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GVO-Präsident zieht zufriedene Bilanz zum Zehnjährigen. "Froh und glücklich, dass wir die HFU haben".

Villingen-Schwenningen - Die Dekade ist voll. Der Gewerbeverband Oberzentrum (GVO) ist zehn Jahre alt. Präsident und Geschäftsführer Gerhard Waldmann hält im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten einen Rück- und Ausblick.

Mit dem Bau eines Kreisverkehrs fing auch mit dem GVO alles an. Erzählen Sie mal, Herr Waldmann, wie war das denn damals?

Das ganze Industriegebiet war plötzlich abgeschnitten. Morgens waren die Bagger da und die großen Raupen und Caterpillars und haben die Zufahrt versperrt – und da wir ja im Industriegebiet Ost in Schwenningen nur eine Zufahrt haben, waren wir komplett abgehängt. Man muss sich das vorstellen, wir haben nur eine Zufahrt, obwohl hier nicht nur starke Industrie, sondern auch hochsensible Einrichtungen sind wie zum Beispiel der Flugplatz – wenn da mal etwas passiert, ein schlimmes Unglück oder ein Brand....Sowas macht kein normaler Mensch, man legt immer eine zweite Zufahrt.

Nun war bei den Bauarbeiten damals "nur" für die Wirtschaftsunternehmen hier der Worst Case eingetreten – ein Anlass für Sie, tätig zu werden...

Ja. Bei meinem Anruf bei der Stadtverwaltung wurde mir mitgeteilt, dass das vor einem halben Jahr einmal in der Zeitung gestanden hätte – ob ich das nicht gelesen hätte... Das ist schon ein eigenartiges Baustellen-Management. Ich habe mich dann mit den Unternehmern hier im Gebiet zusammengesetzt. Wir waren uns einig, dass man das nicht einfach ignorieren kann und wir beschlossen, etwas zu tun und eine Gemeinschaft zu bilden, die der Stadt vielleicht ein bisschen assistiert, wenn sie solche Maßnahmen macht. Wir waren dann auf Anhieb etwa 20 Leute.

Hauptsächlich aus dem Industriegebiet Ost?

Nicht nur – es gab auch Mitglieder aus anderen Bereichen – mittlerweile sind wir ja 400 Mitglieder.

Die Mitgliederzahl stieg also stetig?

Ja, und wir haben so gut wie keine Fluktuation. Obwohl wir natürlich immer noch versuchen, ein paar Widerständler zu akquirieren, die gibt es natürlich auch (lacht).

Wie klappt denn mittlerweile der Austausch mit der Stadtverwaltung?

Sehr gut!

Gelingt es, diesen Gegenpol darzustellen, wird man nun auch als Unternehmer frühzeitig informiert und ins Boot geholt, wenn große Baumaßnahmen anstehen?

Das haben wir durch intensives Eintauchen in die Strukturen von der Stadt Villingen-Schwenningen tatsächlich geschafft, dass sie uns wirklich auch als ernsthaften Partner ansehen. Und meine These ist ja immer: "Eine Stadt ist nur dann gut, wenn sie mit der Wirtschaft zusammenarbeitet. Dann wird Wohlstand generiert – siehe Tuttlingen oder andere Städte, die beweisen das ja. Wir sind auf dem besten Weg und mit unserem neuen OB Herrn Roth bin ich ganz, ganz optimistisch. Er hat das von vornherein erkannt und in Tuningen so gemacht und war dort sehr industrienah. Ich glaube, dass wir hier etwas schaffen, das für die Zukunft tragfähig ist.

Macht es einen großen Unterschied, wer gerade OB ist?

Ich sage mal so: Herr Roth hat von Anfang an versucht, mit uns Kontakt zu haben und gesagt, "Ihr seid ein Zusammenschluss von Gewerbetreibenden und der Industrie, wir müssen an einem Strang ziehen", das waren seine Worte und davon verspreche ich mir schon sehr viel. Wir werden übers Wochenende einen Workshop gemeinsam halten mit der Stadt und dem GVO, um Pläne festzulegen, was wir machen können, um die Vernetzung besser zu schaffen.

Angefangen hat alles mit dem erwähnten Super-Gau für die Wirtschaft im Industriegebiet Ost. Aber die Tätigkeiten des GVO gehen ja mittlerweile viel weiter...

