleistungen. Lob verdiente vor allem der Soloklarinettist.