Welche Türen stehen dem Gastronom und Expressguthallen-Betreiber Jan Christoph Uhl jetzt noch offen? Foto: Eich

Bebauungsplan steht geplanter Nutzung im Weg. Uhl: Teilkauf durch Stadt wäre nicht möglich.

Villingen-Schwenningen - Was ist schief gelaufen rund um den Schwenninger Bahnhof – und vor allem wo? Expressguthalle- und Ostbahnhof-Betreiber Jan Christoph Uhl, der am 16. Dezember den Kaufvertrag mit der Deutschen Bahn für den Kauf des Schwenninger Bahnhofs unterzeichnet hat, weiß es nicht. Aber was er weiß ist, dass er mittendrin steckt in einem gewaltigen Dilemma.

Der Kaufvertrag ist unterzeichnet, trotzdem gehört ihm der Bahnhof erst dann, "wenn die Bank bezahlt hat" und die Stadt auch von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch macht. Doch für beide Schritte sind offenbar noch zu viele Fragen offen.

"Das kommt einer Enteignung gleich"

Mit dem Bahnhof, den Uhl also zu kaufen im Begriff ist, kann der Käufer, streng genommen, eigentlich gar nichts anfangen. Denn als die Gemeinderäte am 14. Dezember den Bebauungsplan "Neckarstraße – Neckarpark" – vor allem mit Blick auf die geplante Neckarhalle – beschlossen haben, haben sie zeitgleich eine große Einschränkung für das Bahnhofsareal besiegelt: Trotz Einspruchs der Eigentümerin, der Deutschen Bahn, sei das Bahnhofsgelände darin zu einer öffentlichen "Verkehrsfläche mit besonderer Zweckbestimmung" deklariert worden, erklärt Uhl und deutet auf die ihm vorliegenden Pläne. "Das kommt einer Enteignung gleich."

Und in der Tat: Das Gelände, gelb-weiß schraffiert, trägt in der Legende die entsprechende Widmung. Ein solches Areal unterliegt nicht nur großen Einschränkungen in der Nutzung, sondern muss auch für einen öffentlichen Zweck genutzt werden.

Selbst wenn Uhl den Kauf rückabwickeln ließe, die Stadt ihr Vorkaufsrecht wahrnähme und den Bahnhof als Ganzes erwerben würde, sieht Uhl ein großes, bebauungsplanbedingtes Desaster: "Dann wäre ein Pachtvertrag mit uns nicht mehr möglich." So einfach sei das also mit dem von SPD-Fraktionssprecher Edgar Schurr in Aussicht gestellten langfristigen Pachtvertrag offenbar doch nicht.

In vielen Gesprächen und Debatten wurde, teilweise auch fraktionsintern, erwogen, dass die Stadt nicht den kompletten, sondern nur einen Teil des Bahnhofs – etwa den Vorplatz oder die Stellplätze – kaufen soll. Doch auch das sei, so Uhl, offenbar nicht möglich. Die Begründung dafür liefert die Satzung des Sanierungsgebiets der Stadt. Denn diese gewähre ein Vorkaufsrecht nur für vollständige Flächen, nicht aber für Teilgebiete – einen begründeten Ausnahmefall, etwa einen Sanierungszweck, sieht Uhl in dem gerade erst für die Landesgartenschau gerichteten Vorplatz beim besten Willen nicht.

Alles Verhandeln und alle Kompromisse, die der Unternehmer eigentlich hatte eingehen wollen, wären damit nichtig.

Dabei wäre er sogar bereit gewesen, für den Vorplatz den von der Stadt angebotenen geringen Preis von 22 Euro pro Quadratmeter zu akzeptieren – der Bodenrichtwert laut Tabelle liege bei 190 Euro pro Quadratmeter. Und er hätte auch weiterhin die Sondernutzungsgebühr von 25 Euro pro Quadratmeter für seine Außenwirtschaft bezahlt – und damit also eine höhere jährliche Nutzungsgebühr entrichtet, als die Stadt ihm als einmaligen Kaufpreis bezahlt hätte. Wenn damit nur seine unternehmerischen Pläne möglich geworden wären.

