Peter Hettich sprach mit dem ehemaligen Skispringer Sven Hannawald auch über seinen persönlichen Fall. Foto: Bloss

Vortrag 1:100: Skisprungstar Sven Hannawald spricht im Druckzentrum über Höhenflüge und Abstürze.

Villingen-Schwenningen - Die Fragerunde wollte einfach nicht enden, so fasziniert waren die Gäste von der Person, die gerade einen tiefen Einblick in ihr damaliges und heutiges Leben gegeben hat: Sven Hannawald.

Die Gebäude- und Grundstücksservice GmbH hatte es geschafft, für ihre beliebte Vortragsreihe 1:100 im Druckzentrum Südwest Auf Herdenen den ehemaligen Skisprungstar zu gewinnen – eben der, der durch Burnout seine erfolgreiche Sportlerkarriere 2005 an den Nagel hängen musste und sich für einige Jahre aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat. Und doch kann er mittlerweile so befreit und klar darüber sprechen.

Unter dem Leitthema "Karriere: Höhen und Tiefen eines Sportlers" führte Peter Hettich, Sportressortleiter des Schwarzwälder Boten, das Gespräch durch den rund zweistündigen Abend, indem er sensibel, aber dennoch packend den Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Karriere und Privatleben, altem und neuem Leben des Sportlers spannte.

Die von Hettich selbst titulierte "banale und abgedroschene" Frage "Wie geht’s dir heute?" kann der gebürtige Sachse, der derzeit in München lebt, inzwischen "ohne Nachzudenken und aus dem Gefühl heraus" positiv beantworten. Hannawald erzählt viel und ausgelassen – von seinem "normalen Leben", in dem er mittlerweile angekommen sei, von seinen sportlichen Hobbies, die wie eine kleine Ersatzdroge den nötigen Kitzel in ihm bewirken ("Wenn ich was geschafft habe, dann bin ich stolz wie Bolle"), und von seiner neuen Partnerschaft, die er nun richtig ausleben könne.

Wenn Hettich das Gespräch auf die sportlichen Erfolge des 40-Jährigen lenkt, bekommen die interessierten Zuschauer einen Einblick in die Entwicklung dieser einzigartigen Sportlerkarriere, die in der ehemaligen DDR ihren Ursprung nimmt und über das Skiinternat in Furtwangen in die Weltspitze führt. Worauf es beim Ausnahmesportler stets ankam und was ihm letztendlich wohl auch zum Verhängnis wurde: "Für mich war immer der perfekte Sprung das Maß aller Dinge." Und was ist der perfekte Sprung? Mitunter der weiteste, aber auch "eine Zielsetzung, die nach oben offen ist. Und ein Gefühl, das ich nicht beschreiben kann", meint der Wahl-Münchener. Denn in dieses unbeschreibbare Gefühl mischt sich bereits anderthalb Jahre vor der Diagnose Burnout etwas, was Hannawald nicht erklären kann und für das er bei zahlreichen Arztbesuchen nach einer Antwort sucht: "Ich war müde und wollte einfach nur meine Ruhe. Als ich dann endlich die Diagnose Burnout bekam, was das kein Schock, sondern etwas Erlösendes für mich", macht er deutlich.

Trotz Klinik-Aufenthalts, der ihn "wieder auf einen guten Weg" bringt, beendet der Skispringer 2005 seine Karriere – wiederum eine Befreiung? Das könne er nicht richtig beantworten, jedenfalls habe er gemerkt, dass es für seinen Körper das Beste gewesen sei. Hat er bereut, diesen Weg gegangen zu sein? "Wenn ich weniger gemacht hätte, hätte ich es soweit nicht geschafft. Ich nehme es also für mich als Erfahrung für mein weiteres Leben", meint Hannawald etwas nachdenklich.

Dass er mit dieser Erfahrung, die er unter anderem in seinem Buch "Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben" festgehalten hat und somit anderen Betroffenen als "Fingerzeig" näher bringen will, nun so offen umgehen kann, das habe der sympathische Hobby-Golfer der Auszeit zu verdanken, die er sich genommen hat. Deshalb kann er auch Hettichs Frage, ob er Angst habe, dass ihn die Krankheit wieder einholt, eindeutig beantworten: "Ich habe gelernt wie ich ticke. Daher kann ich für mich definitiv ausschließen, dass es mir nochmal passiert."

Nicht nur für die vielen Fragen der rund 70 Besucher im Druckzentrum, sondern auch für Autogrammwünsche nimmt sich der ehemalige Skisprungstar, mit Blazer, lässiger Jeans und Turnschuhen gekleidet, Zeit. Beliebt ist er geblieben, und vielleicht sogar noch ein Stückchen nahbarer geworden.