Derzeit teilen sich Sozialarbeiter Benjamin Siegel (links) und Migrationsberater Ruben Osimani noch ihren Arbeitsplatz in der Asylbewerberunterkunft in der Sturmbühlstraße. Foto: Schwarzwälder Bote

Asylbewerberunterkunft: Sozial- und Migrationsberater sprechen über die Flüchtlingsentwicklung

Viel getan hat sich in der Flüchtlingssituation der Doppelstadt in den vergangenen Jahren. Waren es einmal vier Asylbewerberunterkünfte in Schwenningen, gibt es mittlerweile nur noch eine – mit 17 Bewohnern. Genug zu tun gibt es für die Mitarbeiter vor Ort dennoch.

VS-Schwenningen. Leer erscheint die Asylbewerberunterkunft in der Sturmbühlstraße auf den ersten Blick. 17 Flüchtlinge sind es nach Angaben des Landratsamts derzeit, die sich auf das ehemalige Fabrikgebäude mit Platz für rund 150 Personen verteilen. Etwas lebendiger geht es ganz oben, im dritten Stock, der nur über die Stahltreppe von außen erreichbar ist, zu.

Neben Heimleiter Jürgen Kohlermann vom Landratsamt ist hier Sozialarbeiter Benjamin Siegel – beim Kreisverband VS des Deutschen Roten Kreuzes angestellt – mit einer Teilzeitstelle vor Ort. Parallel absolviert Siegel sein Online-Studium Theologie mit Schwerpunkt Gemeindepädagogik, freut sich aber über die praktischen Erfahrungen, die er beim "Dienst am Menschen" seit Ende April machen kann. Er teilt sein Büro derzeit noch mit seinem Vorgänger Ruben Osimani, der nun die Stelle des Migrationsberaters für erwachsene Zuwanderer (MBE) übernommen und in naher Zukunft in die Räume des DRK in die Alleenstraße ziehen wird.

Viel Fluktuation gab es in den vergangenen Jahren nicht nur bei den Asylbewerbern, sondern auch bei den Mitarbeitern rund um die Flüchtlingsbetreuung. So ist Benjamin Siegel nicht nur für die Unterkunft in der Sturmbühlstraße, sondern auch für die anderen beiden verbliebenen im Schwarzwald-Baar-Kreis – in Donaueschingen und St. Georgen – zuständig, wo er jeweils einen Tag pro Woche vor Ort ist.

Vertrauensverhältnis muss aufgebaut werden

Als Anlauf- und Vermittlerstelle für die Flüchtlinge sieht sich Siegel, ist Ansprechpartner für "Behördenangelegenheiten". "Ich vermittle, wenn es Rechtliches, Sprachliches oder um bestimmte Anträge geht", erklärt der 23-Jährige weiter. Dazu unabdingbar: ein Netzwerk von Menschen, Behörden und Institutionen, das stets gepflegt werden müsse. Dieses Netzwerk sei der Schlüssel zur Flüchtlingsarbeit. "Es ist daher auch wichtig, bei Treffen im gesamten Schwarzwald-Baar-Kreis präsent zu sein."

Die Zeiten, in denen die Asylbewerber vor der Bürotür des Sozialarbeiters Schlange gestanden haben, sind vorbei. Trotzdem wird Siegels Beratungsfunktion während der Sprechzeiten regelmäßig genutzt. "Manche Flüchtlinge kommen selber klar, die meisten brauchen aber in irgendeiner Form Hilfe", so der gebürtige Schwenninger.

Ruben Osimani, der seit 2015 beim DRK in der Flüchtlingsarbeit aktiv ist, beobachtet schon seit Längerem, dass die meisten Asylbewerber sehr darum bemüht sind, sich beruflich und somit vor allem sprachlich zu integrieren. Den Zugang zu ihnen zu finden, sei jedoch nach wie vor ein sensibles Thema. Jede Nation und jede Altersgruppe sei anders. "Wir müssen immer wieder vom Neuen ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Der Funke muss überspringen", macht Sozialarbeiter Siegel deutlich.

Flüchtlingsarbeit hat eine andere Intensität

In der Asylbewerberunterkunft in Donaueschingen etwa lebten derzeit vor allem junge Nigerianer, die im Sozialbetreuer eine väterliche Rolle suchen. In der Sturmbühlstraße hingegen sind Flüchtlinge aus der Türkei, Kamerun, Pakistan und Familien aus Syrien untergebracht. "Das ist die letzte Chance hier für sie", verweist Siegel auch darauf, dass die Bleibeperspektive der Flüchtlinge von ihrem Herkunftsland abhänge. Und das stelle die Betreuer vor neue Herausforderungen. Manchmal sei es schwierig, die Menschen mit geringer Bleibechance zu motivieren, gibt Osimani zu.

Auch wenn die Arbeit in den vergangenen Jahren quantitativ abgenommen habe, sei sie nicht einfacher geworden. "Sie hat eine andere Intensität, das Schicksal der Flüchtlinge berührt einen jetzt mehr", beschreibt der 30-jährige Schwenninger. Gleichzeitig sei es wichtig, eine Grenze zu ziehen.

Nicht für Asylbewerber, sondern alle erwachsenen Migranten mit Bleibeperspektive und -recht ist Osimani in seiner neuen Funktion als MBE zuständig. Auch hier gilt es, Kooperationen mit Behörden und Sprachkursträgern aufzubauen. "Ich helfe den Menschen, sich in Deutschland zu integrieren", erklärt er damit das wichtigste Ziel für diejenigen anerkannten Flüchtlinge, die mittlerweile eine Wohnung gefunden haben.

Die meisten seien im Kreis geblieben, ein Großteil in Villingen-Schwenningen, Donaueschingen und Hüfingen. "Viele haben sich enorm entwickelt", berichtet Osimani. Einst seien sie ein "hoffnungsloser Fall" gewesen, mittlerweile könnten sie gut deutsch sprechen und hätten Arbeit gefunden. "Wenn einmal die erste sprachliche Hürde genommen ist, dann merken die Flüchtlinge: Es geht!", meint der Migrationsberater erfreut – mit Hilfe von Ehrenamtlichen und mit Hilfe von Mitarbeitern wie Osimani und Siegel.