Denn Pläne mit dem Schwenninger Bahnhof hatte er viele: Er wollte, erzählt er im Gespräch mit unserer Zeitung, im Obergeschoss Studentenwohnungen unterbringen ("Viele der Studenten arbeiten ja bei uns") und in der Schalterhalle hätte er gerne einen Backshop mit Kiosk und Zeitungsverkauf eingerichtet. Doch auch diese Pläne würden der Ausweisung der Fläche als öffentliche Verkehrsfläche mit besonderer Zweckbestimmung eben nicht gerecht.

Sein eigener Bahnhofskauf ist derzeit quasi erst einmal eingefroren. Und der Stadt Villingen-Schwenningen musste er nun eine Absage erteilen, was den Verkauf bestimmter Teile des Schwenninger Bahnhofs anbelangt – dabei wäre er gerne mit ihr ins Geschäft gekommen. Die Hoffnung auf eine gütliche Einigung hat der Gastronom Jan Christoph Uhl noch nicht aufgegeben. Trotzdem bleibt ihm gerade nur ein trauriges Kopfschütteln angesichts der aktuellen Entwicklungen. Seit Tagen tut er nichts anderes, schildert er, als Pläne zu wälzen, Anwaltsgespräche zu führen und Gemeinderäte zu informieren. "Ich brauche keine Unterstützung, sondern wir brauchen eine Lösung", sagt der Gastronom.

An einen perfiden Plan mag keiner denken

Währenddessen blicken andere teils ungläubig auf das verworrene Geäst aus Paragraphen, Satzungen und Beschlüssen. War alles ein dummer Fehler oder gar ein politischer Geniestreich? Letzteres wäre bei einem perfiden Gedankenspiel tatsächlich möglich: Vor Jahren gab es bereits die Idee, im Schwenninger Bahnhof das geplante Jugendkulturzentrum einzurichten. Wenn nun die Stadt den Schwenninger Bahnhof doch kaufen würde und später überrascht feststellte, einen Bahnhof gekauft zu haben, den sie gar nicht mehr für Uhls Zwecke verpachten könnte, müsste sie am besten einen anderen, laut Sanierungsgebiet förderfähigen Verwendungszweck für den Bahnhof finden. Ein Jugendkulturzentrum zum Beispiel, das ja ein öffentlicher Zweck wäre? "Ein Jugendhaus, das würde dort zum Beispiel bezuschusst", sagte auch vor einigen Tagen der Pressesprecher des Regierungspräsidiums Freiburg im Gespräch mit unserer Zeitung und verwies auf eine Förderquote von 36 Prozent für die öffentlich genutzten Bereiche. Doch an ein so perfides Spiel mag im Oberzentrum aktuell niemand denken. Und so bleibt die große Verwunderung, was aus dem geplanten Kauf des Schwenninger Bahnhofs und den dort so beliebten und florierenden Adressen Expressguthalle und Café Ostbahnhof wohl noch werden wird.

Seite 2: Chronologie

 1997 begannen Uhls heutiger Geschäftspartner Achim Sautter und ein anderer Kollege mit dem Schwenninger Ostbahnhof

 2004 schlug die Geburtsstunde der Expressguthalle

 2010 stieß Jan Christoph Uhl dazu

 2011-2012 verhandelte er mit der Deutschen Bahn über den Kauf des Bahnhofs

 2013 schaltete sich die Stadt Villingen-Schwenningen ein. Weil die Bahn bevorzugt mit Städten verhandeln sollte, war Uhl erst einmal außen vor. Parallel dazu wurde überlegt, das Jugendzentrum im Schwenninger Bahnhof unterzubringen. Sie wurden nicht umgesetzt, der Kauf durch die Stadt war vorerst kein Thema mehr

 2016 unterzeichnete Uhl den Kaufvertrag bei der Bahn, die Stadt hat jetzt acht Wochen lang Zeit, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen

 Januar 2017 wird das Vorkaufsrecht durch die Stadt heiß diskutiert

 Am 25. Januar erhielt Uhl einen Brief von der Stadt, wonach die Frist verlängert wurde auf den 27. März