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Wiederaufbau des Systems gefordert / Bei der Stadt laufen erste Überlegungen

Die Alarmierung der Bevölkerung in Katastrophenfällen wie Großbränden oder einem Unglück in einem Atomkraftwerk treibt Patrick Jamnikar um. Um möglichst alle zu erreichen, macht er sich für die Reaktivierung der Sirenen in Villingen-Schwenningen und im Schwarzwald-Baar-Kreis stark.

Villingen-Schwenningen. Ihm liege die effektive Warnung der Bevölkerung am Herzen, und zwar aller Generationen, betont Jamnikar, der als Rettungssanitäter beim Deutschen Roten Kreuz im Kreis Tuttlingen und ehrenamtlich beim Katastrophenschutz des Malteser-Hilfsdiensts in Villingen tätig ist. Zwar gebe es beispielsweise die Warn-App Nina fürs Handy, aber zum einen verfüge in der älteren Generation nicht jeder über ein Handy, zum anderen höre es so mancher auch nicht in der Nacht – zumal es geladen sein müsse. Und wenn es zum Zusammenbruch des Strom- oder Mobilfunknetzes komme, funktioniere dieses Alarmsystem nicht mehr. Auch der Einsatz von Lautsprechern könne an Grenzen stoßen, befürchtet Jamnikar. So setzt er sich dafür ein, dass die Kommunen im Kreis das Sirenennetz flächendeckend wieder in Gang bringen. Einen Mitstreiter hat er im FDP-Gemeinderat Dirk Caroli gefunden, der das althergebrachte Warnsignal ebenfalls für sinnvoll hält.

Früher war der Heulton landauf, landab regelmäßig zu hören, wenn die Kommunen die Sirenen beim Probealarm testeten. Doch mit dem Ende des Kalten Krieges seien sie zunehmend in Vergessenheit geraten, stellt Madlen Falke, Pressesprechering der Stadt, fest. Die Kommunen hätten die ursprünglich für den Luftschutz gedachten Sirenen in der Regel nicht mehr gewartet und teils auch zurückgebaut. Auch in Villingen-Schwenningen habe es 2005 eine letzte Bestandsaufnahme gegeben, erklärt Madlen Falke. Auf fast allen Rathäusern und bei den Ortsverwaltungen seien Sirenen vorhanden, in Obereschach auf der Grundschule und in Tannheim auf einer Trafostation. Vermutlich abgebaut seien die Anlagen auf den Verwaltungsgebäuden in Obereschach und in Weilersbach. Inwiefern die vorhandenen Sirenen noch funktionstüchtig seien, lasse sich wegen der lange zurückliegenden Überprüfung nicht sagen.

Erkennbar sei ein Trend, dass Städte die Sirenen wieder in Betrieb nehmen, um bei Gefahrenlagen zu warnen, betont Madlen Falke. Auch die Stadt sei derzeit in ersten Überlegungen, ob und wie sich das Sirenennetz wieder in Betrieb nehmen lässt. Konkrete Planungen gebe es im Laufe des Jahres. Es sei allerdings mit hohen Kosten und einem enormen technischen Aufwand zu rechnen. So prüfe die Verwaltung, inwiefern sich Mittel in den Haushalt 2019 einstellen lassen. Es sei dann eine politische Entscheidung, ob die Stadt ein Sirenennetz betreiben soll oder nicht.

29 Standorte seien in Villingen-Schwenningen erforderlich, um flächendeckend alle Haushalte zu erreichen, schätzt Jamnikar. Er sei mit einer Spezialfirma in Kontakt, die von Investitionen zwischen 8000 und 18 000 Euro je Sirene ausgehe – für den Rettungssanitäter gut investiertes Geld.

Der Landkreis begrüße es grundsätzlich, wenn die Gemeinden an ihren Sirenen festhalten oder auch eine Neuausstattung in Betracht ziehen, erklärt Heike Frank, Pressesprecherin des Landratsamts. Wo noch vorhanden, würden sie im Katastrophenfall benutzt, um die Bevölkerung auf eine Gefahrensituation hinzuweisen. Die Sirenen könnten eine Weckfunktion übernehmen. Bezüglich der digitalen Welt setze der Kreis auf die WarnApp Nina. Allen Nutzern von Smartphones im Kreis empfiehlt die Behörde, diese App herunterzuladen. Bei Aktivierung der Push-Funktion könne sie auch den Weckeffekt übernehmen. Ebenso wie die Stadt nennt der Kreis die sozialen Medien, Homepages sowie Funk und Fernsehen als Mittel, um die Menschen auf Gefahren aufmerksam zu machen. Zudem sei es möglich, über Fahrzeuge mit Lautsprechern zu informieren, die in den betroffenen Gebieten unterwegs seien. Für private Haushalte sei es ratsam, auf ein Kofferradio samt Batterien zurückgreifen zu können und sich haltbare Vorräte zuzulegen.

Ratschläge in Sachen Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, die Patrick Jamnikar ernst nimmt, gerade mit Blick auf die Nähe der Region zu sieben Atomkraftwerken in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Mit ein Grund, dass er auf die bewährte Technik der Sirenenalarmierung setzt, um alle Bürger warnen zu können. Seine Initiative stößt durchaus auf Zustimmung: Kontakte zu den Sirenenfreunden Südwestpfalz sind geknüpft, und in der Facebook-Gruppe "Gemeinsam für den Erhalt und Wie deraufbau des Sirenennetz im SBK" haben sich inzwischen 344 Mitglieder zusammengeschlossen. Motivation genug für den Rettungssanitäter, zusammen mit Dirk Caroli dieses Ziel weiter zu verfolgen.