Jürgen Roos bedauert den Vorfall, der sich am Samstag an seinem Karussell ereignet hat. Foto: Bloss

Kinder verletzt. Gelöster Haltebolzen lässt Waggon entgleisen. Gutachten in Auftrag gegeben.

VS-Schwenningen - War es ein tragischer Unfall oder fahrlässiges Handeln, als die beiden Kinder am Samstagnachmittag im Karussell auf dem Weihnachtsmarkt verunglückten? Nach Reparatur und Gutachterprüfung hat das Fahrgeschäft zumindest seinen Betrieb wieder aufgenommen.

"Es tut mir wirklich leid, es ist einfach passiert", sagt Betreiber Jürgen Roos. In den 20 Jahren, in denen er in der Branche tätig ist, sei nie etwas vorgefallen. Familie Roos kommt bereits seit mehreren Jahren nach VS, hat in diesem Jahr in beiden Stadtbezirken zwei Kinderkarussells in Betrieb. "Ich konnte nichts dafür, mich trifft keine Schuld", beteuert er.

Ein Materialfehler soll die Ursache für das Unglück am Kinderkarussell gewesen sein, bei dem zwei syrische Mädchen aus der Notunterkunft am Messeareal im Alter von acht und 13 Jahren verletzt wurden. Wie Roos erklärt, sei ein Sicherungsbolzen während der Fahrt durchgebrochen, ein Kind habe sich hinten auf den Waggon gebeugt, dieser habe sich dann nach vorne ausgehängt und sei entgleist. Durch die schnelle Reaktion und Hilfe von Passanten konnten die beiden eingeklemmten Kinder befreit werden, Unterarmbruch und Prellungen wurden später im Kreisklinikum diagnostiziert.

Mittlerweile, so berichteten Augenzeugen gestern, gehe es den Kindern wieder besser, sie befänden sich aber zur Beobachtung noch in der Klinik.

War es überhaupt zulässig, die Mädchen trotz fortgeschrittenen Kindesalters im Karussell fahren zu lassen? Feste Bestimmungen und Altersgrenzen gebe es bei diesem Fahrgeschäft nicht, erklärt Jürgen Roos, es komme auf das Gewicht und die Größe an. Diese Parameter seien bei den Mädchen "normal" gewesen.

Bereits am Samstagabend habe ein erster Gutachter der Firma Dekra eine Bestandsaufnahme gemacht, ein zweiter am Sonntagmorgen das Fahrgeschäft nochmals komplett geprüft und die Freigabe erteilt, meint Roos. Das bestätigte gestern auch das Polizeipräsidium Tuttlingen in einer Pressemitteilung.

Noch vor einem halben Jahr – so alt ist das Karussell – sei es vom großen Werk-TÜV in der Fabrik abgenommen worden, sagt Jürgen Roos. Bevor ein Marktbetrieb losgehe, sei auf jedem Platz stets eine TÜV-Abnahme erforderlich, etwa 30 Abnahmen sowie eine Haupt-TÜV-Untersuchung könne er pro Jahr mit seinen Fahrgeschäften verzeichnen. Doch, ob diese auch vor Beginn des Schwenninger Weihnachtsmarktes am vergangenen Freitag beim Kinderkarussell erfolgt ist, dazu kann Roos keine Aussage machen.

"Die Betreiber von Fahrgeschäften müssen bestimmte Voraussetzungen, zum Beispiel in Bezug auf den Platz oder die Bodenbeschaffenheit, für die Betriebsgenehmigung erfüllen", erklärt Dekra- Sachverständiger Stephan Häberle aus Singen, der am Samstag vor Ort war. Diese werde in einem Pflichten-Heft dokumentiert, welches für das betroffene Fahrgeschäft jedoch am Wochenende nicht vorlag und der Polizei nachgereicht werden müsse. Weitere Auskünfte zum Verfahren, das die Staatsanwaltschaft übernommen habe, kann Häberle nicht machen.

"Wir sind unglaublich entsetzt und hoffen, dass es den Kindern gut geht", sagt Patricia Leppert, Technische Leiterin der SMA Messegesellschaft, die den Weihnachtsmarkt betreibt. Über die Wieder-Inbetriebnahme des Karussells zeigt sie sich zwiegespalten: "Wenn die Polizei und die Dekra grünes Licht geben, können wir uns schlecht darüber hinwegsetzen." Sie macht zudem deutlich, dass jeder Inhaber für die Abnahme der jeweiligen Stände und Fahrgeschäfte selber verantwortlich ist. "Das ist ganz klar geregelt, dass die Genehmigung nicht durch uns erfolgt", erklärt Leppert. Auch Stadt-Pressesprecher Nicolas Lutterbach verweist darauf, dass die Zuständigkeit für die Abnahme und Kontrolle nicht bei der Stadt, sondern beim TÜV liege.