In der Advents- und Weihnachtszeit beliebt in Villingen und Umgebung: Spingerle. Foto: Bräun Foto: Schwarzwälder Bote

Heimat: Villinger Museums-Model 400 Jahre alt / Zu schön, um hart zu sein

Es gibt weltlich-royale Titel, deren Trägerinnen sich bestens auskennen: Weinkönigin, die für Schinken, Rosen- oder Spargel. Was aber aus lokaler und alemannischer Sicht längst fehlt: die Springerle-Königin.

VS-Villingen. Springerle – das ist das traditionelle Festtags-Gebäck aus einem Anis-Eierschaum-Teig, der einst zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten und später auch zu Hochzeiten oder zur Taufe mit jeweils passenden Motiven gebacken wurde. Wie Spekulatius gehören Springerle zum Bildgebäck und sind auch in Österreich, der Schweiz, im Elsass und in Ungarn bekannt.

Die alemannische Verniedlichung Springerle stammt nun wohl nicht vom ehemals beliebten Motiv, eines Spring-Reiters, sondern eher vom Aufspringen, wenn der Teig auf die doppelte Höhe wächst und sich "e Fieäßle bildet".

Bildformen dieser Art gibt es seit dem Mittelalter, die als vertiefte Negativ-Model aus Stein, Metall, Keramik oder Holz, geschaffen wurden. Eine Volkskunst, wie sie auch in Villingen von dem aus Ulm stammenden Künstler Hans Amann bis 1597 geschaffen wurden. Er fertigte ein museales Stück für die Villinger Äbtissin Apollonia Moser.

Weltlich wurden die Springerle und ihre Motive im 17. und 18. Jahrhundert als heraldische Motive zu Glück, Liebe und Fruchtbarkeit beliebt: modisch gekleidete Damen, prächtig geschmückte Reiter, Liebeskutschen, Fruchtbarkeits- und Liebes-Symbole.

Warum aber trauen sich nicht alle Backfreundinnen an Springerle ran? Wohl deshalb, weil das traditionelle alemannische Weihnachtsgebäck oft auch misslingt. Doch gelingen manche Exemplare, je nach Model, so schön, man sich kaum traut, diese zu essen.

Vieles gehe beim Springerle-Backen dann aber auch nach Gefühl. So darf der Teig nicht zu bröselig, aber auch nicht zu feucht sein und das Mehl muss immer gesiebt sein, um zum Erfolg zu kommen. Und mit Hetze geht beim Springerle-Backen schon gar nichts.

Das Zubereiten der Springerle wird also auch ein Abenteuer: zu bröselig der Teig, der in den Backformen nicht hält, oder sich die typischen Füßchen nicht bilden. Letztlich sind aber Springerle nicht fürs Museum gedacht, sondern zum Genuss. Das geht mit Kaffee oder Tee genauso gut wie mit Rotwein.

Zutaten: 500 Gramm feiner Zucker, vier Eier, 500 Gramm gesiebtes Mehl, drei Gramm Hirschhornsalz, die abgeriebene Schale einer Zitrone, ein Teelöffel Aniskörner, Kirschwasser bei Bedarf. Alle Zutaten in Zimmertemperatur. Zubereitung: Zucker und Eier schaumig rühren. Hirschhornsalz, Zitronenschale und gesiebtes Mehl dazugeben. Der Teig darf weder kleben noch zu trocken sein, die Oberfläche sollte sich seidig anfühlen. Den Teig mit Alufolie abdecken und eine Stunde kalt stellen. Um den Geschmack zu steigern, den Teig in ein mit Kirschwasser befeuchtetes Tuch einschlagen. Danach den Teig vierteln und mit knapp einem Zentime ter Dicke dick auf Mehl ausrollen, er darf nicht an der Unterlage kleben. Die Oberfläche mit Mehl bestäuben und das leicht bemehlte Model fest eindrücken und abheben. Die Springerle ausstechen und auf ein Backblech mit Backpapier, das mit Anis bestreut ist, legen. Die Springerle bei mäßiger Wärme an einem zugfreien Ort ein bis zwei Tage trocknen lassen. Vor dem Backen das Mehl von der Oberfläche abpinseln. Dass die Springerle "Füßle" bekommen, werden sie einzeln abgehoben und die Unterseite mit Wasser bestrichen. Dann bei 150 Grad Ober- und Unterhitze 15 bis 18 Minuten backen. Springerle kühl und in Blechdosen aufbewahren.