Das Gedenkkreuz am Kapellenplatz erinnert an den Bombenangriff auf Villingen im Zweiten Weltkrieg. Foto: Disch Foto: Schwarzwälder-Bote

Vor 70 Jahren: Bombenangriffe auf Villingen im Zweiten Weltkrieg

VS-Villingen (md). Die Zeitzeugen, die vor 70 Jahren in Villingen die Bombardierung durch die alliierten Streitkräfte am eigenen Leib miterlebt haben, sterben zusehends aus. Und dabei könnten sie den heranwachsenden Jugendlichen noch so vieles erzählen.

Unter anderem auch, dass Villingen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs vom 1. Januar bis 20. April 1945 noch 321 Fliegeralarme an 81 Tagen zu überstehen hatte. Von 1944 bis April 1945 verschoben sich die Fliegeralarme von der Nachtzeit ganz auf die Tageszeiten wie der Chronist bemerkt. Oft waren es elf Alarme am Tag.

Die Bevölkerung wurde durch Sirenen auf die Fliegerangriffe vorbereitet. Mit dem Nötigsten begab man sich in den Keller, wo man dann die Motoren, der über einem fliegenden Flugzeuge hörte und schließlich auf das Ende der Alarme wartete, was wiederum durch Sirenen kundgetan wurde. Hoffend und bibbernd hörte man die Niederschläge der Bomben über der Stadt.

Im Vergleich zu anderen Städten hatte Villingen trotz der erlittenen schmerzlichen und unersetzlichen Verluste an Blut und Glut noch Glück. Durch Fliegerangriffe sind in Villingen 20 Menschen ums Leben gekommen. Vor allem Häuser rund um das Bahnhofsviertel mit Gerwig-, Luisen,- Bahnhof- und Altstadtstraße wurden in Mitleidenschaft durch die Bombenangriffe gezogen.

Vor allem in den Tagen vom 20. bis 22. Februar schlugen etliche Fliegerbomben ein. Im März 1945 wurden die Metallwerke bombardiert und im April die Schwarzwälder Apparate-Bau-Anstalt (SABA).

Die Bevölkerung der Stadt war vor allem durch zwei Bombenangriffe schockiert, die am 20. Februar die Bickenkapelle und am 22. Februar die Gutleuthauskapelle vollständig zerstörten. Die Gutleuthauskapelle stand zwischen der Berthold- und Gerwigstraße, wo heute der Caritasverband sein Verwaltungsgebäude hat.

Hier wurden im Mittelalter die Leprakranken behandelt. Die Bickenkapelle stand am linken Brigachufer jenseits der Bickenbrücke, neben der Fußgängerbrücke zum Landratsamt. Ein monumentales Steinkreuz ermahnt den Betrachter an die Kapelle.

Man darf davon ausgehen, dass schon um 1400 hier eine Kapelle stand. Sie lag am Stationenweg, der von der Stadt zum Friedhof führte. Fast 500 Jahre wurde in der Kapelle das Nägelinskreuz verehrt, das seit 1942 im Münster sich befindet. Es wurde stets zu Unruhezeiten ins Villinger Münster ausquartiert, wie die Chronisten berichten. Auf Grund der Beheimatung des Kreuzes war die Kapelle auch für die Villinger von großer Bedeutung. Auf einer Pirschgerichtskarte von Anton Berin aus dem Jahr 1607 ist die Kapelle dokumentiert.

Im Zuge der Reformation und Bauernkriege wurde die Kapelle, die unter dem Patronat "Unserer Frauen Kirch" stand, 1624 neu erbaut. 1633 wurde die Stadt belagert und vom Bickentor angegriffen. Die Feinde nutzen die Kapelle zur Deckung, so dass sie durch die Villinger eingeäschert wurde. Man versprach jedoch eine neue zu bauen. 1669 wurde diese eingeweiht.

Das Erscheinungsbild der Kapelle blieb bis zur Zerstörung 1945 unverändert. Vor allem am Fest der Kreuzerhöhung trafen sich die Gläubigen in der Kapelle zum Gebet. Die katholische Jugend traf sich in der NS-Zeit zu Versammlungen, da diese sich außerhalb der Kirchen nicht treffen durften. Umso mehr schmerzte die Bevölkerung die Zerstörung.

Das Nägelinskreuz im Villinger Münster, das immer noch oft Treffpunkt vieler Gläubigen zum Gebet ist, erinnert noch heute an diese Kapelle.