Villingen-Schwenningen - "Ich liebe Euch" - der Dank an seine Familie ist der wohl emotionalste Moment bei der Verabschiedung Rupert Kubons nach 16 Jahren als Oberbürgermeister. Mit feuchten Augen und von Tränen erstickter Stimme steht er am Rednerpult. Ein Bild, das mehr als alles andere an diesem Abend zeigt, worauf es für ihn in 16 Jahren OB ankam: Mensch sein – und bleiben.

"Verabschiedung von Oberbürgermeister Dr. Rupert Kubon" steht in großen Lettern auf der Leinwand. Es ist soweit. Nach 16 Jahren für VS wird Kubon in den Ruhestand verabschiedet.

Ab 16 Uhr an diesem Freitagnachmittag füllt sich die Neckarhalle. Ein Neubeginn – in der neuen Halle. Ein Ende – einer Amtszeit. Rupert Kubon steht zu dieser Zeit noch im Hallenfoyer, das aus jeder Ritze neu und unverbraucht riecht, und schüttelt Hände. "Danke, dass Sie gekommen sind." In Endlosschleife spricht er diesen Satz. Trotzdem nutzt er sich auch beim 100. Gast noch nicht ab – für beinahe jeden hat Kubon ein persönliches Wort parat. Er freut sich. Strahlt. Umringt von seiner Familie, die ihn nun wieder mehr für sich hat.

Wie oft Petra Brenneisen-Kubon und seine Töchter Sophie und Hannah ihn entbehren mussten, wird vage in den nächsten zwei Stunden deutlich. Nicht nur er, auch die Villingen-Schwenninger werden es ihnen an diesem Abend danken. Vor allem mit lange anhaltendem, rhythmischem Applaus am Ende, als Detlev Bührer Petra Brenneisen-Kubon Blumen überreicht.

Jeder der 15 Teilnehmer der Talkrunden steuerte seinen Teil zum Bild bei. So war von Chefsekretärin Sabine Silbersdorf, der Frau an seiner Seite während der letzten 13 Jahre – neben seiner Ehefrau natürlich –, zu erfahren, dass er hin und wieder ein ganz schöner Dickschädel gewesen sei, dem sie modisch mehr Mut zur Farbe gegönnt hätte. Der Bad Dürrheimer Bürgermeister Walter Klumpp umschrieb ihn als einen, der "immer mal wieder für Erheiterung bei den Bürgermeistern" gesorgt habe. Kubons Ex-Kollege und jetziger OB von Bietigheim-Bissingen, Jürgen Kessing, der seinerzeit die Stellenanzeige für VS gefunden und Kubon "auf den Geschmack" gebracht habe, verriet, wie ihm mehrere Anläufe einer Kakao-Bestellung im Osten den Spitznamen "Nesquick" eingebracht haben. Und Landrat Sven Hinterseh ließ erkennen, wie gut die Bande ins Landratsamt gewesen seien – man habe "sehr, sehr gut zusammengearbeitet, fast schon kameradschaftlich". Caritativ orientiert, zielorientiert, geschichtlich bewandert und voller Engagement für die Sportvereine erschien Kubon in Talk-Runde zwei über Ehrenamt und Kirche mit Dekan Josef Fischer, Zunftmeister Anselm Säger, Sportverbandsvorsitzendem Daniel Fleig, Heimatvereinsvorsitzender Annemarie Conrad-Mach und Caritas-Chef Michael Stöffelmaier. In Runde drei, als mit Sparkassen-Chef Arendt Gruben, der Grünen-Landtagsabgeordneten Martina Braun, Hochschul-Direktor Rolf Schofer und SPD-Fraktionschef Edgar Schurr Wirtschaft und Politik zum Tragen kamen, musste Ministerpräsident a. D. Erwin Teufel zugeben: "Ich habe nicht angenommen, dass er so gut hierher passt!"

