Ein Fingertipp – und schon könnnen die Gemeinderäte auch mal andere Funktionen, wie Spiele anwählen. Foto: Warnecke

In der iPad-Pilotphase liegen Fluch und Segen nahe beieinander. "Sie lenken zu sehr ab".

Villingen-Schwenningen - Die einen lieben es, die anderen hassen es. Seit die iPads in einem Pilotprojekt den Stadtrat VS zum Jahresbeginn erobert haben, sind die Tablet-Computer in aller Munde. Trotzdem: Bis zum papierlosen Stadtrat ist es noch ein weiter Weg. Viele, das zeigt die Umfrage, mögen es doch lieber schwarz auf weiß.

"Das ist was für die Jungen", ist der FW-Stadtrat Ernst Reiser überzeugt. Und trotzdem ruht die technische Errungenschaft der Neuzeit auch in so manch betagter Hand. "Die, die eins haben, können mittlerweile damit umgehen", stellt Fraktionskollege Erich Bißwurm zufrieden fest. Aber für ihn ist das trotzdem nichts: "Die kleine Schrift, wenn man's vergrößert, sieht man wieder nur Ausschnitte", nein, sagt der FW-Fraktionschef, er bleibt dem Papier treu.

Eine gute Brille brauche man manchmal schon, sagt SPD-Kollege Edgar Schurr, der 58-Jährige, der sich selbst "biologisch zum Alteisen zählt". Aber sei man es erst einmal gewohnt, dann sei der kleine Computer "eine tolle Sache", sogar eine ganz tolle: "Pläne im Detail vergrößern", mal eben während der Debatte im Internet recherchieren, das geht jetzt und ging vorher, zu Papierzeiten, nicht.

Wenn sie denn überhaupt wirklich zum Thema recherchieren. Hört man Renate Breuning (CDU) so aus dem Nähkästchen plaudern, könnten daran leise Zweifel aufkommen: Einige Räte würden mit dem i-Pad schon mal nach neuesten Fußballergebnissen schauen, Erledigungen für die Firma vornehmen oder einfach mal eine Runde spielen. Unter dem Strich aber seien jene Ratskollegen, die eines haben – sie selbst gehört nicht dazu – sehr zufrieden.

"Sie lenken zu sehr ab"

Hans-Dieter Kauffmann von der FDP wird wohl trotzdem kein "Freund dieser iPads" werden. "Sie lenken zu sehr ab, denke ich", und außerdem: "Ich hab's gerne schwarz auf weiß vor meiner Nase." sein Fraktionssprecher Jürgen Schnekenburger gehört zu jenen, denen der technische Komfort noch gar nichts bringt: Er hat sein iPad wieder zurückgegeben, weil er über kein drahtloses Netzwerk (WLAN) verfügte. "Ich wäre froh, ich hätte es wieder, weil die Stöße Papier, die man bekommt..., das ist unglaublich, bald zentnerweise", klagt er und hat schon große Hoffnung: Aktuell zieht Schnekenburger um und ins neue Domizil, da darf dann auch ein iPad wieder einziehen.

Elif Cangür von den Grünen hat als "die Neue" im Stadtrat noch noble Zurückhaltung geübt, als es ans Verteilen der iPads gab. Heute bereut sie das, schließlich spare das Tablet nicht nur Papier, sondern sei es auch eine praktische Sache: Egal, wo man ist, mal eben in die Unterlagen für die nichtöffentliche Sitzung schauen, wie kann man das sonst schon tun? Sie will nun auch ein iPad bei der Verwaltung beantragen.

Ob auch sie damit ein Opfer der Technik wird? "Ich bin nicht sicher", der Wohnort Pfaffenweiler könnte da schon zum Hemmschuh für die technisch interessierte 42-Jährige werden.