Einst ein Original: der Rosegässler Erhard "d’Schemme" Fleig. Foto: Archiv Schroff Foto: Schwarzwälder Bote

Heimat: Von Originalen und einer Diebesgesellschaft / Lichtgänge sorgen für Vergnügen im Winter

Im Villinger Rosegässle ist schon vieles lange her. Aktuell jedoch sind es die laufenden Sanierungsarbeiten der Nebengasse zur Niederen Straße und der Färberstraße, die so nach und nach ab der Kapuzinergasse aufwärts Linie und Gestalt annehmen.

VS-Villingen. Dass es da in der Vergangenheit, abseits der Hauptstraße, von Zeit zu Zeit jedoch auch recht spaßig zuging, kolportierten einst schon die Spittelsänger und ihr Texter Karl-Heinz "Schanko" Ummenhofer mit einem Refrain, der auch eine dort lebende Person und deren Sittlichkeit samt dem Wohnumfeld im Gässle aufs Korn nahm: "Ja, im Rosegässle isch es herrlich, im Rosegässle isch es scheen, da kann man für drei Pfennig die Herbstritt-Theres‘ seh‘n!" Dabei war die Theres wohl eine "allefänzige und kowäse" Weibsperson, die nicht danach gierte, dass man sie mochte.

Viel eher mochte man als Anwohner den Erhard Fleig, Jahrgang 1912. Wegen seiner Mimik und einem wenig charmanten Ausdruck nannte man den launigen Griesgram nur "d‘Schemme". Erhard war ausschließlich Musiker und Komponist, der nahezu jedes Fest in Villingen mit seinem Akkordeon oder seiner elektrischen Orgel begleitete. Stets bescheiden blieb sein Honorar und somit auch sein Auskommen als seltsamer Kauz im Rosegässle, der vom Leben nicht verwöhnt war, der die Fasnet als woll-bemützter Glonki liebte, aber eben eine geregelte Arbeit nicht aufnehmen wollte.

Ein eher stilles Vergnügen schafften sich in noch früheren Zeiten die Bürger und Frauen ab Spätherbst und im Winter mit ihren "Lichtgängen". Das waren die Zusammenkünfte oder "Hockede" der Verwandten oder Nachbarn, die im Wechsel der Wohnstuben stattfanden. Die Männer machten ihr Spielchen, wenn auch nicht um Geld so "der Billigkeit halber um Erbsen", oder man hockte sich auf die Kunst um den warmen Ofen und besprach die Ereignisse in Stadt und Land. Die Mannsbilder ließen den Tabak rauchen, bis die "Stubenen" mit Wolken gefüllt waren, auch wenn der Qualm nicht immer der beste war. Denn es war eher nicht der teure "Burus", den sie rauchten, sondern die Volksmarken: Schwarzer Reiter B.B. oder Goldener Löwe. Die Frauen nutzten die Abende zum Spinnen und ließen dabei so manche Nachbarin "durch die Hechel laufen", besprachen also mehr als nötig die guten und die bösen Eigenschaften derselben.

Nicht ganz so friedlich waren in jener Zeit die Treffen des "lichtscheuen Volkes", das allerhand Pläne ersann, den Mitbürgern zu schaden. Dazu gehörte in den 1840er- Jahren auch eine Diebesgesellschaft, die sich im Hohlen Graben bei einer gewissen "Schnaps-Amrei", einer Annemarie aufhielt. Diese hatte hinter dem Bürgerlichen Bräuhaus, später Meyerhof neben der damaligen Stadt-Metzig ein Kramlädelchen, in dem man im Ladenstüble das unsaubere Handwerk besprach oder die Beute verteilte. Es seien mehr als 20 Personen samt einigen Frauenzimmern gewesen, die zahlreiche Einbrüche bei Privaten und auch bei Kaufleuten verübt und schweren Schaden verursacht hatten. Dass einige Kaufleute danach auch zum Hehler wurden, machte die Sache noch spektakulärer.

Schweren Schaden erlitt ein Kaufmann in seinem Laden an der Niederen Straße, bei dem drei Personen Schmiere gestanden haben sollen: ’s Müllers Theresle und die beiden Tritschler Maidle. Einem Kumpan wurde jedoch die Sache zu heiß, er verriet die Gauner, denen der Prozess gemacht wurde. Für die einen der "feinen Gesellschaft" gab es Freiheitsstrafen, andere wurden "nach Amerika exportiert". Was dem Chronisten und der Nachwelt "Aus Villingens Vergangenheit" ab 1924 blieb, waren vier ehemals Verdächtigte und Verurteilte: Dold, Diemer, Heizmann und Schupp.

Die Ortsgasse parallel zur Niederen Straße wird erstmals 1432 erwähnt. Doch dürfte die heutige Anschrift mit Rose am wenigsten zu tun haben, schreibt Hans Maier 1962 in seinem Buch der Flurnamen, denn im Mittelalter stand hier die Ross- oder eben die Pferdezucht in hoher Blüte. Und auch der untere Teil der Gasse hieß einst bis 1900 der Hohle Graben.