Doch zuvor gibt es warme Worte für Rupert Kubon. Er nimmt in der ersten Reihe Platz. Amt- und Würdenträger, vom ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel über den Landrat Sven Hinterseh bis hin zu Bürgermeistern, Bundestagsabgeordneten und Unternehmern, sitzen ebenfalls da. Von den 662 Gästen, die zugesagt haben, sind über 500 gekommen. Die neue Neckarhalle ist also nicht "bis auf den letzten Platz gefüllt", wie Bührer in seiner Rede feststellen will. Doch dass für Kubon in den Stunden des Abschieds Qualität ohnehin wichtiger ist als Quantität, wird schon an der Programmgestaltung deutlich. Man sucht sie vergeblich, die nicht enden wollenden Grußworte, die Endlos-Laudatio des Bürgermeisters und die lange Liste seiner Verdienste, auch wenn es diese durchaus gegeben hätte, wie bereits bei der Verabschiedung von Gemeinderat und Verwaltung Tage zuvor deutlich geworden ist. Stattdessen gibt es Talkrunden mit Wegbegleitern und Bekannten der Hauptperson des Abends. Einen Sketch von Anselm Säger und Alexander Brüderle, die in die Rollen von "Hannes und der Bürgermeister" schlüpfen. Und schwere, wehmütige, getragene Musik von Ensembles der Musikakademie Villingen-Schwenningen, die den Abschied auch mal in Moll-Akkorde packen.

Der Höhepunkt kommt, wie so oft, zum Schluss: "Abschiedsworte von Rupert Kubon". Auch er hat sich zuvor in der Musik verloren und gibt zu: "Es geht mir wie in einem Tango, sehr ambivalent." Das berühmte lachende und weinende Auge lassen an diesem Abend in der Tat grüßen. Zum Abschied aber will Kubon nicht nur zurück-, sondern auch nach vorne blicken. So sei der Entschluss, seine Zeit als Oberbürgermeister zu beenden, "eine Entscheidung für etwas Neues" gewesen, betont Kubon mit Blick auf seine bevorstehende Ausbildung zum Ständigen Diakon. Seines Amtes überdrüssig gewesen sei er nicht.

Dabei zieht er durchaus auch selbstkritisch Bilanz, wenn er über seinen Anspruch an "gute Politik" sinniert. Drei Punkte mache sie aus: "Gute Politik hat demütig zu sein" – ein Oberbürgermeister habe in seinem Verhalten eine Vorbildfunktion, positiv oder negativ, "ob er das will oder nicht". Zum Zweiten gehe es "immer um Gerechtigkeit gegenüber jedem" – hin und wieder eine Gratwanderung. Ob der Kurs richtig ist, werde spätestens dann deutlich, "wenn das Gegenteil mehr oder minder offen praktiziert wird, wenn Vetternwirtschaft stattfindet, wenn eine Hand die andere wäscht". Ein Oberbürgermeister müsse für den Ausgleich unterschiedlichster Interessen sorgen. Und zum Dritten: "Politik muss entscheiden." Einige seiner Entscheidungen seien heftig umstritten, "manche Entscheidungen wären vielleicht auch anders besser gewesen", doch er habe seine Beschlüsse immer nach reiflicher Abwägung und oft nach vielen Gesprächen und vielfach auch mit anderen gemeinsam gefasst.

Einen Seitenhieb gestattet

Er blickt zufrieden auf seine OB-Bilanz: "Das, was in den letzten Jahren entstanden ist, was sich verändert hat und gerade verändert, bereitet mir durchgehend Freude." Ganz kurz nur streift er auch Projekte, die noch in die Zukunft reichen – etwa die Sanierung des Deutenberg-Gymnasiums, die Umgestaltung des Areals im Brühl, früher Mangin, – "eine Chance (...), die wir uns nicht entgehen lassen dürfen". Nur einen klitzekleinen Seitenhieb auf die Wahlkampfdebatten gestattet sich Kubon, als er, offenbar mit Blick auf seinen Nachfolger Jürgen Roth, meint: "Diese Entscheidung kann Ihnen kein Gutachten, keine Bürgerbefragung, keine noch so differenzierte Berechnung oder Planung abnehmen" – die Fördermittelgeber, welche mit zweistelligen Millionenbeträgen bereitstehen, "wollen auch erkennen, dass wir unsere Projekte wirklich ernst nehmen, sonst werden wir eines Tages nicht mehr ernst genommen".

Wie ernst er selbst seine politischen Gegner genommen hat, wird deutlich, als er der CDU-Sprecherin Renate Breuning, Kontrahentin am Ratstisch wie kaum ein anderer, einen Platz in seinen Abschiedsworten einräumt: "Sie waren immer ein Mensch, der meine Position so in Frage stellte, dass ich diese daran immer auch weiterentwickeln, profilieren und verändern konnte."

