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Ehepaar kämpft seit Jahren um Fällgenehmigung. "Wir lassen uns das nicht mehr bieten". Mit Kommentar

Villingen-Schwenningen - So betörend süß die Pracht-Linde auf ihrem Grundstück auch duften mag: Der Baum und damit der Streit mit der Stadt um die Fällung der Weilersbacher Linde stinkt dem Ehepaar Martin und Rosemaria Braun gewaltig. Doch ein Ende der Lokalposse ist nicht in Sicht.

Die Ansage der Brauns, die seit Jahren um eine Fällgenehmigung kämpfen, in Richtung Stadt ist eindeutig: "Wenn Sie glauben, dass für uns das Thema erledigt ist, dann haben Sie sich getäuscht." Warum möchte das Paar partout das Prachtexemplar von Baum nicht mehr auf seinem Grundstück haben?

Die Schattenseiten: Der Weilersbacher Linden-Baum ist für das Ehepaar zum Dauer-Ärgernis geworden. Zur Erinnerung: Mehrmals hatten sich die beiden um eine Fällgenehmigung bei der Stadtverwaltung bemüht und auch den Ortschaftsrat des Stadtbezirks Weilersbach eingeschaltet. Bislang ohne Erfolg. Dem Fällen des stattlichen Baumes, so das Argument aus der Verwaltung, stehe die Baumschutzsatzung entgegen. Die Brauns bedauerten zwar auch den Fall der Schönheit, doch die Linde habe zu viele Schattenseiten: Jede Menge unübersehbare Hubbel auf der Garageneinfahrt des Nachbarn und zudem Verwerfungen auf dem Gehweg.

Der Widerspruch: Auf das Linden-Karussell aufgestiegen sind neben Ehepaar und Stadt VS auch Sachverständiger und Ingenieurbüro. Vergleichen die Brauns die Ausführungen des Experten mit denen aus dem Ingenieur-Büro, das das Paar beauftragt hat, kann sich Martin sarkastische Bemerkungen nicht verkneifen. Nach Einschätzung des Gutachters könne durch einen regelmäßigen Kronenrückschnitt das weitere Wurzelwachstum dahingehend auf ein minimales Maß reduziert werden, so dass erneute Aufwölbungen der Hofdecke gar nicht mehr oder nur in geringem Maße und in weiter Zukunft  vorkommen werden. Das ebenfalls in die Linden-Affäre involvierte Ingenieurbüro widerspricht. Man habe die Krone zurückgeschnitten. Doch "das bringt überhaupt nichts. Die Wurzeln wachsen weiter", entnimmt Braun den Expertisen. Und: Für die Arbeiten werde keine Gewährleistung gegeben. Durch das Wurzelwachstum sei eine Anheben des Pflasterbelags immer wieder möglich.

Die Kosten: Wenn die Familie an die Kosten denkt, die mit Erhalt des Baumes und Sanierung der Hofeinfahrt einhergehen, dann bringt sie das noch mehr auf die Palme: Sanierung der Hofeinfahrt rund 3500 bis 5000 Euro, Wurzelschutz etwa 25.000 Euro. "Und das soll für uns zumutbar sein! Wohlgemerkt für die Erhaltung eines einzelnen Baumes", verstehen die Brauns die städtische Welt nicht mehr. "Der Baum muss weg", bekräftigen sie. seit bald sieben Jahren. Ohne uns, kontert die Stadt.

Dafür hat die Familie kein Verständnis: "In der ganzen Stadt werden Bäume über Bäume abgeholzt. Aber unser muss erhalten werden." Erneut und auch im Sommer 2018 verweist Madlen Falke von der Pressestelle der Stadt auf die Baumschutzsatzung. Formal sei das Verfahren für die Stadt abgeschlossen. In einem der vielen Gespräche mit dem Eigentümer seien verschiedene Ideen besprochen worden, wie ein Eigentümer eines solchen herausragenden Baumes, also eines Naturdenkmals, unterstützt werden kann, zum Beispiel durch Pflegemaßnahmen seitens der Stadt. Es gebe Städte, die einen Pflegefonds einrichten, um solch wertvolle Bäume durch die Stadt zu pflegen und deren Erhaltung zu sichern. Es habe jedoch kein konkretes Ergebnis zu diesem Sachverhalt gegeben, da der Fokus des Eigentümers auf der Entfernung des Baumes gelegen sei und die Initiative für eine Unterstützung des Erhalts üblicher Weise vom Eigentümer ausgehe.

Die Warnung: Für die Brauns ist die Schmerzgrenze erreicht. Enttäuscht reagieren sie auch darauf, dass Oberbürgermeister Rupert Kubon nicht auf ihr Schreiben reagiert habe. In der Mail heißt es unter anderem: Da nun auch der dritte Fällantrag vor einer Ablehnung stehe, werde die Angelegenheit zu einer Farce. Und zu den ins Spiel gebrachten Kosten für einen Wurzelschutz: "25.000 Euro mutet die Stadt einem vierköpfigen Privathaushalt für die Erhaltung eines Baumes zu! WOW!", schreiben die Brauns an die Stadtspitze. "Wir warten das Angebot von der Fachfirma ab und werden dann andere Wege einschlagen. Wir sind uns sicher, dass sich irgendwer für diese Angelegenheit interessiert und vor allem, welche Kosten die Stadt VS uns oder der Nachbarsfamilie zumuten will."

Die Abfuhr: Das Angebot der Fachfirma ist mittlerweile da und beläuft sich auf etwa 11.000 Euro für den Wurzelschutz. "Auch kein Pappenstiel", kommentieren die Brauns. Vorschläge zur Güte haben sie bereits gemacht. Man habe eine Schenkung der Linde vorgeschlagen, "aber die Stadt wollte den Baum nicht". Immerhin habe diese aber die Kosten für den letzten Rückschnitt übernommen. Auch soll die Gründung einer Baumstiftung angeschnitten worden sein, doch dazu gab es noch keine Stellungnahme. "Und ich kommentiere diesen Vorschlag jetzt mal lieber nicht", so Martin Braun.

Schlechte Werbung: Und was sagt Nachbar Eduard Stucke zu dem langwierigen Linden-Fall und der Tatsache, dass er einen Haufen Hubbel auf seiner Hofeinfahrt vor der Nase hat? Er ist sich mit Brauns einig: "Die Linde kann zu einer schlechten Werbung für die Stadt werden. Überall ernten wir Kopfschütteln, wo wir die Geschichte erzählen."

Kommentar: Fairplay

Von Eva-Maria Huber

Der Traum ist zum Alptraum geworden, und der steht hinter dem Haus. Nicht, dass das Ehepaar aus Weilersbach leichtherzig die Pracht-Linde fällen will und nicht darf. Aber da sind die Schattenseiten des Baumes und seiner Wurzeln: Verwerfungen und damit drohende Sanierungen des Nachbargrundstücks. Zudem stehen noch andere Summen im Spiel, etwa 25 000 Euro für einen Wurzelschutz. Und die soll die Familie selbst bezahlen? Sicher macht die Baumschutzsatzung angesichts der wüsten Abholzerei in manchen satzungslosen Kommunen durchaus Sinn. Aber Baumerhalt um jeden Preis? Wenn solche Beträge im Spiel sind, kann sich die Stadt nicht hinter ihrem Regelwerk verschanzen. Wie wäre es mit Fairplay statt Paragraphenreiterei? Der Schuss könnte zudem nach hinten los gehen: Manchem Baum könnte die Axt drohen, bevor er die Satzungsmaße erreicht.