Martina Braun, Landtagsabgeordnete der Grünen, ist auf Sommertour und macht sich ein Bild von der "Lernbrücke" am Romäusring-Gymnasium, links Lehrerin Annelie Schön. Foto: Heinig

Grünen-Landtagsabgeordnete Martina Braun informiert sich über Lernbrücke. Vorbereitung vor Schulbeginn skizziert.

VS-Villingen - Wie funktioniert die "Lernbrücke"? Ein Bild vom landesweiten Nachhilfe-Projekt machte sich am Montag die Landtagsabgeordnete der Grünen, Martina Braun, am Romäusring-Gymnasium und erfuhr, wo dort der Schuh am schmerzhaftesten drückt.

60 Schüler aus den Klassenstufen fünf bis zehn nutzen seit einer Woche das tägliche Angebot, sich nach dem Lockdown fit machen zu lassen für den ab nächster Woche nach den Sommerferien wieder stattfindenden Präsenzunterricht. Das Gymnasium am Romäusring (GaR) bindet dabei auch einige Schüler des Gymnasiums am Hoptbühl (GaH) ein, zwei der insgesamt neun Lehrer, die sich freiwillig für das Projekt meldeten, sind dort Referendare.

Schüler werden in "Infektionskohorten" getrennt

GaR-Schulleiter Jochen von der Hardt freut sich, dass so viele engagierte Lehrkräfte die Dringlichkeit dieses Angebotes sahen und nun mithelfen, schwächere Schüler zu unterstützen. "Es ist jetzt wichtig, den Schülern das Gefühl zu geben, nicht abgehängt zu werden", sagt von der Hardt.

Einfach war der Brückenbau nicht, zumal die Zeit drängte. Abteilungsleiterin Dominika Swoboda berichtet von zahlreichen Abstimmungen mit Lehrern, Eltern und Schülern, bis das Lern-Bauwerk stand und der Nachhilfeunterricht in den Hauptfächern Deutsch, Mathematik und Englisch am 31. August beginnen konnte. Die Schüler kommen seither in fünf Gruppen mit maximal 16 Schülern täglich für jeweils zwei Doppelstunden in die Schule - mit Abstands- und - außer im Unterricht - Maskenpflicht.

Die "Lernbrücke" wäre also geschafft. Der Preis jedoch ist hoch. Von der Hardt gibt zu, dass er sich angesichts eines wegen der Corona-Auflagen insgesamt immens gewachsenen Aufgabenkataloges in den vergangenen Wochen mehrfach "jenseits meiner Grenzen" befand. Das fünfköpfige Schulleitungsteam habe sich nur eine Woche Pause gegönnt.

Die Sommerferien wurden genutzt, um Pläne für vier mögliche Eskalations-Szenarien auszuarbeiten. Erstens: der Unterricht findet ab Montag normal statt, ohne Mindestabstand, aber mit zweitversetzten Anfängen und Pausen sowie der Trennung der Schüler in sogenannte "Infektionskohorten". Zweitens: Bei eventuell vorgeschriebenem Mindestabstand die Verteilung der Klassen auf alle Fachräume. Drittens: Unterricht nur für die Kursstufe und viertens: wieder nur Homeschooling.

Klare Corona-Linie verlangt

Jochen von der Hardt bat Martina Braun daher, in Stuttgart für die Schulleitungen um mehr administrativen Raum zu werben und um eine vorübergehende Entbindung der Unterrichtsverpflichtung. Des Weiteren wünscht sich Jochen von der Hardt vom Land eine klarere Corona-Linie. So sehr er pädagogische Ermessensspielräume schätze, so wenig brauche er sie bei Entscheidungen, wie man am kommenden Montag zum Beispiel mit Schülern verfährt, die in Risikogebieten Urlaub gemacht haben. Müssen sie 14 Tage lang in Quarantäne, reicht ein negativer Test oder - und so habe er sich jetzt mit dem Gesundheitsamt verständigt - reicht ein Test am fünften Tag nach der Rückkehr? "Jede Schule verfährt anders", bedauert von der Hardt und empfindet die von ihm erwarteten Festlegungen als zusätzliche Belastung.

Wert legt er aber auf die Feststellung, dass die Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium in den vergangenen Monaten gut funktioniert habe. "Jeder leistet hier gerade Großartiges", sagt er und schließt sein Kollegium mit ein.

Das sehe auch die Mehrzahl der Schüler und Eltern so, bestätigt die stellvertretende Schulleiterin Karin Hass. Laut einer Umfrage unter 400 Familien ist der Zuspruch für die Maßnahmen des GaR groß. Und das trotz nach wie vor mangelhafter digitaler Ausstattung und der Tatsache, dass der Umgang damit im Lehramtsstudium nicht vermittelt wird.

"Aus einem Lkw-Fahrer muss in kurzer Zeit ein Flugzeugpilot werden"

"Aus einem Lkw-Fahrer muss in kurzer Zeit ein Flugzeugpilot werden", vergleicht von der Hardt die Anforderungen an jede Lehrkraft. Was die Hard- und Software angeht, sieht der Schulleiter sein Gymnasium inzwischen ganz gut gerüstet. Zum Glück sei die Stadt bei den digitalen Möglichkeiten finanziell in Vorleistung getreten, denn die Aufstellung des vom Land geforderten Medienentwicklungsplanes als Voraussetzung für den Zuschlag von entsprechenden Mitteln habe man bislang erst zu 80 Prozent erfüllen können. "Das geht inmitten der ganzen Corona-Thematik nicht von heute auf morgen", verteidigt von der Hardt die Vorwürfe, zu wenige Schulen hätten die Medienförderung bislang abgerufen.

Martina Braun versprach, ihre Eindrücke und die Bitten der Schule an die bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Sandra Boser, weiterzugeben.