Nun verändert sich für Rupert Kubon vieles schlagartig: Er ist OB gewesen. Doch als die Geige, nachdem sie erst jammernd und seufzend im letzten musikalischen Beitrag ein Klagelied angestimmt hat, am Ende doch frohlockt und jauchzt, wird deutlich: Die stehenden Ovationen, die Rupert Kubon aus der Neckarhalle hinaus in die Zukunft tragen, gelten nicht nur anerkennend dem Geleisteten, sondern auch vielversprechend einem mutigen Neu-Anfang an anderer Stelle.

15 Blickwinkel auf den OB

Oberbürgermeister Rupert Kubon aus 15 ganz unterschiedlichen Blickwinkeln und eine humorige Abrechnung von "Hannes und dem Bürgermeister", das war der Stoff aus dem das Abschiedsprogramm für den OB war. Unterhaltung statt langer Reden.

Bürgermeister Detlev Bührer und Henry Greif schlüpften in die Moderatorenrolle, als sie in drei Runden je fünf Bekannten und Wegbegleitern Kubons auf den Zahn fühlten. Tröpfchenweise kamen nette Anekdoten zum Vorschein, die einen bislang unbekannten Blick auf den OB erlaubten. Etwa die Schilderung von Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer von ihrer ersten Begegnung mit ihm bei einem Baustellenrundgang.

Erste Begegnung "im Dreck"

Er habe sogleich versucht, sie zu stürzen, sei kraftvoll hinter ihr auf das hintere Ende eines Dielenbretts getreten – "und ich lag wirklich ungebremst im Dreck und dachte, ›super, das wird eine tolle Zusammenarbeit‹". Die sei es tatsächlich geworden, auch wenn interessant gewesen sei: "Die Entschuldigung für diesen Vorfall kam dann vom Landrat!" Nun, Jahre später, reichte Kubon sie lachend nach: "Es tut mir wirklich leid, die Sache mit dem Brett!"

Jeder der 15 Teilnehmer der Talkrunden steuerte seinen Teil zum Bild bei. So war von Chefsekretärin Sabine Silbersdorf, der Frau an seiner Seite während der letzten 13 Jahre – neben seiner Ehefrau natürlich –, zu erfahren, dass er hin und wieder ein ganz schöner Dickschädel gewesen sei, dem sie modisch mehr Mut zur Farbe gegönnt hätte. Der Bad Dürrheimer Bürgermeister Walter Klumpp umschrieb ihn als einen, der "immer mal wieder für Erheiterung bei den Bürgermeistern" gesorgt habe. Kubons Ex-Kollege und jetziger OB von Bietigheim-Bissingen, Jürgen Kessing, der seinerzeit die Stellenanzeige für VS gefunden und Kubon "auf den Geschmack" gebracht habe, verriet, wie ihm mehrere Anläufe einer Kakao-Bestellung im Osten den Spitznamen "Nesquick" eingebracht haben. Und Landrat Sven Hinterseh ließ erkennen, wie gut die Bande ins Landratsamt gewesen seien – man habe "sehr, sehr gut zusammengearbeitet, fast schon kameradschaftlich". Caritativ orientiert, zielorientiert, geschichtlich bewandert und voller Engagement für die Sportvereine erschien Kubon in Talk-Runde zwei über Ehrenamt und Kirche mit Dekan Josef Fischer, Zunftmeister Anselm Säger, Sportverbandsvorsitzendem Daniel Fleig, Heimatvereinsvorsitzender Annemarie Conrad-Mach und Caritas-Chef Michael Stöffelmaier. In Runde drei, als mit Sparkassen-Chef Arendt Gruben, der Grünen-Landtagsabgeordneten Martina Braun, Hochschul-Direktor Rolf Schofer und SPD-Fraktionschef Edgar Schurr Wirtschaft und Politik zum Tragen kamen, musste Ministerpräsident a. D. Erwin Teufel zugeben: "Ich habe nicht angenommen, dass er so gut hierher passt!"

VS-Visionen

Wie die Faust aufs Auge ins Programm für Kubon passte der Auftritt von Anselm Säger und Alexander Brüderle als "Hannes und der Bürgermeister". Schließlich hatte man den OB selbst schon als Theaterspieler in Rollen schlüpfend erleben können. Nur den beiden Spaßvögeln in ihrer Schnapslaune gelang eine Vision, in der die Schwenninger die Villinger "zum Fressen gern" haben und die Realisierung einer Seilbahn angesichts illusorischer Vorhaben wie der Vereinigung von V und S miteinander doch nicht so aus der Luft gegriffen scheint.