Der Freiburger Kunstexperte Franz Armin Morat mit wertvollen Schlüsselwerken aus seiner Sammlung. Foto: Simon Foto: Schwarzwälder Bote

Kunst: Morandis Werke hängen jetzt im Lovis-Kabinett / Des Galerieleiters letzter Akt

Wer am Samstag ausschließlich wegen den Arbeiten von Giorgio Morandi, einem wegweisenden Solitär in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts, zur Eröffnung in die Städtische Galerie Villingen-Schwenningen kam, wird sich durchaus gewundert haben, dass es in den Reden von Oberbürgermeister Rupert Kubon und Galerieleiter Wendelin Renn nur marginal um Morandi ging.

VS-Schwenningen. Doch das geschach aus gutem Grund: Schließlich war diese Veranstaltung auch der letzte öffentliche Auftritt von Wendelin Renn, der nach über drei Jahrzehnten Tätigkeit für die Stadt in den Ruhestand tritt.

30 Jahre Wendelin Renn in Diensten der Doppelstadt, das bedeutet aber auch, dass er dabei die Verwaltung durchaus in Trab gehalten hat. Die Hälfte dieser wechselvollen Jahre konnte und musste der noch amtierende Oberbürgermeister mit dem streitbaren Galerieleiter verbringen. Über 15 Jahre hätten sie intensiv miteinander gerungen, so Kubon. Aber so sei das eben, wenn ein Mensch mit Herzblut einer Sache nachgehen würde. Und Renn habe in dieser Zeit der Galerie ein unverwechselbares Profil verliehen. Kubons überaus versöhnliches Fazit und für einen würdigen Abschied angemessen: "In künstlerischer Hinsicht waren wir uns immer einig. Die Galeriearbeit von Wendelin Renn ist viel wert, auch wenn er anstrengend ist." Anstrengend war Renn sicherlich für den Gemeinderat, und so konnte man gespannt auf seine Abschiedsrede sein, in der er nicht zu Morandi, dessen Kunst ihn seit der Schulzeit berühre, co-referieren wolle. "Auch werde ich den gemeinderätlichen Umgang mit Kunst und Kultur, den ich in dieser Stadt in drei Jahrzehnten in allerlei Aspekten erleben konnte, heute mit keinem Wort tangieren", so Renn. Alleine diese Aussage spricht Bände, und das Zitat des großen österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein allemal: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen." Diese wortkarge Abrechnung mit dem Gemeinderat hätte es gewesen sein können, aber Schweigen gehört sicherlich nicht zu den großen Stärken Renns. In diesem letzten Moment wolle er über den eleusinischen Fluss Pischon reden. Diese Metapher von einem im Garten Eden entspringenden Strom, dem bewässerten Garten und dem guten Gold sei ein Spiegel dessen, was er in all den Jahren an diesem Ort erleben durfte: im Lovis-Kabinett, seinem kleinem Garten Eden.

In diesem Haus der Kunst, das sich tapfer diesem irisierenden Kosmos von notwendigen Dienst- und Geschäftsanweisungen entgegenstellte, konnte er also gegen alle oft auch hausgemachten Widerstände den freien Raum im Schaffen für die Kunst behaupten. Wendelin Renn ist nun städtische Geschichte. Was in künstlerischer Hinsicht – und um das sollte es bei einer Städtischen Galerie im Wesentlichen auch gehen – in Erinnerung bleibt, ist sicherlich seine Abschiedsausstellung.

Der Freiburger Kunstsammler Franz Armin Morat, seit über 40 Jahren bestens vertraut mit den Arbeiten des Italieners und mittels seines von ihm geleiteten Instituts für Kunst- und Kunstwissenschaft einer der großen Leihgeber der Präsentation, hob die ausgewogene Gleichwertigkeit der Sujets Blumen, Landschaften, Flaschen und Stillleben sowie der Techniken Ölmalerei, Aquarell, Zeichnung und Radierung als authentisches Ereignis in der größten seit 25 Jahren in Deutschland realisierten Morandi-Ausstellung hervor. Letztlich geht es aber bei einer Morandi-Schau auch immer ums Sehen. Renns Schluss-Appell: "Öffnen Sie Ihre Augen dem Licht und Farbe und der Harmonie in der Bildwelt des großen Giorgio Morandi."

Weitere Informationen: "Giorgio Morandi – Licht und Farbe" in der Städtischen Galerie Villingen-Schwenningen bis 15. Juli. Dienstag bis Sonntag 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr.