Seit Einrichten der Baustelle am Marktplatz beklagen die Händler ringsrum teils gewaltige Umsatzeinbußen. Foto: Riesterer

Vielen Ladenbesitzern steht Wasser bis zum Hals. Wäre ein Baustellen-Unterstützungs-Fonds die Rettung?

Villingen-Schwenningen - Wie empfindlich eine Großbaustelle vor der Ladentüre Geschäftsleute treffen kann, das wird gerade in Schwenningen am Marktplatz deutlich. Drei Inhaber von Geschäften schildern die Situation im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Die Umsatzeinbußen, die Unternehmer, die an der Baustelle liegen, zu beklagen haben, sind enorm. Das wahre Malheur aber ist die lange Dauer dieser Umstände: Erst im Jahr 2020 soll die Marktplatz-Baustelle laut Plan endgültig fertiggestellt sein. Ob die Puste bis dahin reicht?

"Sowas ist für den Einzelhandel in Schwenningen definitiv tödlich", meint Olivier Thomas, der an der Marktstraße sein Geschäft für Schreibwaren und Bastelkunst betreibt. Er weiß wovon er spricht: Unter dem Strich stehen, so Thomas, Umsatzeinbußen von 40 bis 50 Prozent seit er die Baustelle vor der Ladentüre hat. "Es ist extrem beängstigend und bedrohend", gibt er zu und fühlt sich als Unternehmer in VS im Stich gelassen. Auf den von dem CDU-Gemeinderat Dirk Sautter angeregten Baustellen-Unterstützungs-Fonds nach Offenburger Modell zum Ausgleich von Umsatzeinbußen hofft er noch ein wenig. Doch seit Sautters Vorstoß hierzu im Technischen Ausschuss ist ein Monat vergangen, der keine positive Wendung brachte. Thomas zieht eine bittere Konsequnz: "Wenn die Stadt nichts tut, dann werde ich mein Geschäft auch schließen, das sage ich ehrlich."

Nach einem tollen Geschäftsjahr 2016 investierte der 45-jährige Geschäftsmann, zog mit seinem Laden in das neu erstandene Gebäude in der Marktstraße um. Doch dann kam die Baustelle und mit ihr die Flaute in der Kasse. 2017 habe er deshalb, sagt der maßlos enttäuschte Unternehmer, sogar einer Mitarbeiterin kündigen müssen. "Hätte ich das gewusst, wäre ich mit meinem Geschäft nie nach Villingen-Schwenningen gekommen."

Erschwerend zur Baustelle und den geänderten Rahmenbedingungen durch die neue, in seinen Augen ungünstige Verkehrsführung kommt der Zeitfaktor hinzu: noch zwei Jahre Marktplatz-Baustelle, später der Rückbau des Rössles und dann noch die Fertigstellung am Muslenplatz – unterm Strich dauere es noch fünf Jahre, bis in Schwenningen wieder Ruhe einkehre, zählt Thomas auf.

"Die Umsatzeinbußen sind schon gewaltig", bestätigt auch Jakob Müller vom Lollipop Kindershop am Marktplatz auf Anfrage des Schwarzwälder Boten. Zu Weihnachten seien 30 Prozent Umsatzrückgang "fast schon normal" gewesen. Vor allem der Herbst 2017 sei ein Kraftakt gewesen. Je nach Baustellenabschnitt seien die Auswirkungen für sein Geschäft mal gravierender, mal schwächer, aber immer deutlich spürbar.

Der Umleitungsdschungel macht auch seiner Kundschaft zu schaffen. "Man findet Sie ja fast gar nicht mehr", bekommt Müller oft von seiner Kundschaft zu hören. Als Second-Hand-Geschäft ist er darüber hinaus davon abhängig, dass die Kunden den Laden mit ihren Kisten voller Kinderkleidung auch mit dem Auto erreichen können, erzählt Müller. Und auch er hätte sich von der Stadtverwaltung mehr Anteilnahme und Engagement für die Schwenninger Geschäftsleute gewünscht: "Ich bin schon etwas enttäuscht von dem Ganzen", gibt er zu und hofft darauf, dass alles besser wird, "wenn es irgendwann einmal fertig ist".

Konstruktiv beteiligt sich auch Heinz Messner an einer Lösungsfindung. Seine Frau Birgit betreibt das "Casa Moda" am Marktplatz. Von der ersten Stunde an habe er sich eingebracht, an Besprechungen teilgenommen und Vorschläge unterbreitet. Nun will er, so Messner, nochmal an die Stadtverwaltung herantreten und um Unterstützung bitten. Denn so, erzählt er, "darf es nicht weitergehen". 55 Prozent Umsatzeinbußen im Mai gegenüber dem Vorjahr bescherte dem Casa Moda die Baustelle beispielsweise. "Da muss man sich echt überlegen, ob man nicht zumacht", gibt Messner offen zu. Die Lage sei mehr als prekär und ein Ende aufgrund der immensen Dauer der Baustelle noch nicht in Sicht.

Olivier Thomas und Heinz Messner regen beide eine Beschleunigung der Bauarbeiten an. Auch Wirtschaftsförderin Beate Behrens habe dahingehend bereits Gespräche mit Baubürgermeister Detlev Bührer geführt – die Aussicht auf Erfolg aber sei gering, meint Messner, der in Kürze auch an die Gemeinderäte herantreten will.