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Porträt / Stefanie Tröndle engagiert sich auch für "Sternenkinder"

"Hebamme macht man nicht, das ist man". Stefanie Tröndle hilft seit fast 15 Jahren Kindern auf die Welt. Nicht nur den lebenden, sondern auch denjenigen, die ihr Werden im Mutterleib nicht überleben – den "Sternenkindern".

VS-Villingen. Seit Anfang der Nullerjahre gibt es diesen Begriff als wertschätzendes Synonym für Fehl- oder Totgeburten.

Als Stefanie Tröndle 2004 ihre Ausbildung zur Hebamme abgeschlossen hatte, dauerte es nicht lange, bis sie sich dieser Neugeborenen – leichter als 500 Gramm und tot – in besonderer Weise annahm.

Grabstelle auf dem Friedhof

2002 hatte ihre Kollegin Martina Kammerer mit Hilfe von Spenden eine Grabstelle auf dem Friedhof mit Gedenkstein erreichten lassen. In der Nähe der Kindergräber steht seither eine Stele für die "Sternenkinder". Hier werden inzwischen zweimal im Jahr Gedenkfeiern abgehalten vor einem Sarg, häufig nicht größer als eine Schuhschachtel. "Darin liegen manchmal bis zu 100 Kinder", sagt Stefanie Tröndle und erklärt, dass schon jede ersten Zellanhäufungen, die sich auf den Weg gemacht haben, einmal ein Mensch zu werden, auf diese Weise feuerbestattet werden.

2000 mutiger Schritt in Hebammenberuf

Stefanie Tröndle ist 35 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Kinder, wurde in Villingen geboren und legte an der Albert-Schweitzer-Schule ihre Fachhochschulreife ab. Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr am Schwenninger Krankenhaus stand ihr Entschluss, Hebamme zu werden, fest. Anfang 2000 ein mutiger Schritt, denn damals bewarben sich 1500 Frauen auf bundesweit 15 Ausbildungsstellen. Stefanie Tröndle hatte Glück. Heute habe sich die Situation komplett gewandelt, weiß sie. Hebammen werden händeringend gesucht, eine Folge schlechter, von der Politik zu verantwortenden Rahmenbedingungen, wie sie findet.

2004 wurde sie vom städtischen Klinikum in Villingen übernommen. Mit einer Kinderpause von fünf Jahren arbeitet sie dort bis heute. Ihr Engagement für die "Sternenkinder" betreibt sie indes als Privatperson, obwohl sich Beruf und Ehrenamt freilich nur schwer trennen lassen. Stefanie Tröndle und ihre Kollegin Germana Hauer sind hier nämlich nah an den gebärenden Frauen dran, erleben das Drama hautnah mit, wenn ein Kind nicht lebend zur Welt kommt.

Dann beginnt für Stefanie Tröndle die psychologische Betreuungsarbeit. Keine leichte Aufgabe, doch die Hebamme fühlt nach dem allzu frühen Tod ihrer Mutter eine emotionale Nähe zu den Betroffenen, die ihr hilft, das Richtige zu sagen und zu tun. "Am Ende sind 90 Prozent der Mütter sogar soweit, dass sie ihr totes Kind noch einmal sehen wollen", sagt Stefanie Tröndle. Über www.meinsternenkind.eu findet man gar Profifotografen, die kostenlos Aufnahmen machen vom Kind, von einem Fuß oder einer Hand, von der Familie. Über Flyer erhalten die Trauernden Gelegenheit, den Termin für die nächste Beerdigungsfeier zu erfragen. "Es kommen immer mehr", sagt Stefanie Tröndle und weiß, dass dieser Akt für die meisten eine wichtige Aufgabe bei der Trauerbewältigung spielt.

Kosten werden über Spenden beglichen

In ihrer Freizeit sieht man sie oft auf dem Friedhof, um die Grabstelle der "Sternenkinder" zu pflegen. Inzwischen sei der Grabstein in die Jahre gekommen und müsse eigentlich ersetzt werden. Die Kosten dafür kann sie nur über Spenden begleichen. Wie die kürzlich von Dörr-Brüdern aus dem Erlös der "rNuD-Konzerte". Davon kann Stefanie Tröndle jetzt für sich und ihre beiden Sternenkinder-Kolleginnen – auch Martina Kammerer gehört noch dazu – vielleicht sogar eine Weiterbildung in Trauerbegleitung für Familien finanzieren.

Eventuell gründet sie einen Verein

Auch reizt sie die Ausbildung zur "Sternenkinder-Hebamme". Noch scheut sie den Aufwand und die Bürokratie, aber "wahrscheinlich komme ich nicht darum herum, bald einen Verein zu gründen", fürchtet sie. Mitstreiter weiß sie genügend hinter sich. Zum Beispiel Ramona Neugart aus Tannheim, die für die "Sternenkinder" unermüdlich strickt und näht – Decken, Mützchen, Abschiedsboote. Oder die vielen Hebammenschülerinnen, die Holzsterne aussägen, die, jeder mit einem Namen versehen, in der Klinikkapelle hängen.

Kraft holt sich die zweifache Mutter zu Hause bei ihrer Familie. Man geht gemeinsam viel in die Natur. "Der Tod gehört für uns dazu", beschreibt Stefanie Tröndle den gemeinschaftlichen Umgang mit dem Lebensende, selbst wenn das Leben noch gar nicht begonnen hat.

Am 24. Oktober werden auf dem Villinger Friedhof um 14.15 Uhr die nächsten "Sternenkinder" begraben.