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Bärbel Gebauer, Seniorchefin der Schaustellerfamilie, geht die Arbeit nicht aus

Nicht nur fleißige Rummelplatzbesucher kennen ihr Gesicht: Bärbel Gebauer kommt jedes Jahr einmal in die Stadt – und das seit 52 Jahren. Sie ist ein Teil der Schaustellerfamilie Gebauer, die gerade wieder ihren Platz im Friedengrund bezogen hat.

VS-Villingen. Sie war 18 Jahre alt, als sie in den 1960er-Jahren in Tuttlingen zusammen mit ihren Freundinnen den Vergnügungspark besuchte.

Ihre aus Pommern stammende Familie hatte es nach dem Krieg ins Schwäbische verschlagen. Der junge Mann bei den Boxautos gefiel ihr – und sie ihm. Er lud sie zum Ausgehen ein. "Ich musste damals meine Mutter um Erlaubnis fragen, ich war ja noch nicht volljährig", erinnert sie sich und lächelt.

Man telefonierte, man schrieb Briefe – "Handys gab’s damals ja noch nicht" – und ein Jahr später war Hochzeit.

Begeistert sei ihre Mutter zunächst nicht gewesen, dass sie einen um 13 Jahre älteren Schausteller zum Mann nahm, "aber Heinz hat schnell ihr Vertrauen gewonnen". Und sie habe ihre Entscheidung nie bereut. Heinz und Bärbel Gebauer wurden zu einem starken Paar, betrieben den Autoscooter, Kinderkarussells und eine Losbude. Von März bis Mitte November waren sie im gemütlich ausgebauten Wohnwagen von Ort zu Ort in ganz Baden-Württemberg unterwegs, den Winter verbrachten sie in ihrem Haus in Konstanz.

Heinz Gebauer war nicht nur für sein eigenes Unternehmen, sondern als Generalunternehmer der jeweiligen Stadt gegenüber verantwortlich für den gesamten Rummelbetrieb. Nachdem Heinz Gebauer vor 15 Jahren starb, übernahm sein Sohn. Für die Seniorchefin Bärbel Gebauer stellte sich nach dem frühen Tod ihres Mannes die Frage: Zu Hause bleiben oder weiterfahren? Die Antwort fiel ihr leicht. "Was soll ich alleine zu Hause sitzen?"

Ihre beiden Kinder Heinz und Barbara waren mit eigenen Geschäften ins Familienunternehmen eingestiegen und froh über die Hilfe der Mama. Bis vor kurzem stand die 72-Jährige nämlich noch jeden Tag am Losstand mit den vielen Plüschtieren und Plastikspielsachen. "Das habe ich 30 Jahre lang gemacht".

Jetzt, quasi im Ruhestand, beschränkt sie sich auf das Führen der Kassenbücher, macht, wenn nötig, die Ablöse an der Karussellkasse und kocht jeden Tag, auch für die Arbeiter – insgesamt für acht Personen. Die Arbeit geht ihr nicht aus, auch wenn sie es inzwischen etwas ruhiger angehen lassen kann.

Nach Villingen kommt Bärbel Gebauer besonders gern. Hier gefällt ihr das Städtle und "beim Metzger werde ich namentlich begrüßt". Mit Hündchen "Fipsi" geht sie gerne in die Natur ringsherum. Sie liebt es, mit den anderen Schaustellern zusammenzusitzen – "manchmal sind wir eine große Familie". Für Hobbys ist ihr in all den Jahren keine Zeit geblieben. Das freie Leben hat schließlich seinen Preis: fahren von Platz zu Platz, aufbauen, betreiben und abbauen – viel Arbeit also. "Aber dabei bleibe ich, solange ich kann".