Villingen-Schwenningen soll eine fahrradfreundliche Stadt werden. (Symbolfoto) Foto: crazymedia/ AdobeStock

Viele Verbote und Mankos. Abstellen von Velos in Fußgängerzone nur am Radständer erlaubt.

Villingen-Schwenningen - Wer sein Rad liebt, der schiebt? Und wer Radfahrer liebt, der lässt sie schieben? Die Willensbekundung ist da – Villingen-Schwenningen soll eine radfahrerfreundliche Stadt werden. Doch der Status Quo macht klar: Hier herrscht Handlungsbedarf.

Als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg (AGFK-BW) verpflichte sich die Stadt sogar dazu, darauf hinzuwirken, fahrradfreundlicher zu werden, so die Landesvorsitzende Gudrun Zühlke. Aber der Spagat ist weit. Während das Oberzentrum in manchen Bereichen "vorbildlich" – so seien beispielsweise die Fußgängerzonen für die Radfahrer freigegeben – seien an anderen Stellen noch Änderungen notwendig, meint Zühlke. Und selbst die angeblich radfahrerfreundlichen Fußgängerzonen in VS haben so ihre gar nicht radfahrerfreundlichen Tücken, wie bei genauerer Betrachtung deutlich wird.

Auf zwei Rädern direkt vor die Türe fahren, keine Parkplatznot spüren müssen, und nach Erledigung der Aufgabe flugs weiter zum nächsten Ziel – von diesen Vorzügen lebt der Trend zum Fahrrad. In Villingen-Schwenningen aber wissen manche Radfahrer beim Blick in städtische Satzungen nicht so recht, wie ihnen geschieht: "Im Fußgängerbereich dürfen Fahrräder außerhalb genehmigter Fahrradständer nicht abgestellt werden", heißt es darin beispielsweise.

Konkret bedeutet das: Mit dem Fahrrad direkt vors Geschäft fahren, es dort am nächstbesten Baum oder Fahnenmasten anketten und seinen Einkauf erledigen, um dann geschwind weiter zu radeln, ist in der Villinger Fußgängerzone verboten. Immerhin sind an einigen Stellen städtische Fahrradständer installiert worden – am Schwenninger Rathaus etwa, oder in Villingen in der Niederen Straße, der Kaufhausgasse oder der Rietstraße. Für besonderen Ärger sorgte auch vor diesem Hintergrund der Fall des Boutiquen-Besitzers Adrian Müller in Villingen. Er musste seinen Fahrradständer – inklusive Bußgeldbescheid – wieder abbauen. Es sei damit der Werbung zuviel für sein Geschäft gewesen und andererseits könnte er zur Stolperfalle werden.

Ein strenges Reglement gilt auch, wenn Wochenmarkt ist – "während des Marktes ist das Radfahren verboten, das Rad muss im Marktbereich geschoben werden", erklärt die Stadtverwaltung und verweist auf eine entsprechende Beschilderung. Und ein Blick in die Marktordnung der Stadt Villingen offenbart, dass es nicht nur verboten ist, über den Wochenmarkt zu radeln, sondern dass es sogar "insbesondere unzulässig" ist, "Fahrräder oder ähnliche Fahrzeuge mitzuführen".

Die Stadt hingegen stolpert in Sachen Radfahrerfreundlichkeit auch über ihr Radwegenetz. Ein Radverkehrskonzept fehle, so das Votum des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Die Wegeführung sei in vielen Teilen, vor allem in Schwenningen, suboptimal. Das betrifft auch ganz prominente Beispiele wie den Neckarradweg. Dieser erreiche VS von Rottweil her kommend und führe dermaßen umständlich mal unter der Straße hindurch und mal über den Neckar hinweg, dass die Streckenführung "dringend" zu ändern sei. Und immer wieder moniert der ADFC bei seiner Betrachtung der Radwege Teilstücke, auf welchen Radfahrer ihr Velo schieben müssen: "Zwischen dem ehemaligen Bahnhof Kirnach und der Sebastian-Kneipp-Straße etwa verläuft der Weg südlich der Bahn auf einem schlechten Waldweg und enthält eine Schiebestrecke."

Schieben ist auch im Fußgängerbereich der Fußgängerzone angesagt, dort Fahrrad zu fahren ist laut Satzung zu "Sondernutzungen in der Fußgängerzone Innenstadt im Stadtbezirk Villingen, Teilbereich Riet-/Obere Straße und Münsterplatz" nämlich untersagt.

Fahrradtouristen hingegen wären vermutlich froh, wenn es mit dem Schieben getan wäre. Von ihnen wird stattdessen Muskelkraft gefordert: Die meisten Gleise am Bahnhof Villingen sind derzeit nur über Treppen zu erreichen. Und ist man dann in Villingen erst einmal angekommen, treffen Fahrradfahrer auf ein anderes Malheur: Bordsteinradwege in schlechtem Zustand.

Zu viele Mankos und allzu strenge Verbote rund ums Zweirad? Für überzeugte Pedalritter dürfte es jedenfalls wie Hohn klingen, wenn sich das Oberzentrum auf seiner Homepage im Internet damit rühmt, den Radverkehr nachhaltig voranbringen zu wollen und sich mit besonders radfahrerfreundlichen Fußgängerzonen rühmt, während es lediglich noch darum bittet, "in Villingen auf die Bächle achten". Will Villingen-Schwenningen auf seinem Kurs zur radfahrerfreundlichen Stadt nicht baden gehen, gibt es also noch viel zu tun.