Genau. Wir haben zunächst einmal viele, viele Unternehmen zusammengebracht, die sich vorher gar nicht kannten – es gab hier ja keinen solchen Verband. Viele stellten fest, dass ein anderer Unternehmer in der Stadt genau das herstellt, was bislang auswärts eingekauft wurde. Wir haben zunächst also Leute zusammengeführt, die hier Arbeitsplätze und Produkte bieten.

Dann haben sich durch den GVO tatsächlich auch Geschäftsbeziehungen ergeben?

Absolut! Wie so oft: Das Gute liegt so nahe, aber man sieht es nicht (lacht). Durch unsere Netzwerktreffen, die ja mit 140 bis 180 Leuten sehr heftig besucht werden, wird wirklich auch Geschäft generiert.

Ist es also mittlerweile für ein Unternehmen in der Stadt in Ihren Augen ein Erfolgsfaktor, im GVO Mitglied zu sein?

Mit Sicherheit. Netzwerke sind alles! Und wir bilden das kleinste, ein regionales Netzwerk, aber das ist wertvoll. Man kann sich austauschen, bekommt Tipps oder erfährt, wer gerade beispielsweise ein Gebäude zur Vermietung hat. Da sind schon viele, viele Geschäfte auf die Art entstanden. Und es ist natürlich auch schön, wenn man sich untereinander kennt, denn wir haben alle ähnliche Probleme, sind durch die überladende europäische und deutsche Bürokratie überfordert und können uns über Gegenmaßnahmen unterhalten.

Wer profitiert noch davon?

Die ganze Region. Wir wollen natürlich auch, dass unsere Region an Attraktivität gewinnt, wir alle brauchen Arbeitskräfte und müssen attraktive Bedingungen bieten. Und im übrigen hat der GVO ja eigentlich unsere beiden Städte zusammengeführt, vorher hat es ja überhaupt nichts Übergreifendes gegeben. Wir waren die erste Institution, die eigentlich Villingen und Schwenningen zusammenfasst.

Da sprechen Sie einen wichtigen Punkt an, der sich auch in der Struktur das GVO zeigt: Villingen und Schwenningen, verschiedene Sparten – wie hat sich dieses Gefüge im Laufe der zehn Jahre verändert?

Eigentlich war das ein ganz logischer Weg. Wir haben mit der Industrie angefangen, dann den Handel mitgenommen, weil er ja genauso ein Bestandteil ist und weil die Ziellinie "Villingen-Schwenningen" hieß, haben wir die Villinger dann auch mit ins Boot geholt. Wir sind zusammen ein GVO mit Untergruppen Handel Villingen, Handel Schwenningen und der Industrie. Das funktioniert eigentlich tadellos.

Die Aufteilung in Villingen und Schwenningen bleibt aber eine Herausforderung, oder?

Ja. Schon weil städtebaulich dermaßen große Unterschiede sind, dass es keinen Sinn macht, das in einen Topf zu werfen.

Welchen Herausforderungen muss sich denn der GVO mittelfristig stellen?

Unseren Standort attraktiv zu halten, dass wir wirklich auch für High-Potenzials eine Alternative sind. Ich bin vor diesem Hintergrund froh und glücklich, dass wir die HFU haben – dafür müssten wir Herrn Teufel eigentlich immer noch die Füße küssen. Von der Stadt ist das bis dato nicht so gesehen worden, ich hoffe, dass das unter neuer Führung besser gelingt und bin da guter Hoffnung mit dem Herrn Roth.

Schöne Aussichten dürfen die GVO-Mitglieder hoffentlich auch haben. Oder wird das Zehnjährige nicht gefeiert?

Doch, wir feiern das! Wir werden ein kleines Fest am 18. Juli in der Neckarhalle veranstalten.

Und abschließend – sind Sie zufrieden mit der Entwicklung, die Ihr Baby in den vergangenen zehn Jahren genommen hat?

Es ist sicherlich ein Erfolg der kleinen Schritte – wir geben da nicht auf, wir bleiben dran. Auch mit kleinen Schritten kommt man weiter, wenn man stets hinterher ist und daran glaube ich. Und man darf nicht vergessen, dass wir in dieser Form einer der größten regionalen Unternehmerverbände in Deutschland sind.

Wo sehen Sie denn dann den GVO in weiteren zehn Jahren?

Oh, das müssen Sie meinen Nachfolger fragen, den ich noch nicht kenne! (lächelt)