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   Porträt / Sandra Rathgeber ist Vorsitzende des  "Vereins für Frühgeborene und kranke Neugeborene Schwarzwald-Baar" / An Weihnachten werden Geschenke verteilt

Schon als Schülerin leistete Sandra Rathgeber Praktika in der Villinger Kinderklinik ab. Sie wusste früh: "Ich will Kinderkrankenschwester werden". Ihr Wunsch ging in Erfüllung. Seit 2015 ist die 43-Jährige zudem Vorsitzende des "Vereins für Frühgeborene und kranke Neugeborene Schwarzwald-Baar".

Villingen-Schwenningen. Ihr Herz schlägt für die kleinen Patienten des Schwarzwald-Baar-Klinikums. Das war schon so, als das große Haus noch gar nicht stand, in dem die Neonatlogie aufgrund bester medizinischer Leistung und Ausstattung den höchsten "Level 1" hat und deshalb auch Frühgeborene unter 1250 Gramm behandeln darf.

Von Reutlingen zurück

Sandra Rathgeber begann nach der Schulzeit in Trossingen 1993 die Ausbildung zur Kinderkrankenschwester, damals noch an der Kinderklinik in Villingen. Dass sie selbst als 2000-Gramm-Baby auf der Frühchen-Intensivstation lag, könnte ein Grund dafür sein, vermutet sie, dass es sie beruflich von Anfang an in diese Richtung zog. Doch 1996 waren die Übernahmequoten am Klinikum nicht hoch genug, und Sandra Rathgeber ging auf die Frühgeborenenstation des Reutlinger Klinikums, wo sie 14 Jahre lang blieb. 2010 kehrte sie in ihre Heimat zurück und erlebte 2013 den Umzug in das Schwarzwald-Baar-Klinikum in den Zentralbereich von VS mit. Hier kommen seither rund 50 Kinder pro Jahr auf die Welt, die weniger als 1500 Gramm wiegen.

Frühgeburten häufen sich

Dass sie sich weniger als 30 statt üblicherweise 40 Wochen Zeit zum Heranwachsen im Mutterleib nehmen, ist ein Umstand, der leider immer häufiger vorkomme, weiß Sandra Rathgeber. Fachkreise führen die wachsende Frühgeburtlichkeit auf Umwelteinflüsse, Stress und künstliche Befruchtungen mit daraus resultierenden Mehrlingsgeburten zurück. Gleichwohl schaffe man es auf dem "Level 1", etwa 95 Prozent der Winzlinge durchzubringen. Ihnen und ihren Eltern auf diesem teilweise sehr schweren Weg beizustehen, das hat sich 2011 der "Verein für Frühgeborene und kranke Neugeborene Schwarzwald-Baar" zur Aufgabe gemacht. Sandra Rathgeber ist eines der Gründungsmitglieder, die einer zuvor bestehenden Elterngruppe durch die Vereinsgründung mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit verschaffen und die Möglichkeit der Spendenannahme einräumen wollten. Das Thema Frühgeburtlichkeit sollte präsenter und betroffenen Familien geholfen werden.

Inzwischen hat der Verein nicht nur 130 Familien als Mitglieder, er bietet den Betroffenen mit Austauschtreffen, Festen und Fachvorträgen auch eine ganze Menge an Beratung und Hilfe. Zuletzt ließ man am "Weltfrühchentag" im November viele bunte Luftballons in den Himmel steigen.

Dank der Mitgliedsbeiträge (15 Euro pro Familie und Jahr, zehn Euro für Einzelpersonen) und Spenden kann der Verein viele Projekte stemmen. So wurde auf Anregung der Eltern im Rückzugsort "Elternzimmer" eine kleine Bibliothek angelegt, hier soll demnächst auch ein gemütliches Sofa Platz finden. Bequeme Stillsessel, spezielle Frühgeborenenkleidung, "Lärmampeln" und fröhliche Bilder für die Patientenzimmer sowie Babywatch-Kameras, die es Eltern ermöglichen, ihr Kind auch von zu Hause aus zu sehen, wurden schon angeschafft.

Liebe und Wärme

An Ostern und Weihnachten werden kleine Präsente verteilt, denn ein Hauptanliegen des Vereins sei, den Klinikaufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, sagt Sandra Rathgeber. "Liebe und Wärme sind neben der Hochleistungstechnik das Wichigste". Manche Eltern müssen viele Wochen, manchmal Monate mit ihrem Kind im Klinikum verbringen. "Da wird man zu einer Art Familie", sagt Sandra Rathgeber.

Den Lohn für ihre Arbeit als Fach-Kinderkrankenschwester auf der Kinderintensivstation erhält sie deshalb auch in immaterieller Form: "Ich freue mich, wenn ich sehe, dass es den Kindern besser, zum Glück in den meisten Fällen auch richtig gut geht", sagt sie. Auch deshalb liebt sie die Vereinstreffen, sieht sie hier doch ihre ehemaligen kleinen Patienten wieder.

Sandra Rathgeber hat keine eigenen, aber viele andere Kinder, um die sie sich am Klinikum in Vollzeit kümmert. Und nicht nur da – einen Teil ihrer Freizeit widmet sie der häuslichen Kinderkrankenpflege bei einem Pflegedienst. Dort betreut sie stundenweise ein acht- und ein elfjähriges Kind. Der Kontrast zwischen Klinikalltag und dem Zuhause eines Patienten ist es, was ihr besonders gefällt.

Weihnachten zu Hause

Weihnachten kann die Natur- und Gartenliebhaberin, die zudem Musicals liebt, in diesem Jahr ausnahmsweise zu Hause im Kreise ihrer Familie feiern, in einem "Mehrgenerationenhaus" in Trossingen, in dem sie seit kurzem mit ihrer Mutter und ihrer 90-jährigen Großmutter lebt.