Das Hochzeitsfoto, das wohl im Schwarzwald aufgenommen worden ist, stand bis an ihr Lebensende auf dem Nachttisch von Katherine Schweibinz. Foto: privat Foto: Schwarzwälder Bote

Ahnenforschung: Jeremy Wagener sucht Verwandte seiner Großmutter Katherine Schweibinz / Sie stammt aus Villingen

Der Brite Jeremy Wagener hofft, lebende Verwandte seiner Großmutter Katherine Schweibinz aus Villingen (1881 bis 1968) zu finden.

VS-Villingen. Ob der Orient Katherine Schweibinz’ Sehnsuchtsort war, das wird man wohl nicht mehr erfahren, auch nicht, ob sie alleine dorthin gereist ist oder als Bedienstete einer wohlhabenden Familie. Eins ist aber sicher, die junge Frau aus Villingen hat in Kairo ihr privates Glück in der Gestalt des britischen Offiziers William Francis Sinclair gefunden. Mit ihm und den vier gemeinsamen Kindern wird sie einige Jahre glücklich in der Stadt am Nil leben.

Als Katherine Schweibinz am 24. November 1881 in Villingen als Tochter des Bahnarbeiters Otto Schweibinz und der Dienstmagd Anna Beuner zur Welt kam, war dieses Abenteuer nicht vorgezeichnet. Sie stammte aus einer Familie, die viele Schicksalsschläge hinzunehmen hatte. Otto Schweibinz war vor seiner Ehe mit Katherines Mutter bereits verheiratet gewesen, hatte aber nicht nur seine Frau Elisabeth, sondern auch drei seiner vier Kinder aus dieser Ehe früh zu Grabe tragen müssen.

Viel ist in der britischen Familie Wagener nicht über die Vergangenheit der deutschen Großmutter bekannt, was keine Seltenheit in deutsch-britischen Familien ist. Die Deutschfeindlichkeit, die mit dem Ersten Weltkrieg auftrat, hat dazu geführt, dass die deutsche Herkunft des Ehepartners oder Elternteils in vielen Familien zu einem Tabuthema geworden ist. Auch für Katherine. Gerade als deutsche Ehefrau eines britischen Offiziers war es sicherlich nicht immer einfach für sie in einem britischen Umfeld. So ist es auch kein Wunder, dass sich bei ihren Enkeln lange das Gerücht hielt, Katherine wäre gebürtig aus der Schweiz. Hatte sie sich – aus Schutz und Sorge um ihre Kinder und sich selbst– kurzerhand zur Schweizerin gemacht? Katherine schwieg. Auch über das Hochzeitsfoto, das wohl im Schwarzwald aufgenommen worden ist und bis an ihr Lebensende auf ihrem Nachttisch stand.

Für ihren Enkel Jeremy Wagener ein kostbarer Besitz. "Vielleicht erkennt jemand auf dem Foto seinen Ahnen und wir können einen weiteren Puzzlestein im Leben meiner Großmutter ergänzen." Wagener erhofft sich etwas von diesem Artikel. "Es wäre schön, mit den deutschen entfernten Verwandten in Kontakt zu kommen. Mehr über die Familie zu erfahren. Über ihre Lebensumstände im Schwarzwald um die Jahrhundertwende."

In Großbritannien geht es vielen Nachkommen deutsch-britischer Ehen so wie seiner Familie – sie begeben sich mit wenig Informationen auf Spurensuche. Und hoffen, jemanden aus der Familie in Deutschland zu finden, der Antworten geben kann, weil das, was sie suchen nicht in Archiven zu finden ist. Jeremy Wagener suchte sich Hilfe bei der Goslarer Historikerin Corinna Meiß. Mit ihrer Unterstützung werden verfügbare Quellen gesichtet und nach Hinweisen auf Katherine durchsucht. Dank des Internets konnte bereits eine weitere Spur Katherines gefunden werden: 1906 arbeitete sie im Haushalt des Richters Emile Denayrouze in Montpellier. Wie lange und als was sie dort gearbeitet hat, ist nicht mehr nachvollziehbar. Auch nicht, wann und wie sie nach Nordafrika gekommen ist. Belegt ist: Am 8. Juli 1911 heiratete sie im Britischen Konsulat den Offizier Sinclair. Seit den 1880er Jahren war Ägypten unter der Kontrolle des Empires und seit dem Ersten Weltkrieg zum britischen Protektorat geworden.

Zu Katherines Zeit war Kairo die Kulturhauptstadt schlechthin und Anziehungsort der feinen britischen Gesellschaft. Wer kennt nicht Agatha Christies berühmtes Buch oder dessen Verfilmung "Tod auf dem Nil"? Katherines Ehemann wurde jedoch am Ende des Ersten Weltkriegs nach Palästina versetzt und zu einem der ersten britischen Commissioners der Palastine Police ernannt, die während des britischen Völkerbundmandats für Palästina, für die öffentliche Sicherheit sorgte. Seine Familie schickte Sinclair sicherheitshalber zurück in seine Heimat, in das Seebad Eastbourne. Von da an sah seine Familie ihn nur noch einmal im Jahr. 1927 wurde zu einem Schicksalsjahr für die Familie, denn Katherines Ehemann starb unerwartet an der Ruhr in der Stadt Haifa. Die 46-jährige Katherine musste von nun an ihre vier Kinder alleine durchbringen und schaffte es durch das Eröffnen einer Pension. 1968 starb Katherine 87-jährig in Eastbourne/England und nahm viele Geheimnisse mit ins Grab.

Werden einige nun gelöst werden können? Wer mehr über die Familie Schweibinz weiß, kann sich an Corinna Meiß, Telefon 05321/ 3 98 85 14, oder auch per Email an info@woerteragentur.com wenden.

Zur Familie Schweibinz gehörten: Katherines Großeltern Bernhard und Magdalena (geborene Seidler) Schweibinz, beide 1869 in Allmendshofen verstorben, Onkel und Tanten Leonhard (1845), Sophie (1846), Robert (1849) und Erwina (1851), alle in Allmendshofen geboren.