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Porträt / Lutz Melzer ist kommissarischer Chef der Schwenniner Narrenzunft / Für den Umzugsverlauf ein gutes Gefühl

Dass er der Schwenninger Fasnet 2018 als allein verantwortlicher Zunftmeister vorstehen würde, das hätte sich Lutz Melzer vor einem Vierteljahr noch nicht träumen lassen.

VS-Schwenningen. Nach dem überraschenden Rücktritt von Zunftmeister Martin Wittner im Dezember muss er als dessen Vize jetzt aber ran. Melzer nimmt’s professionell: Wenn man sich in das Amt des zweiten Zunftmeisters wählen lasse, müsse man mit einem Hopplahopp-Einsatz rechnen, sagt er. Schließlich könne der Chef jederzeit und aus den unterschiedlichsten Gründen ausfallen. "Dafür hat man schließlich einen Stellvertreter".

Er kann das Amt jetzt kennenlernen

In Melzers Fall bedeutet das allerdings eine immense Verdichtung innerhalb seines Zeitmanagements. Deshalb kann und will er die Frage, ob er sich bei der nächsten Jahreshauptversammlung der Schwenninger Narrenzunft im September dann offiziell in den höchste Amt der Narrenzunft wählen lassen werde, nicht beantworten.

Er habe den seltenen Vorteil, das Amt jetzt eine Fastnacht lang kennenzulernen, bevor er sich entscheidet, sagt der 50-Jährige. Es ist schon enorm, was der gelernte Bankkaufmann, der als Diplom-Sachverständiger bebaute und unbebaute Grundstücke bewertet, neben seinem Beruf her so alles leistet. "Ich bin ein Vereinsmensch und habe außerdem einen Sprachfehler: Ich kann nicht Nein sagen", gibt er lachend zu. Außer Zunftmeister ist er nämlich auch noch Zugführer und Ausschussmitglied der Feuerwehrabteilung Schwenningen. Das alles unter einen Hut bringe er nur durch die Unterstützung seiner Frau Eva-Maria und seinen beiden Töchtern, sagt er.

Als Zehnjähriger tritt er der Narrenzunft bei

Lutz Melzer ist in Schwenningen geboren. Als Zehnjähriger trat in die Narrenzunft ein, lief zuerst als Schantle und später als Hansel. Kurz vor dem Weißnarrentreffen 2011 holte ihn der damalige Zunftmeister Ralf Prätzas in den Narrenrat. Ein Jahr lang war er Zunftschreiber, seit 2012 ist er zweiter Zunftmeister.

Seine Blitzkarriere führt er auf seine Freude am Leben und Erleben des Brauchtums zurück. "Strählen, Gleichgesinnte kennenlernen und mit ihnen zusammen Fasnet machen, das ist doch etwas Herrliches", sagt er. Wenn seine Zunft bei auswärtigen Treffen mit anderen zusammenkommt, zuletzt in Bad Waldsee und in Gengenbach, wenn man "schunkelt, lacht und singt", ist Melzer in seinem Element. Sauferei und laute Discomusik an der Fasnet erteilt er hingegen eine Absage.

Seit 36 Jahren in der Feuerwehr

Seit 36 Jahren ist Lutz Melzer auch Mitglied der Schwenninger Feuerwehr. Als Vierzehnjähriger habe er es in der Jugendfeuerwehr zu sein "vorübergehend cooler" gefunden als in der Narrenzunft. Und auch dort ist er geblieben. Seit 25 Jahren sitzt er im Ausschuss, der monatlich zusammenkommt, und seit zehn Jahren ist er Zugführer. Dass er über die Fasnet keinen Alarmpiepser dabei haben wird, sei in der Abteilung nicht problematisch – "bei uns kann jeder mit jedem zusammenarbeiten", sagt er.

Wenn Lutz Melzer entspannen will, dann wendet er sich einem weiteren Verein zu. Im Schützenverein Schwenningen sitzt er ausnahmsweise nicht im Vorstand, obwohl man ihn schon angefragt hat. Doch hier sucht er nur Entspannung. Als Kurzwaffenschütze hat er es als Aktiver mit der Mannschaft vor drei Jahren schon bis in die Relegationsrunde zur zweiten Bundesliga gebracht und den Aufstieg nur knapp verpasst. Seine Töchter schossen schon bei Deutschen Meisterschaften, und auch seine Frau teilt mit ihm die Freude an diesem Sport. Und nicht nur den, sondern auch die Leidenschaft für Wohnwagenurlaub in Südtirol. "Das ist meine Kraftquelle", sagt Melzer und freut sich schon auf das Frühjahr.

Jetzt steckt er als kommissarischer Zunftmeister jedoch erst einmal mittendrin im Fastnachtsgeschehen. Den Stadtschlüssel haben sich die Narren schon geholt, an diesem Samstag wird auf dem Muslenplatz der Narrenbaum aufgestellt. Der obligatorische Narrensprung findet im Zeichen des 90-jährigen Bestehens der Zunft statt. Dafür werde man mit alten Häsern die einzelnen Epochen darstellen, verrät Melzer. Er selbst wird in einer Ratsherrenkluft aus den 1950er-Jahren voranschreiten. Ganz vorne wird er am Sonntag nun auch bei der Narrenmesse und dem Zunftmeisterempfang stehen und hernach den Umzug eröffnen.

Auf die Sicherheit großen Wert gelegt

Für den Umzugsverlauf hat Melzer ein gutes Gefühl. Das Sicherheitskonzept der Stadt, das im vergangenen Jahr die Gemüter erregte, habe sich für alle Beteiligten bewährt, sagt er. Die in diesem Jahr neu hinzugekommene Vorschrift einer Nothalt-Taste für jeden Umzugswagen hat sich die Schwenninger Narrenzunft für ihre vier Wagen zwei Arbeitsstunden pro Wagen und 600 Euro kosten lassen, und sie hält auch noch drei weitere Nachrüstsets für Gastzünfte bereit.