Beim Tag des offenen Denkmals nutzen viele Bürger die Möglichkeit, unter anderem das MPS-Studio in Villingen (oben), die katholische Kirche St. Franziskus in Schwenningen (unten links) und den Bruckburehof in Obereschach zu besichtigen. Foto:s Heinig Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Experten geben ihr Wissen an die Bürger weiter / Großes Interesse

Sie haben es verdient, genauer betrachtet zu werden. Beim Tag des offenen Denkmals wurden am Sonntag für die Bevölkerung denkwürdige Bauten der Stadt zugänglich gemacht und dazu viele Geschichten erzählt. Das Interesse war groß.

Villingen-Schwenningen. Seit Juni 2015 erklingen die 2000 Pfeifen in 33 Registern der Lenter-Orgel in der Katholischen Kirche St. Franziskus in Schwenningen. Die Orgel des Orgelbauers Andreas Lenter aus Sachsenheim stand im Mittelpunkt der Erläuterungen und musikalischen Demonstrationen von Bezirkskantor Peter Hirsch.

33 000 Euro Spenden

Georg Meissner, der Vorsitzende des Orgelbau-Fördervereins, der seinerzeit rund 33 000 Euro Spenden für den Orgelneubau beibrachte, erzählte dazu spannende Geschichten über den Stuttgarter Architekten Josef Cades, der das Gotteshauses 1893 zwar errichtete, aber dabei von der Diözesangemeinde so zum Sparen gezwungen wurde, dass er es aus Protest nicht in sein Werksverzeichnis von 40 Kirchen aufnahm. Eine weitere Besonderheit des Baues ist die damals unübliche Ausrichtung des Altars nach Westen hin, Cades Lösung für ein problematisch welliges Terrain, von dem heute auch noch mächtige Stützmauern zeugen.

Mächtig erscheint auch der Bruckburehof in Obereschach, um den herum und durch den Architekt Andreas Flöß und Hausbesitzer Herbert Schwarz führten. Die Grundmauern und Teile der Außenmauern stammen aus dem 13. Jahrhundert. 1705 wurde das im 30-jährigen Krieg niedergebrannte Gebäude originalgetreu nachgebaut. Die Besonderheit der Außenwände aus Blockbohlen: Sie tragen das riesige Dach ganz alleine, innenliegende Stützbalken sucht man vergebens. 1982 sanierte Flöß’ Vater Konrad das Gebäude im Auftrag eines Villinger Bauunternehmers von Grund auf. "Fast wäre hier stattdessen ein Supermarkt entstanden", erinnerte sich Flöß, der einem interessierten Publikum auch seine Erfahrung mit denkmalgerechten Sanierungsarbeiten mitteilte.

Innen gehen Historie und Moderne auf 1000 Metern Wohnfläche eine attraktive Symbiose ein. "Ich habe nur wenig verändert, sagte Herbert Schwarz, der das beeindruckende Haus mit separatem Backhaus und großem Gartengelände 2015 kaufte. Er führte die Besucher auch durch private Räume, die bald vielleicht, so verriet Schwarz, zur Herberge für reisende Motorradfahrer werden.

Führungen ausgebucht

Schon im Vorfeld restlos ausgebucht waren die Führungen durch das Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung, das MPS-Studio in der Richthofenstraße Villingen, dassein 50-jähriges Bestehen feiert. Die 25 Interessierten bei jeder der drei Führungen hingen an den Lippen von Friedhelm Schulz vom Förderverein, der die Einzigartigkeit dieser Räume spürbar werden ließ. Studiogründer Hans-Georg Brunner-Schwer (1927 bis 2004), damals technischer Geschäftsführer der Saba-Werke, lebte hier sehr erfolgreich seine Leidenschaft für die Optimierung von Aufnahme- und Wiedergabetechnik aus, die bald Musiker aus der ganzen Welt in den Schwarzwald lockte, unter ihnen die Jazzlegenden Oscar Peterson und Duke Ellington. "MPS könnte auch "most perfect sound" heißen, steht aber für Musikproduktion Schwarzwald", so Schulz.

Das Ortskuratorium Villingen-Schwenningen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz hatte neben den drei genannten noch weitere Denkmale ausgesucht und dafür ehrenamtliche Führer gefunden. Altdekan Kurt Müller zeigte die Altenheimkapelle St- Lioba, Michael Hütt führte durch die Saba-Abteilung des Franziskanermuseums und Ralf Ketter durch das Schwenninger Uhrenindustriemuseum, die ehemalige Württembergische Uhrenfabrik, in der es noch einen ehemaligen Luftschutzbunker zu sehen gab.